Mehr als nur gebracht

Messelogistiker haben schon lange nicht mehr nur den Auftrag, Standbau- oder Eventequipment von A nach B zu transportieren. Sie beraten ihre Kunden umfassend bei der Planung und Nachbearbeitung von Veranstaltungen.

Trotz vieler Innovationen ist das Messespeditionsbusiness ein individuelles Geschäftsfeld geblieben, wo immer noch sehr viel an persönlichen Kontakten hängt", sagt Maria Lorenz, Geschäftsführerin der BTG Gruppe, Langweid/Augsburg. "Generell hat sich die Arbeit eines Messespediteurs im Laufe der Jahrzehnte nicht gewandelt. Nach wie vor besteht die Anforderung seitens der Aussteller, Messegüter zu einem Messeplatz zu transportieren, dort alle notwendigen Erfordernisse wie Entladung, Zollabfertigung, Leergutlagerung et cetera zu erledigen und nach der Messe den Rück- oder Weitertransport zu arrangieren", so auch Georg Nork von Kühne und Nagel, München. Weiterentwicklungen in der Art der Tätigkeit gibt es also nur bedingt. Verändert aber haben sich die Anforderungen der Kunden und die technischen Hilfsmittel der Transportprofis. "Hierbei ist besonders die Informationstechnologie hervorzuheben. Dokumente, Transportrichtlinien und Ähnliches sind in Sekundenschnelle in Dateiform beim Empfänger, Sendungen können online verfolgt werden, Schnittstellen werden automatisiert reportiert", so Nork. Die Einführung der Mobiltelefone habe Walkie-Talkies verschwinden lassen. "Ganz sicher zählen Telefon, Fax und e-mail nicht zu den neuesten technischen Erfindungen, sind aber nach wie vor Hauptbestandteil der täglichen Arbeit eines Messespediteurs. Diese einfachen Kommunikationsmittel, verbunden mit kundenorientiertem Verhalten und einem gesunden Servicegedanken, sind nicht zu unterschätzende ,Handwerkzeug, durch deren Einsatz eine ständige Erreichbarkeit für die Kunden gewährleistet ist", sagt auch Kai Peltzer, Hansa-Messe-Speed, Wuppertal.
Darüber hinaus erspart sich der Aussteller auf dem Gelände den Weg zu seinem Spediteur. Probleme, Bestellungen et cetera, werden nicht mehr wie früher im Messebüro des Spediteurs besprochen, sondern auf telefonischem Weg vom Messestand aus erledigt. Kurze Wege und gute Erreichbarkeit einerseits führen an anderer Stelle jedoch zu Komplikationen: "Messeauftritte gelangen sehr spät von der Planungs- in die Umsetzungsphase, Produktionen des Messestandes und der Exponate starten nicht rechtzeitig, Transporte werden verspätet beauftragt", sagt Peltzer. Oftmals entstünden dadurch für die Aussteller unnötige Mehrkosten, wenn beispielsweise das Beförderungsmittel von See- in Luftfracht geändert werden muss. Diese Kosten wären vermeidbar. Da der Preis heute meist bestimmt, wer den Auftrag bekommt, seien die Spediteure an der Vermeidung unliebsamer Überraschungen und einer klaren Kostenstruktur stark interessiert, sagen sie. Dabei unterstützen sie auch diverse IT-Tools und ein effizientes Datenbankmanagement: "Der Messe- und Eventspezialist nutzt für das gesamte Database-Management, also die Adress- und Stammdatenpflege, Angebotserstellung und Auftragsabwicklung, Dokumentation, Lagerverwaltung und Disposition von Personal und Equipment sowie die Generierung von Statistiken, ein speziell entwickeltes IT-System. Dabei kommen natürlich aktuelle Software-Releases zum Einsatz oder das System wird an aktuelle Anforderungen angepasst", erklärt Hartmut Böck, Geschäftsführer der Danzas Messen GmbH, einem Tochterunternehmen von Deutsche Post World Net. Und da bekanntlich auch Zeit