Mit Netzwerken vor Ort zu guten Ergebnissen

Die heimische Industrie hat die Exportregion Russland im Blick. Für sie haben einige deutsche Veranstalter dort Messen entwickelt und sind dabei interessante Partnerschaften eingegangen.

Ob Großmesse oder kleinerer deutscher Organisator: Im Tenor sind sie sich einig. "Die Vorteile einer internationalen Kooperation liegen in der Kombination aus regionalem Netzwerk und Know-how der örtlichen Partner und detaillierter, globaler Branchenkenntnis", sagt Herta Krausmann von Nürnberg Global Fairs, die zusammen mit Restec, St. Petersburg, vom 23. bis 26. November im All Russian Exhibition Center (VVC) die Tekhnodrev, eine Fachmesse für Technologien, Ausrüstung und Werkzeuge der Möbel- und Holzbearbeitungsindustrie in Moskau veranstalten. Der russische Partner ist seit 15 Jahren im Geschäft. In Sachen Möbel hat Restec einschlägige Erfahrungen: Das Unternehmen veranstaltet das internationale Forum der Forstwirtschaft in St. Petersburg und hat das "Gesamtrussische Netzwerk für Messen der Holzindustrie" ins Leben gerufen. Auch die Nürnberger sind in Sachen Bau und Holz nicht unerfahren.
Die großen Veranstalter setzen zumeist auf die Kernkompetenz der Muttermessen am Standort Deutschland. Nikolas Wollmann, stellvertretender Geschäftsführer der IMAG - Internationaler Messe- und Ausstellungsdienst in München, erinnert sich: "Auf der Suche nach einem geeigneten Messegelände in Moskau zum Ausbau des internationalen Netzwerks der Baufachmessen der Messe München International kamen wir im Juli 2003 mit Media Globe ins Gespräch, die seit 1999 eine Baumaschinenmesse in Moskau durchführten und damit umfangreiche Kontakte zu Ausstellern, Besuchern und Verbänden der Bauwirtschaft hatten. Eine gute Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit unserem bauma-Netzwerk." Ähnliches gilt für die ispo, Fachmesse für Sportartikel und Sportmode, die vom 20. bis 23. September zum dritten Mal in Moskau stattfindet. Manfred Wutzlhofer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München: "SCG, der Veranstalter der russischen Sportfachmesse In-Sports, suchte angesichts der bis dahin eher national ausgerichteten Messe einen globalen Partner für eine internationale Plattform und hat deshalb mit uns Kontakt aufgenommen."
Zwischen dem ersten Treffen und der Durchführung der ersten gemeinsamen Messe liegen durchschnittlich eineinhalb bis zwei Jahre. "Länger sollte es nicht dauern, weil sonst der 'Drive' verloren geht", so die Messe Frankfurt, die mit der Auto+Automechanika in St. Petersburg und der Interstoff, der Techtextil, der Ambiente Rossija, der Heimtextil Rossija und Christmasworld Rossija in Moskau vertreten ist.
Anders gewachsen sind Kooperationen, die bereits vor dem Ende der Sowjetzeit erste Wurzeln schlagen konnten. Paul Hammerl von der Messe Reed Exhibitions Wien, weiß dass "die Anbahnung schon Mitte der 1990er Jahre von der Wiener Messe erfolgt ist - lang bevor Reed dort aktiv wurde." Mit dem Einstieg von Reed Exhibitions Messe Wien im Jahr 2001 und dem Kauf des Messeportfolios der Wiener Messen & Congress seien die Messen im Ausland miterworben worden. Die bestehende Kooperation basiere auf einem Lizenzvertrag: "Die Wiener sind Lizenzgeber, die Firma MSI Lizenznehmer und lokaler Veranstalter der Aquatherm (Heizung/Sanitär) sowie der intertool (Fertigungstechnik) in Moskau." Der Versuch, beide Messen auch in St. Petersburg zu veranstalten, sei jedoch gescheitert, so Hammerl. "Die Themen hat der dortige Veranstalter Lenexpo besetzt. Es gibt keinen Bedarf an ähnlichen Fachmessen."Kleinere Messeveranstalter punkten mit hochspezialisierten Fachveranstaltungen. Ein Beispiel ist die Survey-Veranstaltung