Üppig und puristisch

Beleuchtete Objekte und schlichtes Design, aber auch aufwendige Dekorationselemente und barocke Formen haben bei Events ihren Platz. Trend ist, dass alles geht.

Kommt das Ende des Purismus? Dekofirmen, die sich auf das Eventgeschäft spezialisiert haben, sehen erste Anzeichen, dass die lange von den Kunden bevorzugte edle Schlichtheit ein Ende hat. Üppige Dekoraktionen, pralle Formen und sinnliche Strukturen brechen ein in die Welt des klaren und oft etwas unterkühlten Designs. Das aber behauptet nach wie vor seinem Platz. Coole Lounge-Atmosphäre ist immer noch in.
Inspirationen für den immer neuen Look bieten verschiedenste Gelegenheiten. Die Kreativen von Balloni aus Köln um ihre Chefin Sibylle Hartung etwa, kommen beim Spaziergang im Wald, aber auch auf der Kunstmesse Art Cologne auf neue Ideen. Baumrinde mit ihrer interessanten Textur kann so durchaus Einfluss auf das nächste Dekokonzept haben. Da die Kölner nicht allein dekorative Details, sondern Rauminszenierungen vor Augen haben, werden auch schon mal Dinge entworfen, die es bislang noch nicht gab. Da werden schon einmal Tische mit Leder oder Strukturstoffen bespannt oder es entstehen Tische mit eingelassener Pflanzenrinne. Für die Zukunft sieht Hartung die Entwicklung weg vom derzeitigen Purismus hin zu einem Mix aus klarer Struktur mit sinnlich-üppigen Elementen. Ein Beispiel: Bei der Verleihung der 41. Goldenen Kamera in Berlin mit 1300 Gästen verwandelte das Team für die glanzvolle Dinnerparty die Axel Springer Passage in einen glamourösen Festsaal. Dabei bildeten Lüster, weicher roter Samt und goldene Ornamente einen äußerst attraktiven Gegensatz zur modernen Gebäudearchitektur.
Bei Vogelei EventDesign lautet der Slogan: Wir bringen Atmosphäre auf den Punkt. "Das bedeutet", so Firmenchef Markus Vogelei, "auch intensiv mit der Location zu ,kommunizieren', um deren Ecken und Kanten und die kleinen Schönheitsfehler zu entdecken, die dann entweder kaschiert, oder sogar eindrucksvoll in Szene gesetzt werden." Trendig ist laut den Dekofachleuten aus Gau-Odernheim Cross-over-Design aus technisch hochwertigen Baustoffen in Kombination mit schlichten Naturmaterialien. "Wir arbeiten derzeit intensiv mit Lichtobjekten, farbigem Acryl und jeder Menge Exoten, gerne in großen Formaten." Nach wie vor seien asiatische und afrikanische Einflüsse erkennbar, da diese Motivwelt die Europäer garantiert in ihren Bann zöge, so Vogelei.
Für die Unternehmensberatung Accenture hat er für den Accenture Campus Kronberg eine zeitgemäße Weihnachtsinszenierung im gesamten Gebäudekomplex entwickelt. Aus rund 5000 Einzelteilen produzierte das Unternehmenfiligrane "Eisskulpturen", die in Kombination mit Naturmaterialien, exotischen Hölzern, Lianen und Mangroven in hochwertigster Keramik sowie Objekten aus Edelstahl und Fellen in Szene gesetzt wurden. So entstanden "Winterlandschaften", die sich in die ohnehin beeindruckende Architektur des Campus einfügten.
Einen ganz anderen Gestaltungsansatz bevorzugt dagegen machArt Eventdesign. Klassische Themendekorationen gehören für die Mühlheimer der Vergangenheit an. Stattdessen sind "neutrale Lounges mit coolem Ambiente" angesagt, in denen Stimmung dank variabler Accessoires, Logos, Farbgebung entsteht. "Die Formensprache spielt dabei eine wichtige Rolle", weiß Sabine Buchholz. Das Unternehmen hat daher eigene Möbelreihen entwickelt, die in Kombination mit passenden Tisch-, Buffet- und Raumdekorationen angeboten werden. Dabei arbeitet das Team viel mit beleuchteten Elementen wie Bars, Buffets, Glasregalen, Beistelltischen oder Leuchtobjekten.
Zur Heimtextil im Januar in Frankfurt verwandelte der US-amerikanische Star-Designer Jamie Drake die Frankfurter Festhalle in einen riesigen Textilshowroom. Die Messe Frankfurt und die Münchner Agentur avantgarde beauftragten machArt mit der kompletten Ausstattung der Bar- und Loungebereiche sowie mit der Dekoration für die Abendevents in der Festhalle: den Ausstellerabend für 1200 Gäste und die Heimtextil-Performance-Night mit rund 500 VIPs.
Klare Formen waren gefordert und eine Auswahl von Materialien für die Buffet- und Tischdekoration, die nicht nur zum Thema "Textil" passten, sondern auch mehrere Messetage überstehen sollten. Umgesetzt wurde dies mit rein weißem Mobiliar, Sitzwürfeln, Sofas und Sesseln, Leuchtkuben als Beistelltischen sowie Lampen mit Textilbezügen. Als Blickfang fungierten hinterleuchtete Bars, weiße Barhocker und Stehtische, Bar- und Tischdekoration mit Filz, Baumwollzweigen und Stahlwolle. Auch bei der Buffetdekoration spielten Leuchtobjekte eine wichtige Rolle.
Blickfang aus Mainz punktet mit einer eigenen Schneiderei, die sehr individuelle Wünsche realisieren kann. Im eigenen Showroom wird gezeigt, was in kreativer Hinsicht derzeit machbar ist. Der Kunde kann entscheiden, welche Accessoires er kaufen oder mieten will. Firmenchef Thorsten Heyer: "Im Trend liegen generell Naturmaterialien wie Bambus, Bananasticks, Lianen oder Kaktuszweige sowie alles, was leuchtet". Auch Lounges seien derzeit angesagt und überall zu finden: auf Messeständen, Galas oder Events. Heyer weiter: "Während früher oft auf eine glamouröse pompöse Dekoration gesetzt wurde, geht heute der Trend eher zu einem schlichten, modernen und klaren Design." So werden zum Beispiel aufwendige Tischgestecke mit unzähligen Blumen durch einzelne Blüten ersetzt, die in Gläsern mit gefärbtem Wasser schwimmen. "Hinzu kommt, dass die Kunden zunehmend komplette Dekorationskonzepte wünschen, die in sich stimmig sind." Im Frankfurter Hotel InterContinental wurde mit dem hauseigenen Eventcaterer ein Showroom-Konzept entwickelt: Es vermittelt Kunden und Gästen eine Idee von Farben, Formen und Dekorationen und erlaubt, sich in den eigens dafür ausgestatteten Räumlichkeiten einen Eindruck von geplanten Veranstaltungen oder Cateringevents zu machen. Thematische Schwerpunkt sind Bereiche mit Lounge- und Clubatmosphäre, zum anderen die klassische Tischdekoration für Menü- und Büffetkonzepte. Darüber hinaus wird dort der gesamte Fundus an Tablewear und Dekorationselementen gezeigt. Der Kunde kann direkt vor Ort auswählen. Durch eine Glasfassade ist der etwa 45 m2 große Showroom auch von außen ein echter Hingucker. Antje Peters-Reimann

m+a report Nr.6 / 2006 vom 22.09.2006
m+a report vom 22. September 2006