Ihre Erwartungshaltung an das Messejahr 2018 haben die Messegesellschaften schon vor Jahren angefangen in Beton zu gießen: Sie erweitern ihre Gelände und bauen.

„Messegelände vollendet“ meldete zum Beispiel die Messe Stuttgart, die im Januar mit Beginn der großen Tourismusmesse CMT die Halle 10 in Betrieb nahm. Paul-Horn-Halle heißt sie, liegt im Westen des Geländes und beeindruckt mit einer Länge von 153 Metern und einer Breite von 95 Metern. In der Mitte ist sie knapp 17 Meter hoch und misst 14.600 Quadratmeter. Sie ist nicht der einzige Neubau in Stuttgart, der 2018 „ans Netz“ ging: Auch der Eingang West wurde umgebaut und deutlich vergrößert, mit einer Konferenzzone und Gastronomie aufgewertet. Damit wurde die schon im ersten Wettbewerbsentwurf von 2000 skizzierte Symmetrie der Messe Stuttgart, deren Umsetzung damals zu hohe Kosten im Wege standen, in der zweiten Ausbaustufe realisiert. Die Kosten für die Erweiterung liegen bei rund 67,5 Millionen Euro. „Für die Gesellschafter stand nie in Frage, der Messeerweiterung grünes Licht zu geben. Die Messe Stuttgart hat sich seit ihrem Umzug auf die Fildern zu einem sehr erfolgreichen Unternehmen entwickelt“, so Michael Föll, Aufsichtsratsvorsitzender der Messe Stuttgart.

Messen bleiben für die deutsche Wirtschaft gesetzt

Auch die Messe München wird in diesem Jahr das 1998 eröffnete Gelände wie geplant vollenden. C5 und C6 heißen die letzten beiden Hallen schlicht und werden zur Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft, kurz Ifat (14. bis 18. Mai) zum ersten Mal genutzt werden. Tutto completto wird das Münchner Gelände aber erst im Herbst sein, wenn auch das Congress Center Nord fertig gestellt sein wird. Mit den neuen Hallen stehen dann 18 Hallen mit zusammen 200.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche zur Verfügung.

28 PROZENT
also über ein Viertel der von Kantar TNS für die Studie Messetrend befragten 500 deutschen ausstellenden B2B-Unternehmen, wollen in den Jahren 2018 und 2019 mehr Geld in ihre Beteiligungen investieren.

Am Main wird ebenfalls an einer Fertigstellung gearbeitet: Bis Herbst 2018 entsteht auf dem Westgelände der Messe Frankfurt die Halle 12. Nach Entwürfen von Kadawittfeldarchitektur, Aachen, werden zwei übereinander liegende Ebenen mit 33.600 Quadratmetern Ausstellungsfläche errichtet. Ein Parkhaus mit 800 Parkplätzen ist ebenso inkludiert wie 13 mietbare Büros, zwei Bistros und zwei Restaurants. Ihren ersten Einsatz hat sie bei der Automechanika, die am 11. September eröffnet wird. Und in Nürnberg wird in diesem Jahr die Halle 3C nach Plänen des Architekturbüros Zaha Hadid fertig, die zum Leidwesen der Aussteller der SPS/IPC/Drives erst 2019 genutzt werden soll. Zukunftssicherung heißt das große Thema – und Bestehen im Wettbewerb, der nicht nur über die richtigen Konzepte ausgetragen wird.

Die Nachfrage nach Platz ist da. „Aussteller investieren mehr Geld in Qualität der Messeauftritte“ lautet etwa ein Ergebnis der Studie Messetrend 2018, die der Auma als Verband der Messewirtschaft in Auftrag gegeben hat. Das Fazit: Messen bleiben für die deutsche Wirtschaft gesetzt. Gerade im Business-to-Business-Marketing nimmt die Bedeutung der persönlichen Kommunikation und realer Produktpräsentationen zu: Schließlich stellt Digitalisierung neue Kommunikationsaufgaben, unterstreicht aber auch die Bedeutung der persönlichen Kommunikation.

So wollen über ein Viertel (28 Prozent) der von Kantar TNS im November 2017 befragten 500 deutschen ausstellenden B2B-Unternehmen in den Jahren 2018 und 2019 mehr Geld in ihre Beteiligungen im In- und Ausland investieren. 57 Prozent planen gleich hohe und nur 14 Prozent geringere Aufwendungen. Im Schnitt wollen sie ihre Messe-etats um vier Prozent steigern, verglichen mit 2016/2017.