ZOW, Zuliefermesse für die Möbelindustrie und -innenausbau. Sie findet im November zum vierten Mal statt - parallel übrigens zur neuen Tekhnodrev Moskau, freut sich Peter H. Meyer, geschäftsführender Gesellschafter der Survey Marketing + Consulting, Bielefeld. Zum dritten Mal im Jahr 2007 wird Personal Moscow durchgeführt, eine Personalwesen-Fachmesse der Spring Messe Management, Mannheim. Geschäftsführer Alexander R. Petsch: "Russland nähert sich in den Geschäftsprozessen weiter rasant an den westlichen Standard an. Damit verbunden wird sich das Personalwesen, die Ausbildung und das gesamte Human Resource Management stark entwickeln und verändern. Daher sehen wir für unsere Thematik gutes Entwicklungspotenzial."
E.J. Krause & Associates, Inc. und Expocentr, Inhaber des Messegeländes Krasnaya Presnya und seit 1975 Organisator der SVIAZ in Moskau, schlossen 1995 einen Joint Venture Vertrag und richten seitdem die Messe SVIAZ / Expo Comm Moscow zusammen aus. Verbandelt ist E.J. Krause auch mit Lenexpo: 1992 schlossen die beiden Unternehmen eine Partnerschaft, um die Papierfachmesse Pap-For auszurichten.
Ein "alter Hase" im russischen Messemarkt ist die Messe Düsseldorf, die "als erstes ausländisches Messeunternehmen, damals noch als NOWEA, seit den 1970er Jahren mit einer ständigen Repräsentanz in der damaligen Sowjetunion vertreten war", sagt Jörg Dübelt, Abteilungsleiter Auslandsmessen der Messe Düsseldorf. Inzwischen haben auch andere wie E.J. Krause, die Frankfurter und Nürnberger eine feste Repräsentanz vor Ort, die der Düsseldorfer wurde 2002 in eine Tochtergesellschaft nach russischem Recht - Messe Düsseldorf Moscow O.O.O. (MDM) ungewandelt. Das langjährige Engagement lohnt sich: "Wir haben gute Geschäftszahlen, ein hervorragendes Kontaktnetz und einen sehr guten Ruf in der russischen Wirtschaft", so Dübelt. Das Unternehmen pflegt sehr viele Kooperationen mit russischen Veranstaltern. Zu den bedeutendsten zählt die zum ZAO Expocentr: "Durch die lange Zusammenarbeit ist ein großes Vertrauensverhältnis entstanden." Die meisten Veranstaltungen dort sind konzeptionelle Ableger von Leitmessen in Düsseldorf. Als Russland-Spezialist ebnet die Messe Düsseldorf auch anderen Veranstaltern den Weg aufs russische Messeparkett. So geschehen mit der CPM Collection Premiere Moscow der Igedo Company, Düsseldorf, die weltweit Modemessen veranstaltet. In diesem Jahr findet vom 6. bis 9. September die 7. Auflage der Modemesse statt. Mit Düsseldorfer Unterstützung will die Messe Essen mit ihrem Exportartikel Schweißen & Schneiden in Russland Fuß fassen. Essens Messechef Joachim Hennecke sieht im russischen Raum einen weiteren hochinteressanten Wachstumsmarkt für die Branche rund um das Schweißen, Schneiden und die verwandten Verfahren. Die Nachfrage nach Schweißtechnik westlichen Standards nähme in Russland stark zu. "Wir haben einen Partner gesucht, der vor Ort Land und Leute kennt und zugleich erfahrener Veranstalter von Industriemessen ist, eben die Messe Düsseldorf." Die Schweißen & Schneiden wird 2007 in Russland Premiere feiern.
"Als eng und ausgesprochen konstruktiv", beschreibt die Koelnmesse ihre Zusammenarbeit mit der MVK Holding Company, die im Mai 2006 zum dritten Mal gemeinsam die Möbelzuliefermesse interzum moscow / Interkomplekt durchführten. Sie haben ja auch ein gemeinsames Ziel: Den Erfolg ihrer Kunden.
Auf die Managementfähigkeiten der Netzwerke vor Ort ist Verlass: Die örtlichen Partner sind mit der Mentalität bestens vertraut. Und nur vernetzt gelingt es, Aussteller auf den russischen Messen zu guten Ergebnissen zu führen. Christine Seizinger

m+a report Nr.4 / 2006 vom 15.06.2006
m+a report vom 15. Juni 2006