Aussteller als Darsteller

Was geht ab in den Niederlanden?"In theaterähnlicher Atmosphäre präsentieren Unternehmen ihre Erfolgskonzepte; Besucher wollen den Messebesuch nutzen, um Matchmaking mit Besuchern zu machen..." - neueNischenmessen können so entstehen, meint Ruud van Ingen.

Wie hat sich die niederländische Messewirtschaft in den vergangenen 20 Jahren entwickelt?
Ruud van Ingen: Es gibt drei festzustellende Trends. Erster Trend: Das Medium hat sich in den letzten 20 Jahren professionalisiert. Vor allem in den vergangenen zehn Jahren bestätigte sich, dass niemand mehr selbstverständlich an Messen teilnimmt. Unternehmen wollen den Nutzen, den sie von einer Teilnahme haben, wissen und die Profitabilität eines Auftritts mit einem anderen Medium des Kommunikationsmix vergleichen. Große Marktpartner wie die Jaarbeurs Utrecht, VNU Exhibitions und RAI Amsterdam wollen seit Jahren die Zertifizierung ihrer Besucherzahlen. Zweiter Trend: Bequemlichkeit. Für viele Aussteller bedeutet eine Teilnahme Extraarbeit. Immer mehr Veranstalter bieten deshalb Fertiglösungen an. Neben den benötigten Quadratmetern kann der Aussteller mit nur einer Unterschrift den Stand bauen lassen, das Catering organisieren et cetera.
Dritter Trend: Veranstalter beraten ihre Aussteller besser über ihre Marktposition in Relation zu ihrer Teilnahme.

Welches sind die Hauptakteure?
VNU Exhibitions (mit dem Informationskonzern VNU und der Jaarbeurs Holding BV als Gesellschafter) und RAI Amsterdam, Marktführer im Bereich Publikumsmessen.
Die Vitalität des Mediums wird in den Niederlanden durch die wachsende Zahl regionaler Events bewiesen. Diese basieren oft auf den bestehenden Konzepten wie sie von VNU Exhibitions und RAI Amsterdam präsentiert werden; und auf regionaler Ebene geklont.
Regionale Konzepte fungieren als lokaler Treffpunkt, bei dem sich teilweise alles ums Catering dreht, während die Weiterentwicklung nationaler Messen angetrieben wird von dem, was dem Aussteller nützt, wenn er teilnimmt.

Welches sind die stärksten Messen der Niederlande?
Auf Fachmessenseite sind das De Internationale Bouwbeurs - eine internationale Baumesse und die VSK, eine Fachmesse für Heizung, Sanitär Klima. Beide werden von VNU Exhibitions organisiert. Die VSK zieht 60 000 Besucher und zählt 550 Aussteller.Bei den Publikumsmessen zählt zu den stärksten die Verbraucherausstellung Huishoud Beurs von RAI Amsterdam mit 230 000 Besuchern und 470 Ausstellern, die Automesse AutoRai und die Ferienmesse Vakantiebeurs von VNU Exhibitions mit 140 000 Besuchern und 1000 Ausstellern.

Welche Branchen werden von den holländischen Messen am besten "unterstützt"?
Die holländische Industrie hat eine große Anzahl von Fachmessen. Optimal kann ein Messezusammenschluss der Industrie nutzen. Die Industrial Week ist hier ein gutes Beispiel. Während einer Woche im Oktober werden in Utrecht vier Messen mit überlappendem Ausstellungsprogramm gleichzeitig abgehalten. In den letzten Jahren wurde eine wachsende Anzahl von Informationstechnologiemessen verzeichnet. Hauptsächlich kleine Nischenmessen, die auf spezielle Besuchergruppen abzielen.

Welches sind die zukünftigen Strategien?
Die starke Konzentration auf den Ausstellernutzen. Wir werden schließlich eine Situation erreichen, in der wir eindeutige Zahlen anbieten können.
Quadratmeter- und Ausstellerzahlen der größeren Messen werden sinken auf Grund der Konzentration im Zuliefererbereich. Das hängt auch mit der Konzentration in den verschiedenen Sektoren zusammen.
Der Informationsgehalt pro Messe wird zunehmen zum Beispiel durch qualitativ hochwertige Konferenzen und Seminare. Immer mehr Aussteller werden eingeladen werden, um ihre besten Praktiken in theaterähnlicher Atmosphäre zu präsentieren. Das wird den Weg für zusätzliche Nischenmessen ebnen.
Die Massenkommunikation wird personalisierter. Einerseits zielen Organisatoren auf spezielle, große Zielgruppen mit bestimmten Eigenschaften ab. Andererseits kennen sie die Tätigkeit und in der Zukunft die Investitionsbereitschaft ihrer Messegäste. Zukünftig können Organisatoren ihren Ausstellern eine bessere Gewichtung der Besucher bieten. Es werden Konzepte realisiert werden, die nicht nur Besucher mit Ausstellern in Kontakt bringen und umgekehrt. Die Messen der Zukunft werden zunehmend Besucher untereinander zusammenbringen.Interview: Christine Seizinger

m+a report Nr.1 / 2006 vom 13.02.2006
m+a report vom 13. Februar 2006