Abgefahren: Exponate nach Rostow am Don

Verlassen sich Aussteller auf das Know-how und die Erfahrung von Messe- und Speditionsprofis, ist auch ein Auftritt am Tor zum Kaukasus kein Thema.

Eine Messebeteiligung ist eine gute Basis für den Einstieg in den russischen Markt. "Die Planung und Organisation einer Beteiligung an einer Auslandsmesse, gerade in einem Wachstumsmarkt, stellt aber insbesondere kleinere Unternehmen, die den Sprung in schwierige Märkte zum ersten Mal wagen, vor neue Herausforderungen", sagt Michael Johannes, Geschäftsführer der GiMA GmbH & Co. KG, Hamburg, einem Tochterunternehmen der ITE Group plc., London. Das Unternehmen zählt zu den wichtigsten internationalen Veranstaltern in Russland.

"Jeder Markt hat seine eigenen Gesetze und sein eigenes Entwicklungspotenzial. Für die Kunden, die den Markt kennen, ist es einfacher. Wer in wirtschaftlicher Hinsicht Neuland betritt und dort bestehen will, für den ist es von entscheidender Bedeutung, die Bedingungen vor Ort genau zu kennen. Oder aber jemanden zu kennen, der sie kennt", sagt Rita Höpfner, Geschäftsführerin von IFWexpo Heidelberg. Der Veranstalter ist bereits seit 1993 in Moskau mit Messen zum Thema Landwirtschaft, Ernährungsindustrie und Endprodukte vertreten.

Doch auch in den schwieriger zu erreichenden Regionen, sieht das Unternehmen Potenziale: "Die Idee, die Regionen aktiv aufzubauen, verfolgen wir nach wie vor und veranstalten bereits seit acht Jahren eine Messe in Südrussland, zu Beginn in Rostov-am-Don. Nachdem der wirtschaftliche Bedarf dort abgedeckt war und die Firmen Joint Ventures vor Ort gegründet oder Vertreter gefunden hatten, sind wir nach gründlicher Recherche mit unserem Messekonzept nach Krasnodar umgezogen", so Höpfner. Auch diese Messe, die sich in Zusammenarbeit mit Krasnodarexpo im Herzen des Südens in der wichtigsten Agrarregion Russlands platziert wurde, entwickele sich außerordentlich positiv.
Die chronologische Koordinierung des Messeauftritts in unbekannten Regionen sei für Messeneulinge aber oft nicht transparent. "Daher ist es wichtig, einen Zeitplan zu erstellen und die jeweiligen Projektphasen frühzeitig zu planen", betont Johannes. Rund neun bis zwölf Monate vor der Messe sollte damit begonnen werden. Viele Fragen stehen an: Ist das Unternehmen grundsätzlich in der Lage, eine unter anderem zeit- und kostenintensive Messeteilnahme in Russland zu bewältigen, welches sind die Messeziele? Schon allein die Auswahl der richtigen Messe stellt die Entscheider vor gewisse Herausvorderungen, "wobei wir als Veranstalter den Ausstellern gerne bei der Suche nach der richtigen Veranstaltung und Wirtschaftsregion mit ausführlicher Beratung behilflich sind", sagt Höpfner.

Darüber hinaus sollte sich das ausstellende Unternehmen mit Politik, Wirtschaft, Kultur und in gewisser Weise auch mit der Sprache des Ziellandes vertraut machen und kulturelle Unterschiede beachten. "Die persönliche Beziehung spielt bei Verhandlungen in Russland eine große Rolle, und die Kontaktaufnahme auf der Messe ist ein wichtiges Kriterium für die erfolgreiche Anbahnung von Geschäftsbeziehungen", so Johannes. Ein "kulturell angemessenes Verhalten" gilt als nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber Mitbewerbern. "Wichtig ist aber auch, schon zu Beginn der Planung zu prüfen, ob und welche Exponate mitgenommen werden", so Johannes.

"Der russische Fachbesucher ist es gewohnt zu sehen, anzufassen, zu testen. Er bleibt eher an einem Stand stehen, auf dem Exponate ausgestellt werden, wo Vorführungen laufen und demonstriert wird, was man mit dieser und jener Maschine alles machen kann, welche Qualität produziert wird et cetera", so Höpfner. Es sei aber auch für den Aussteller viel einfacher einen Fachbesucher anzusprechen, der an einem Exponat stehen bleibt und in dessen Gesicht Interesse abzulesen ist. Beim Exponatetransport vertrauen die Messemacher auf Speditionen: "Es ist von großer Bedeutung, einen versierten Partner vor Ort zu haben, nicht zuletzt weil sehr oft Fragen und Probleme bei zolltechnischen Abwicklungen entstehen."

Speditionsprofis wie Hartmut Böck von DHL Trade Fairs & Events greifen hier in die Matrix ein: "Gerade um zolltechnische Spezifika einzelner Exponate klären zu können, ist es wichtig, rechtzeitig mit uns in Kontakt zu treten." Insbesondere für den Exponatetransport nach Russland müsse ordentlich Vorlaufzeit eingeplant werden, insbesondere bei schwergewichtigen Gütern mit Überbreite oder Überhöhe. "Wir beantragen bei einem solchen Transport auf eine russische Messe Genehmigungen für jedes einzelne Land, das wir passieren", erklärt der Frachtexperte. Zunächst seien das die einzelnen Bundesländer, dann je nach Strecke Polen und Litauen oder Weißrussland. Für Russland selbst muss der Transport ebenfalls zugelassen und genehmigt werden. Falls Exponate auf dem Seeweg verschickt werden sollten, spare man sich zwar die einzelnen Inlandsgenehmigungen. "Dann müssen allerdings die Schiffsabfahrten kalkuliert werden. Ein Transport auf dem Seeweg kann viel länger dauern als mit dem LKW und ist damit nicht zu vergleichen", sagt Böck.

