Klare Zeichen setzen

Mitte November wird Jochen Witt, Chef der Koelnmesse, in Peking zum neuen Präsidenten des Weltmesseverbandes gewählt. Er ist der erste Deutsche an der Spitze der Global Association of the Exhibition Industry UFI seit 2001.

Als Sie vor acht Jahren ins Messegeschäft wechselten standen Sie Verbänden eher skeptisch gegenüber. Was hat zu Ihrem Meinungswechsel geführt?
Nein, das können Sie nicht sagen. Die Skepsis galt vor allem einem Verband - in Deutschland. Aber ich musste mich auch erst einmal orientieren. Die UFI stand für mich von Anfang an außer Frage. Sie ist die Plattform zum Networken und um Erfahrungen auszutauschen. Sie hat nur ein Manko.

Das wäre?
Der USP der UFI ist verbesserungswürdig und braucht Profilschärfung. Der Verband sollte seine Hausaufgaben machen und sichtbarer werden. "PIN" lautet das Zauberwort. Das soll zügig gelingen. Zügig bedeutet: Ich will in meiner Präsidentschaft klare Zeichen setzen.

PIN - das müssen Sie näher erklären ...
PIN steht für "Promote, Inform, Network. Das Handlungsfeld "Promote" beschreibt die Aktivitäten des Weltmesseverbandes, um das Medium Messe in seiner Relevanz und seiner Nutzen stiftenden Wirkungsweise besser zu positionieren. In den Medien, auf Kongressen und Foren. Das gilt nicht nur für die wirtschaftliche Seite. "Promote" gilt auch auf Ausbildungsseite. An den Universitäten wird Messe nur im Schnelldurchgang gestreift. Auch hier müssen wir stärker tätig werden und dem hochkarätigen internationalen Nachwuchs klar machen, wie viele Chancen die Messewirtschaft bietet. Es gibt kein Berufsfeld, das Berufsanfängern ein internationaleres und spannenderes Entree gibt.

Die Summer Universitiy Ende August ...
... war nur ein erster Schritt. Das Engagement werden wir fortsetzen und auch künftig Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. Die stetig steigende internationale Nachfrage nach Weiterbildungsmöglichkeiten hat den Ausschlag für die Entscheidung des Institutes für Messewirtschaft gegeben, eine messespezifische International Summer University zu konzipieren und zu veranstalten.

Zurück zu PIN
Promote hatten wir. "I" steht für "Inform" Eine wesentliche Aufgabe der Organisation muss es sein, den Mitglieder spezifisches Wissen über das weltweite Messegeschehen zur Verfügung zu stellen, ihnen also einen Wissensvorsprung gegenüber Nichtmitgliedern zu liefern. Wir werden in Zukunft schneller über das Messegeschehen weltweit informieren. Daraus können wir einen USP kreieren. "N" steht für "Networken". Das ist ein weiterer wichtiger Aspekt in den UFI-Aktivitäten. Das ist das, was bei der UFI jetzt schon am besten funktioniert. Aber auch das können wir weiter ausbauen und verstärken. Erneut das Beispiel Summer University. Ich wünsche mir, dass die Absolventen Kontakt und sich gegenseitig auf dem Laufenden halten, also ein Netzwerk aufbauen.

Deutsche Veranstalter kleinerer und mittlerer Größe kehren der UFI den Rücken. Werden Sie Präsident, um sie zurück ins Boot zu holen?
Nein, das hat damit nichts zu tun. Aber natürlich werde ich versuchen, die Kollegen zu überzeugen, wieder Mitglied der UFI zu werden. Sicher ist Mitgliedschaft eine individuelle Entscheidung.

Laufen bereits Gespräche?
Die sind sowieso nie abgebrochen. Ich kann nur sagen: Das deutsche Messewesen gilt als das weltweit führende. Wir tun uns einen Bärendienst, wenn wir nicht in der Lage sind, Solidarität zu zeigen. Ein Austritt nutzt auf Dauer nichts. Die deutsche Messeszene sollte geschlossen bei der UFI auftreten. Schließlich gibt die Weltorganisation Implikationen für die Außensicht ab. Leider scheint Branchensolidarität in einigen Bereichen des deutschen Messewesens zurzeit ein Fremdwort zu sein.

Wenn wichtige deutsche Veranstalter fehlen: Spiegelt die UFI die Messewelt wider?
Wir haben eine gute Schnittmenge. In den letzten Jahren gab es einen starken Zuwachs aus Asien und der arabischen Welt. Auch deshalb sehe ich den Rückwärtstrend der Deutschen mit Skepsis. Aber im Prinzip spiegelt er wieder, was sich abspielt: Das deutsch-europäische Messewesen bekommt zunehmend Konkurrenz. Dadurch verändert sich natürlich auch die Waage. Die Kapazitäten in China wachsen, dort sind die Wachstumsraten in den wesentlichen Kennziffern größer als zum Beispiel in Deutschland. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Die Märkte dort bieten einen großen Reiz. Leider verkriechen sich einige meiner deutschen Kollegen, statt Flagge zu zeigen. Sich zurückzuziehen ist meiner Ansicht nach nicht der richtige Weg.

Welche Bedeutung hat eigentlich das UFI-Siegel?
Das Siegel im europäischen Raum ist anders einzuschätzen als im asiatischen, arabischen oder osteuropäischen Raum. Für die Veranstalter dort hat es eine große Bedeutung als Qualitätssiegel.

Was haben Sie sich für die kommenden zwölf Monate vorgenommen?
Ich will mithelfen, das Profil der UFI zu schärfen, die Organisation auf den Weg zu bringen, Mehrwert anzubieten. Und natürlich die Umsetzung von PIN.

Ist ein Jahr dazu nicht ein bisschen wenig?
Ich gebe Ihnen Recht, zwölf Monate sind dafür eigentlich zu kurz. Wir haben darüber in der UFI vor Jahren beraten und uns gefragt, ob wir lieber auf Dauer emeritierte Messechefs oder aktive haben möchten. Wir entschieden uns für das letztgenannte Modell. Es ist das bessere, weil es für uns zielführender ist. Seitdem haben wir ein Führungstrio bei der UFI bestehend aus Incoming President, President und Past President. Hundertprozentig befriedigend ist das auch nicht. Aber länger als ein Jahr kann man als Geschäftsführer eines Messeveranstalters ein solches Amt nicht aktiv betreiben.Interview: Christiane Appel

m+a report Nr.7 / 2006 vom 27.10.2006
m+a report vom 27. Oktober 2006