Unternehmen, die mehr Geld für Messen ausgeben wollen, investieren vorrangig in die Qualität der Präsentationen, insbesondere in den Standbau und die Standgröße, lautet ein weiteres Ergebnis der Befragung. Wer weniger ausgeben will, streicht in erster Linie einzelne Beteiligungen, reduziert also nicht die Qualität bestehender Beteiligungen. Bemerkenswert ist, so der Berliner Verband, dass Konsumgüteraussteller ihre Messe-Investitionen um mehr als fünf Prozent steigern wollen, auch unter dem Aspekt, dass einige Konsumgütermessen zuletzt an Größe verloren. Bei Investitionsgüterausstellern liegt der Zuwachs bei knapp zwei Prozent. Die Zahl der Messebeteiligungen deutscher Unternehmen wird weitgehend stabil bleiben, ergab die Befragung. In den nächsten zwei Jahren sollen es insgesamt 8,2 Beteiligungen sein; 2016 und 2017 waren es im Durchschnitt insgesamt 8,3. Mit steigendem Umsatz allerdings wächst die Zahl der Beteiligungen erheblich: Firmen mit über 125 Millionen Euro Umsatz organisieren innerhalb von zwei Jahren im Schnitt 24 Messestände. Für den Auma-Vorsitzenden Walter Mennekes ein folgerichtiges Ergebnis: „Warum beteiligen sich Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung so intensiv an Messen? Es geht um den realen Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager und um gemeinsames Testen und Bewerten eines realen Produktes.“ Wenn man sich dabei einig werde, ist das die beste Grundlage für langfristige Geschäftskontakte. Da wundert es nicht, wenn Messen ihre führende Rolle im B2B-Marketing in den letzten Jahren ausgebaut haben. Gegenwärtig investieren die befragten deutschen ausstellenden Unternehmen 48 Prozent ihrer B2B-Etats in Messen, vor zehn Jahren waren es rund 40 Prozent.

Digitalisierung fordert mehr Austausch

Ob mehr Aussteller auch zwingend mehr Besucher bedeuten, wird sich zeigen. Ebenso, ob und wie Formate an Hallen gebunden sind. Die Cebit macht den Anfang und wagt wirklich Neues. Aus März wird Juni und die neue Veranstaltung soll richtig heiß werden. Sie erfindet sich neu – als Festival mit Business- und Eventcharakter und Campus-Atmosphäre. Und dafür verlassen die Macher das gewohnte Format, mischen Fachkonferenzen mit Musikfestival, machen Messe und bieten Spektakel für Politik und Presse, B2B-Besucher (schließlich geht es weiter ums Geschäft) sowie, zumindest am letzten Tag, das Publikum. Doch nicht nur die Cebit-Verantwortlichen drehen am Rad. Das will auch das Softwareunternehmen SAP tun und seine Neuerungen in rotierenden Kabinen eines 60 Meter hohen Riesenrades präsentieren. Die Cebit dürfte noch für einige Spannung – und Schlagzeilen in diesem Jahr sorgen.

Interessant dürfte es auch in Köln werden, bei der Dmexco. Von den Machern, die das einstige „Messchen“ zur wichtigsten globalen Business- und Innovationsplattform der digitalen Wirtschaft entwickelt haben, hat sich die Kölnmesse Ende letzten Jahres abrupt und überraschend getrennt. Wenn auch jetzt neue Leute bei dem Flaggschiff am Steuer stehen: Die Geschassten waren nicht nur Hirn, sie waren auch Herz und Seele der Veranstaltung. Die Fußstapfen für die Neuen sind groß.

Viele ausstellende Unternehmen werden aber auch von anderen Messeplätzen zu Entscheidungen gezwungen. Angesagte Themen suchen viele Veranstalter zu vereinnahmen, auch gegen bereits etablierte Veranstaltungen. In München startet etwa die Command Control. Sie ist sehr wohl als Ansage an die It-Sa in Nürnberg zu verstehen, wenn das auch nicht alle zugeben wollen. Die Messe Frankfurt kämpft weiter für und mit ihrer Tendence, der einstigen Herbstmesse. Das Gründungsevent des Unternehmens fordert die Verantwortlichen seit Jahren. 2017 kamen nur noch etwas über 20.000 Besucher, im Jahr 2012 zählte sie noch 46.000. Auf Ausstellerseite sinkt die Kurve ebenfalls: Zeigten im Jahr 2012 noch 1.852 Unternehmen ihre Produkte und Neuheiten, so waren es im Jahr 2016 erstmals unter 1.000.

Nicht langweilig dürfte es für die Luftfahrtmessen werden. Die Ila in Berlin indes profitiert von der unsicheren politischen Situation und nimmt wieder an Fahrt auf: Rüstung ist zurzeit wieder gefragt. Der Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), Berlin, ist mit den Vorbuchungen für die Veranstaltung zufrieden, die vom 25. bis zum 29. April stattfindet. Mehr als 1.000 Aussteller werden dann in der Hauptstadt ihr Know-how zeigen – von ziviler Luftfahrt über Verteidigung und Sicherheit bis Raumfahrt, vom Großkonzern bis zum hoch spezialisierten Zulieferer.

In Sachen Zuliefertechnik für die Luft- und Raumfahrt dürfte es messetechnisch ebenfalls aufregend bleiben. Im vergangenen Jahr trat der neu gegründete Veranstalter Expostage mit seiner Expoair in München an – und direkt in den Wettbewerb zur Airtec des gleichnamigen Frankfurter Veranstalters. Die Airtec ging in Hallbergmoos in einem Festzelt über die Bühne, ob der Nähe zum Münchner Flughafen. Vom 9. bis 11. Oktober soll sie nun in diesem Jahr in Sindelfingen stattfinden. Die Expoair setzt weiter auf München, zieht aber um ins MOC. Auch der Termin wurde nach hinten und auf den 4. bis 6. Dezember gelegt. Im ersten Durchgang mussten beide Messen und Veranstalter Federn lassen. Vielleicht bringt ja Runde 2 die Entscheidung.

Author Messe 1x1

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