Geld spart, helfen "moderne Telematik-Systeme heute bei einer umfassenden Ortung, Überwachung und Verfolgung von Fahrzeugen sowie einem optimierten Flottenmanagement. Damit steht jederzeit Auskunft darüber zur Verfügung, wo sich das Messegut befindet", sagt Ulrich Kasimir von Schenker, Kelsterbach, dort verantwortlich für Messen/Spezialverkehre. "Im Verbund mit den effizienten Stück- und Systemgut-Landverkehren, mit denen Schenker Deutschland alle deutschen und europäischen Wirtschaftsregionen untereinander nach Fahrplan verbindet, kann heute der Transport von Messegut auf die Minute geplant werden." Und das fordern die Kunden auch, hängt doch oft ein gelungener Messeauftritt von der just-in-time Lieferung eines Exponats ab. "Andererseits sind Innovationen im Bereich der Messelogistik bisher nur bedingt erfolgreich umzusetzen gewesen wie Track&Trace-Systeme, oder noch nicht reif und technisch sowie unter Kostenaspekten noch zu aufwändig. Als Beispiel seien Satelliten gestützte Fuhrparkdisposition oder papierlose Auftragsabwicklung genannt", sagt Bernd Keil, Atege Internationale Spedition, Fairs & Exhibitions, Frankfurt. Problematisch seien hier Schnittstellen wie umfangreiche Zollverfahren. Überaus hilfreich ist hingegen der Einsatz von Navigationssystemen, die die Fahrer unterstützen, stressfrei ihr Ziel zu erreichen.
Bei all der Technik fragt man sich: "Wie ging das früher?" Matthias Beyer, Projektleiter bei der Panexpo GmbH, Worpswede meint dazu: "Die Zeitfenster waren damals größer. Es gab die heute selbstverständliche Massenabfertigung nicht. Ein Messeplatz wie Mailand hatte nicht wie heute hundert Veranstaltungen pro Jahr, sondern nur zehn. Die Auf- und Abbauphasen waren drei- bis viermal so lang. Hatte ein Lkw zwei oder drei Stunden Verspätung, war das im Gegensatz zu heute keine Tragödie." Außerdem: "Vor den Zeiten von eLogistics und Telematik waren Telefon und Fernschreiber die Kommunikationsinstrumente, die funktionierten", so Kasimir. "Heute stehen Messekunden und Ausstellern alle Informationen online und in Echtzeit zur Verfügung." Dass früher "der Messespediteur aktiv den Sendungsstatus bei seinen Partner einholen musste", ergänzt Nork. Und auch dass "Avise seitenweise per Fax an die Empfangsspediteure versendet werden mussten", hat Lorenz nicht vergessen.
Die Hürde hin zum internationalen Business haben die Logistikunternehmen indessen längst genommen. Das sich heute in aller Munde befindliche Thema Globalisierung ist für die Messespeditionen ein ziemlich alter Hut. Beispiel Schenker: "Die Geschichte des Unternehmens ist die Geschichte von Internationalisierung und globalem Messegeschäft. Messen waren seit jeher der Treiber für die globale Logistik, weil die Wirtschaft sich stets neue Märkte suchte. Bereits vor rund hundert Jahren ermöglichten es die Messelogistikexperten vielen exportierenden Unternehmen, sich wirkungsvoll auf den Weltausstellungen in Paris oder Melbourne zu präsentieren. Ein herausragendes Ereignis war die 'schwimmende Messe, die Schenker in den Jahren 1924 und 1925 organisierte", berichtet Kasimir. Das Unternehmen hatte einen Ozeanriesen gechartert, um Firmen aus deutschsprachigen Ländern eine Produktpräsentation in Südamerika zu ermöglichen. Damit konnten sich viele neue Kunden und Märkte erschließen. "Schon damals war es eine große logistische Herausforderung, diese Firmen ein Jahr lang über Kontinente hinweg mit Versorgungsgütern, Exponaten und sonstigem Nachschub zu versorgen."
