Baulöwen aufgepasst

Bauboom in der Wüste: Die deutsche Industrie profitiert und nutzt Plattformen vor Ort und zu Hause, um ihre Leistungsfähigkeit eindrucksvoll zu demonstrieren.

Bisher scheint die Rechnung von Scheich Mohammed bin Rashid al Maktoum und seinem visionären Vater aufzugehen, das noch vor 40 Jahren verschlafene Wüstennest Dubai ohne asphaltierte Straßen und fließendes Wasser in ein hypermodernes Finanz-, Handels- und Touristikzentrum umzuwandeln. Die Öl- und Anlagemilliarden halten die immense Baumaschinerie am Laufen.
Mit Bauinvestitionen in Höhe von US$ 120 Mrd. allein in Dubai erlebt die Region zur Zeit einen unvorstellbaren Aufschwung. So entstehen derzeit am persischen Golf die höchsten Häuser der Erde, die größten Shopping-Malls, künstliche Inseln, ganze Städte, Hotelresorts, Golfplätze, Straßen, Häfen und Freihandelszonen mit den Schwerpunkten Dubai und Abu Dhabi. Und das schon seit einigen Jahren, denn das schwarze Gold, das den Scheichtümern noch ihren Reichtum beschert, neigt sich in spätestens 15 Jahren seinem Ende zu. Bis dahin soll die Region so attraktiv wie möglich für internationalen Tourismus und Businessreisende sein.
Zum wichtigsten Marktplatz der Baubranche avancierte indessen die von dmg world media Dubai Ltd organisierte Big 5 Show: Im vergangenen Jahr vom 16. bis 20. November kamen 38 535 (+ 14 %) Besucher, davon 16 700 aus dem Ausland, an die 1 886 Messestände (+ 15 %) auf denen 2 477 Unternehmen (+ 15 %) aus 58 Ländern vertreten waren. Damit ist sie die größte Baufachmesse im Mittleren Osten. Das Produktspektrum umfasst die Branchen Bau & Konstruktion, Wassertechnologie & Umwelt, Kälte- und Klimatechnik, Reinigung & Wartung, Glas & Metall, Bäder & Keramik, Marmor & Maschinen. In der Hauptsache werden Besucher aus der Golfregion angesprochen. Nahezu 65 % von ihnen stammen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und 13 % aus Saudi Arabien und den anderen Golfstaaten. Stark vertreten sind auch Besuchergruppen aus Ägypten, Indien, dem Iran, Afrika und Europa.
Die Größe der Messe und ihre Vielfalt sind aber auch ihr wunder Punkt. "Wer auf der Big 5 konzentriert und spezialisiert Produkte und Systeme zu einzelnen Branchen oder Technologien finden will, wird enttäuscht", berichtet der Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe e.V. An der Grenze der Hallenkapazität von 35 000 m2 angelangt böte sich zwar ein umfassendes Bild zu allen Bausektoren, ein tiefer gehender Marktüberblick einzelner Segmente sei aber nicht möglich.
Ist da nicht die Zeit für eigenständige Spezialmessen gekommen? Boris Abadjieff vom VDMA-Fachverband Armaturen kennt die Messe gut: "Auf der einen Seite sprechen die Größe der Veranstaltung und die zunehmende Entwicklung der Industrie in den Vereinigten Arabischen Emiraten dafür, dass sich Ausstellungsbereiche der Big 5 Show in Zukunft verselbstständigen könnten. Andererseits ist ungefähr jeder vierte Besucher Händler oder Importeur. Diese Besuchergruppe schätzt die Vielfalt der präsentierten Produkte rund um das Thema Bauen. Da das Messekonzept auf Länderpavillons beruht und bis dato Aussteller und Besucher der Messe gute Noten gegeben haben, würde eine Aufsplittung in Teilmessen nicht einfach sein."
"Die Entwicklung der Veranstaltung spricht in der Tat für sich: 2003 kamen rund 1730 Aussteller aus 48 Ländern. 2005 waren es schon 750 Unternehmen mehr. Über 30 000 Besucher zählt die Big 5 bei jeder Durchführung", sagt Harald Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der IMAG - Internationaler Messe- und Ausstellungsdienst GmbH, München. "Für diese Veranstaltung kann man dmg nur Respekt zollen. Die Besucher aus dem arabischen Raum und auch den angrenzenden Ländern mögen offenbar das Sammelsurium so wie es jetzt ist. Bisher sprach auch ein gewisser Platzmangel gegen eine Splittung", weiß Müller. In Dubai können Messen aus klimatischen Gründen von Oktober bis April veranstaltet werden. Das World Trade Center sei zu dieser Zeit gut besucht. Abhilfe soll die geplante Exhibitions City schaffen (s. S. 25). Dabei sein, um an den gigantischen Bauprojekten in der Wüste mitzuwirken, wollen denn auch möglichst viele deutsche Unternehmen. Der VDMA richtet als fachlich-ideeller Träger zusammen mit der IMAG einen Gemeinschaftsstand im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums auf der Big 5 Show 2006 aus: 2003 reisten 124 deutsche Aussteller mit, 2005 waren es bereits 234. "Und in diesem Jahr wird der deutsche Pavillon mit mehr als 250 Teilnehmern und rund 4 200 m2 vom 28. Oktober bis 1. November der größte internationale auf der Baumesse sein", so Müller. Einige, die es in diesem Jahr noch nicht schaffen in die heiße Bauregion mitzugehen, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu präsentieren, können vom fetten Kuchen trotzdem etwas abbekommen: auf der bauma 2007 in München. Dann ist die arabische Halbinsel Partnerregion der internationalen Messe für Bau-, Baustoff- und Bergbaumaschinenindustrie, die im kommenden Jahr vom 23. bis zum 29. April läuft. "2001 wurde das Konzept der Partnerregion - damals war der Bedarf von Baumaschinen in Südamerika immens - vom VDMA, der auch ideell-fachlicher Träger der bauma ist, initiiert. Seitdem führt es verschiedene Unternehmen zusammen, stellt Verbindungen her und hilft, Kontakte mit dauernder Wirkung in bestimmte Länder zu knüpfen. Da sich das Konzept als erfolgreich erwies, wurde es 2004 mit den GUS-Staaten wiederholt. Neue Partnerregion für 2007 ist nun die arabische Halbinsel mit Schwerpunkt auf den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien als größte Länder dieses Gebiets", sagt Eugen Egentenmeir, Mitglied der Geschäftsführung der Messe München. Der Zeitpunkt der Partnerwahl scheint ideal: Laut VDMA hat sich der Export deutscher Baumaschinen in die Region in der Zeit von 2000 bis 2005 mehr als vervierfacht. In absoluten Zahlen gesehen hat Saudi Arabien die höchsten Wachstumsraten zu verzeichnen. Der Export von Bau- und Baustoffmaschinen von Deutschland nach Saudi-Arabien ist im gleichen Zeitraum um das Sechsfache angestiegen. Und wächst weiter. Deshalb werden auf der bauma 2007 zahlreiche Delegationen hochrangiger Geschäftsleute der arabischen Halbinsel in München erwartet, die sich dann ein Bild der modernsten Maschinentechnologie machen können, die Bauvorhaben wie The Palm, Burj Dubai, the World et cetera erfordern. Mit reger Order wird gerechnet.

m+a report Nr.3 / 2006 vom 28.04.2006
m+a report vom 28. April 2006