Haben sich Aussteller für eine Messe entschieden und wissen, welche Produkte sie dort zeigen möchten, bekommen sie von den Speditionen Musterformulare wie Packlisten oder Proformarechnungen zum Vorabchecken zugeschickt. Diese müssen dann ins Russische übersetzt werden. "Englisch akzeptiert der russische Zoll noch nicht. Wichtig ist auch, dass die Zollcodenummern letztlich mit der Ware übereinstimmen. Oft genug kommt es noch zu Erlassen, die ohne Vorlaufzeit herausgegeben werden", betont Martina Schmidt, die in der Messeabteilung der Panalpina Welttransport GmbH, Düsseldorf, beschäftigt ist. "Um bei dem bürokratischen Aufwand nicht die Übersicht zu verlieren, geben wir unseren Kunden einen Schedule an die Hand", berichtet der DHL-Mann. Die Grobplanung des Unterfangens liege fest, werde aber Schritt für Schritt und en Détail mit den Veranstaltern oder Ausstellern besprochen und von den Fachleuten umgesetzt.

Mit den komplizierten Zollrichtlinien des Riesenlandes müssen sich die Aussteller so erst gar nicht befassen. "Damit keine Probleme auftreten, werden die Stück- beziehungsweise Packlisten unseren Mitarbeitern in unseren Büros in Russland zugeschickt. Schon allein, dass es dann keine sprachliche Barriere bei der Abwicklung mehr gibt, hilft unglaublich." "Zum Beispiel bei neuen Ausweisungen vom Zoll, die plötzlich auftauchen", sagt Schmidt und beschreibt, dass zum Beispiel CDs von einem Tag auf den anderen Tag plötzlich als Werbematerialien galten und nur noch an einer bestimmten Zollstelle abgefertigt wurden. Mit erfahrenen Spezialisten vor Ort, die auf Russisch verhandeln können, sei aber auch ein aus dem Nichts auftretendes Problem einfacher zu lösen. Die Logistiker setzen daher in diesem Geschäft auf gut geschultes Personal.
Die DHL Trade Fairs & Events unterhält an einer Vielzahl von osteuropäischen Messeplätzen ständige Büros, welche unter der Leitung der Messezentrale in Frankfurt geführt werden. Die Mitarbeiter arbeiten im Rotationsprinzip an verschiedenen Standorten, um den internen Know-how-Transfer zu gewährleisten.
Das Personal, das dort angestellt ist, ist oft dreisprachig in deutsch, englisch und der jeweiligen Landessprache ausgebildet, da "die enge Kooperation von Danzas Messen mit lokalen Behörden und Messegesellschaften den Arbeitsablauf für den Aussteller erheblich erleichtert", sagt Böck.
Diese intensiven Kontakte seien auch dringend notwendig für einen verhältnismäßig reibungslosen Ablauf. "Trotz entgegengesetzter Ankündigungen zeigen sich Veränderungen am Zoll nur insofern, als dass der administrative Aufwand für die Abwicklung eher noch größer und kostenintensiver geworden ist", sagt Detlev Simon, Leiter der Auslandsmesseabteilung Osteuropa bei Schenker. Neben zwei weiteren Standorten für die Abfertigung von Export- und Importsendungen in Moskau unterhält das Unternehmen der Deutschen Bahn AG für die Abfertigung von Messetransporten auf dem größten Moskauer Messegelände Krasnaja Presnaja ein akkreditiertes Büro mit drei russischen Angestellten. Deren Aktivitäten werden zentral vom hierfür zuständigen Büro der Schenker Deutschland AG in Düsseldorf koordiniert. Die Abfertigung und Kundenbetreuung auf anderen Messegeländen - sowohl in Moskau als auch den übrigen Ausstellungsgeländen auf dem Gebiet der Russischen Föderation - werden von deutschen Spezialisten des Messebüros in Düsseldorf mit Unterstützung der ortsansässigen russischen Mitarbeiter individuell vorgenommen.

Die ersten Messeveranstaltungen in Moskau wurden bereits Anfang der sechziger Jahre von Schenker speditionell abgewickelt. Die Aktivitäten beschränkten sich zunächst auf die Region Moskau. Wenig später erfolgten erste Messeabwicklungen in St. Petersburg. Im Laufe der Jahre wurden die Aktivitäten der Spedition auf viele Regionen der ehemaligen Sowjetunion beziehungsweise den heutigen Mitgliedsländern der GUS ausgeweitet. Mit großem Entwicklungspotenzial: "Ausschließlich zu und von den Messeplätzen der Russischen Föderation fertigt Schenker Düsseldorf pro Jahr circa 500 Fahrzeugeinheiten ab. Dazu kommt noch eine Vielzahl von Luftfrachtsendungen", so Simon. Mit der Erfahrung im Gepäck, bleibt nur zu sagen: "Gute Fahrt!"

m+a report Nr.5 / 2005 vom 12.08.2005
m+a report vom 12. August 2005