Weltweite Präsenz gelingt den Messesspeditionen auch über Netzwerke: "Die Danzas Messen GmbH hat die Internationalisierung ihres Geschäfts schon seit den Gründungstagen angestrebt und realisiert. Um Ausstellern und Durchführungsgesellschaften auch im Ausland den gewohnt hochwertigen Service bieten zu können, sucht sich DHL Trade Fairs & Events professionelle Messepartner, kooperiert eng mit den dort ansässigen Messegesellschaften oder eröffnet vor Ort Repräsentanzen oder akkreditierte Büros. Darüber hinaus erwirbt sie zum Beispiel durch den Kauf ortsansässiger Firmen oder die Gründung von Joint-Ventures Spezialisten Know-how im jeweiligen Land. Das erste Joint-Venture in der damaligen Sowjetunion ging die Danzas Messen GmbH übrigens schon im Oktober 1991 mit der Gründung der DMW Expo Ltd in Moskau ein", erklärt Böck. Dass die asiatischen Länder beim fortschreitenden Internationalsisierungsprozess der Logistiker einen Schwerpunkt bilden, ergänzt Keil: "Die Gondrand-Gruppe, Muttergesellschaft der Atege, hat hier bereits frühzeitig durch die Gründung eigener Landesgesellschaften dieser Entwicklung Rechnung getragen."
Auch greifen die Transportprofis auf bestehende Netzwerke wie weltweit auf die International Exhibition Logistics Associates IELA mit über 90 Mitgliedsfirmen in über 45 Ländern oder auf die Kooperation mittelständisch ausgerichteter Messespeditionen, wie sie im Interpool der Messespediteure gruppiert sind, zurück. "Ergänzt wird das Interpool-Netz weltweit durch mehr als 40 Partnerspeditionen, allesamt Messespezialisten mit der fachlichen Kompetenz, die unseren Qualitätsansprüchen und denen unserer Kunden genügt", weiß Michael Brauner, Geschäftsführer bei der Peter Josef Zimmer Internationale Spedition GmbH, Köln.
Dass von so einem international geprägten Geschäft auch die Kunden profitieren, ist klar: "Erfahrungen, gesammeltes Know-how, Kontakte und zuverlässige Partner weltweit garantieren eine Messelogistik auf hohem Niveau", sagt Lorenz. BTG arbeitet heute auf allen wichtigen Messeplätzen weltweit. "Über lange Zeit gewachsene Geschäftsbeziehungen und Freundschaften in aller Welt werden heute für unsere Kunden intensiv gepflegt", ergänzt Peltzer. Hansa-Messe-Speed fertigt rund über den Globus verteilt jährlich 350 Veranstaltungen ab. Dabei sieht er "mehrsprachige Kontakpersonen und Ansprechpartner vor Ort als Voraussetzung für reibungslose Durchführungen". Dass die Logistikunternehmen an so vielen Orten der Welt "zu Hause sind" hat noch einen weiteren Vorteil: Full-Service aus einer Hand wie ihn beispielsweise Danzas und Atege garantieren. Schenker wiederum sieht in der Präsenz vor Ort Türöffnerfunktion für die Aussteller. "Last but not least ist es zumeist ein Vertreter der Messespedition, den der Aussteller auf dem Messegelände als Ersten und Letzten kontaktet - diese Eindrücke sind bekanntlich bleibend", ergänzt Nork.
Bei diesem Business, das ständig hohe Flexibilität, Qualität und Tempo fordert, wird auch den Mitarbeitern, "dem wichtigsten Kapital der Speditionen" wie es Beyer sagt, einiges abverlangt. "Unsere Kollegen sind leistungsbereit, serviceorientiert und verantwortungsbewusst. Jeder spricht mindestens eine Fremdsprache und beachtet die kulturellen Gepflogenheiten unserer Kunden aus aller Welt", sagt Brauner. "Der Umgang mit moderner IT" ist nicht nur bei BTG selbstverständlich. Und Nork fasst zusammen: "Messespediteure sind Allrounder. Neben großem organisatorischen Geschick in Zeiten der Vorbereitung, einhergehend mit umfangreichen speditionellen Kenntnissen, werden an sie hohe Anforderungen hinsichtlich Flexibilität und Dienstleistungsqualität in stressigen Auf- und Abbauzeiten gestellt, denen sie mit einem allzeit freundlichen Lächeln zu begegnen haben."

m+a report Nr.3 / 2006 vom 28.04.2006
m+a report vom 28. April 2006