Billigprodukte zerstören Image

Die IHK schätzt den Schaden durch Missbrauch der Marke "Solingen" auf mehrere 100 Mio. EUR. IHK-Geschäftsführer Ludger Benda über den Kampf gegen Produktpiraten.

Eigentlich ist Solingen eine Stadt wie viele andere. Wenn da nur nicht dieser berühmte Name wäre. "Solingen" begegnet einem auf Messern, Scheren, Bestecken und vielen anderen Produkten. "Leider wird der Name aber auch von Betrügern ,geliebt' und in erheblichem Umfang für billige Importware missbraucht", sagt Ludger Benda, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid. "Schlimmer noch ist der schleichende Prozess der Zerstörung des guten Namens ,Solingen'. Denn durch den Vertrieb der Billigprodukte stellt sich langfristig erheblicher Imageschaden ein."
Der Standort Solingen hat sich auch deshalb als Zentrum der Schneidwarenindustrie halten können, weil der Name seit 1938 in Deutschland als Herkunftsangabe einen gesetzlichen Schutz genießt. Er darf nur für Schneidwaren verwendet werden, die in allen wesentlichen Handlungsschritten im Solinger Industriegebiet hergestellt werden. Um Verletzungen des Namens auch im Ausland besser verfolgen zu können, hat die für Solingen zuständige IHK in den letzten Jahren verstärkt Marken in anderen Ländern angemeldet. So wurde unter anderem der Begriff ,Solingen' Anfang 2005 als Marke für den Bereich der Europäischen Union registriert.

Herr Benda, weshalb reichten Sie "Solingen" beim Plagiarius-Wettbewerb ein?
Ein Aspekt unserer Strategie zum Schutz des Namens Solingen ist es, das spezielle Solingen-Problem in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Die Plagiarius-Verleihung mit seiner starken Medienpräsenz ist eine ideale Gelegenheit.

Ist es für Sie wichtig, auf der Ambiente zu sein?
Aus zwei Gründen: Sie gehört zu den bedeutendsten Messen der Welt im Konsumgüterbereich. Die Erfahrung lehrt, dass dort auch immer wieder Schneidwaren auftauchen, die zu Unrecht mit "Solingen" gekennzeichnet sind. Wir besuchen sie, um dort nach Fälschungen Ausschau zu halten und diese aus dem Verkehr zu ziehen. Zum anderen spielt auch die Kontaktpflege zu unseren IHK-Mitgliedern eine Rolle.

(Wie) Werden Sie dabei von den Messeveranstaltern unterstützt?
Ich muss sagen, dass die Messe Frankfurt in diesem Jahr viele Anstrengungen gegen Produkt- und Markenpiraterie unternommen hat. So hat die Messe beispielsweise die Aktion des Zolls, gefälschte Markenprodukte ausfindig zu machen und zu beschlagnahmen, stark unterstützt.

Haben Sie diesbezüglich Wünsche an die Veranstalter?
In der Vergangenheit habe ich es vermisst, einen Kontakt zu finden, der sich um Fragen der Produkt- und Markenpiraterie kümmert. Hilfreich wäre beispielsweise ein Ansprechpartner, an den sich Rechteinhaber wenden können, wenn sie eine Verletzung auf einem Stand entdecken. Natürlich kann die Messe selbst keine individuellen Rechte durchsetzen, aber sie könnte vielleicht mit dem Aussteller sprechen oder einen Anwalt vermitteln.

Ist das nicht ein Kampf gegen Windmühlen?
Ja und Nein. Die Produkt- und Markenpiraterie hat enorme Ausmaße angenommen, wobei sicher im Ausland noch viele Verstöße gar nicht entdeckt werden. Dennoch müssen sich die Inhaber von Marken- und anderen Rechten wehren. Zu diesem Zweck haben wir einen Fonds gegründet, in den die Solinger Hersteller einzahlen. Damit haben wir einen, wenn auch kleinen Etat, für gezielte Maßnahmen. So arbeiten wir beispielsweise mit Detektiven zusammen, die nach Verstößen Ausschau halten. Wir stellen fest, dass zumindest in Deutschland langsam weniger Fälschungen auftauchen. Also - wie Don Quichote fühlen wir uns nicht und meinen, dass wir einen Flügel der Windmühle schon abgeschlagen haben.

Was raten Sie Unternehmen, die auf Messen ausstellen?
Wer befürchten muss, dass auf der Messe Plagiate oder Fälschungen seiner Produkte auftauchen könnten, sollte sich gut vorbereiten. Dazu gehört es, Kopien seiner Patent-, Geschmacksmuster- oder Markeneintragung mitzunehmen. Sinnvoll ist es, am ersten Messetag oder schon am Vortag die Stände anderer Aussteller zu kontrollieren, damit Fälschungen möglichst nicht lange angeboten werden können. Bei Entdeckung der Verletzung sollten Namen und Stand notiert und versucht werden, das Produkt zu fotografieren (was nicht immer einfach ist). Wenn eine gütliche Einigung durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht erzielt werden kann, kann der Rechteinhaber noch am selben Tag bei Gericht eine einstweilige Verfügung erwirken. Spätestens dann muss er aber einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen.

Wie viele Stände haben Sie auf der Ambiente geräumt respektive räumen lassen?
Wir sind bei zwei Ständen chinesischer Aussteller fündig geworden. Dort sind insgesamt mehr als 300 Teile beschlagnahmt worden.
Interview: Christiane Appel

m+a report Nr.2 / 2006 vom 24.03.2006
m+a report vom 24. März 2006