Konzentration auf Qualität

Sie sind Gradmesser und setzen Trends - weltweit. Die Schmuckmesse Baselworld, die Kunstmesse Art Basel und der Genfer Automobilsalon haben eine Alleinstellung.

Es sind nicht viele Veranstaltungen aus der Schweiz, die sich auf internationalem Messeparkett tummeln. Die drei, die es tun, sind jedoch unbestrittene Musts ihrer Branche.
Die Baselworld, "die Traumwelt für Schmuck und Uhren wird in Basel zur Realität", schwärmt François Thiébaud, Präsident des Komitees der Schweizer Aussteller nach der 33. zu Ende gegangenen Ausgabe Anfang April der weltgrößten Uhren- und Schmuckmesse. Er begründet: "Die gezeigte Vielfalt stimuliert neue emotionale Werte für den Konsumenten. Wir haben sehr gute Verkäufe erzielt. Die Relevanz von Baselworld wird durch die Tatsache unterstrichen, dass über 90 % der Schweizer Uhrenproduzenten hier vertreten sind." Daneben präsentieren Hersteller aus 45 Nationen ihre Uhren- und Schmuckmarken und auch andere Markenanbieter verwandter Branchen stellen ihre edlen Kollektionen beispielsweise aus Steinen und Perlen vor. Zulieferer der Bereiche Uhrenarmbänder, Verpackung, Displays, Komponenten, Werkzeuge, Maschinen ergänzen die Nomenklatur.

Die Baselworld gilt als wichtigster Treffpunkt der Uhren- und Schmuckindustrie. "Rund 2200 Aussteller präsentieren dem Fachpublikum und den Endverbrauchern ihre Neuheiten. Besucher finden auf über 160 000 m2 in teils mehrstöckigen Standbauten ein erlesenes Sortiment in luxuriösem Ambiente. Viele renommierte Produzenten aus der Uhren- und Schmuckbranche stellen sogar ausschließlich auf der Baselworld aus", begründet die Messe Schweiz AG die Alleinstellung der Baselworld. Zudem habe die Auswahl der ausgestellten Produkte den Ruf, einmalig zu sein und nirgendwo sonst fänden sich Produkte aus der gesamten Industrie an einem Ort zusammen. Antje Heepmann von der Redaktion U.J.S. Uhren Juwelen Schmuck der BVA Bielefelder Verlagsanstalt bringt es auf folgenden Nenner: "Für die Aussteller ist die Baselworld ein Muss, da sie hier nicht nur die internationale Fachwelt ansprechen können, sondern außerdem zigtausend Endverbraucher. Für die Besucher ist sie ein Muss, weil sie hier das größte Angebot an Schmuck und Uhren sowie an Innovationen in Sachen Technik und Design zu sehen bekommen." Und wo liegt die Abgrenzung zum Beispiel zur inhorgenta? "Die Ausrichtung der inhorgenta europe ist europäischer, sie ist die größte Uhren- und Schmuck-Fachmesse in der EU mit einem reinen B-2-B-Charakter", sagt Heepmann.
Die klare Segmentierung der sechs Ausstellungshallen in Uhrenmarken, Schmuckmarken, verwandte Branchen und Länderpavillons verschafft den über 85 000 Besuchern aus dem Facheinzel- und Fachgroßhandel Überblick.
Wachsen könnte die Messe beständig. Die Warteliste ist lang. Doch wird es in Zukunft nicht Ziel der Baselworld sein, sich flächenmäßig zu vergrößern. "Ganz im Gegenteil", sagt Jacques J. Duchêne, Präsident des Ausstellerkomitees, "wir möchten weiterhin die Qualität unserer Aussteller und ihrer Produkte anheben."

Um den entsprechenden Rahmen dafür zu bieten, wurde die Baselworld einem mehrjährigen Restrukturierungs- und Aufwertungsprozess unterzogen. Eingeleitet im Jahr 1998 mit dem Abriss der alten Messehallen und mit dem Neubau der Halle 1 für die großen Uhrenmarken folgte 2001 die Aufwertung des Schmucksektors. Eine klare Segmentierung und ein neues Dekorationskonzept für die Halle 2 mit der Hall of Visions für die Prestigemarken, der Hall of Feelings und der Hall of Fantasies wurden festgelegt.

Mit dem Einbau einer Galerie und einem neuen Standbaukonzept in der Halle 5 sollte 2002 der Uhrensektor in der Hall of Emotions weiter aufgewertet werden. Ein Jahr später gelang die Neukonzeption der Halle 4 mit einer Gesamtüberbauung der so genannten Hall of Inspirations für sehr exklusive Uhrenmarken. Schließlich wurden im letzten Jahr mit dem Bau der Halle 6 die nötigen Flächen für die Länderpavillons in der Hall of Universe bereitgestellt.
Der letzte Schritt: Die neu gestaltete Hall of Elements. "Wir übergeben unseren Edelstein- und Perlen-Ausstellern eine Luxusplattform. Mit dieser klaren Aufwertung wird diesen Sektoren eine Infrastruktur innerhalb der Weltmesse für Uhren und Schmuck angeboten, welche seiner wichtigen Bedeutung innerhalb des Marktes entspricht", erklärt René Kamm, Vorsitzender der Gruppenleitung MCH Messe Schweiz AG, die Bedeutung der Konzeptänderung.
Vertreter anderer Länder wissen den Erfolg, den die Messe mit sich bringt, zu schätzen. Lore Buscher, Regional Director Central & Eastern Europe des Hong Kong Trade Development Council (HKTDC) sagt, "dass die BaselWorld für die Vertreter der Uhren- und Schmuckbranchen Hongkongs eine wichtige Messe ist. Der Uhrensektor registrierte ein sehr gutes Orderverhalten. Die Ordertätigkeit lag 20 bis 30 % über dem Vorjahr."
Das nächste Mal findet die Weltmesse für Uhren und Schmuck Baselworld 2006 vom 30. März bis 6. April statt.

Die zweite im Bunde, die Kunstmesse von Weltrang - die Art Basel - hat sich als alljährlicher Treffpunkt der internationalen Kunstwelt etabliert. Sie gilt als die berühmteste aller internationalen Kunstmessen. Die New York Times qualifiziert sie als "Olympiade der Kunst", die Pariser Tageszeitung Le Monde als "Die Beste der Welt" und die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelt "Kunst in ihrer besten Form", während Vogue sie "Das schönste temporäre Museum der Welt" nennt. Und dass sie zusammen mit der 51. Biennale von Venedig den Höhepunkt des Kunstsommers 2005 bildet, ist sich die veranstaltende Messe Schweiz AG sicher. Seit 36 Jahren ist die Art Basel die Messe für moderne und zeitgenössische Kunst. Gibt es da ein Erfolgsgeheimnis? Samuel Keller, Director Art Basel und Art Basel Miami Beach, meint: "Das ist kein Geheimnis: Konzentration auf Qualität, internationale Ausrichtung, permanente Innovation, motivierte Mitarbeiter, Glück, enge Zusammenarbeit mit den Institutionen der Kunststadt Basel, Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse und partnerschaftliche Beziehungen zur Kunstwelt", sei alles, was diese Messe so erfolgreich macht.
Die Art Basel führt rund 50 000 Künstlern, Kunstsammlern, Galeristen, Kuratoren und Kunstliebhabern vor Augen, was 270 renommierte Galerien aus aller Welt zu bieten haben und repräsentiert Werke von über 1500 Künstlern des 20. und 21. Jahrhunderts. Dabei beschränkt sich das streng jurierte Angebot bei weitem nicht auf Werke der Klassischen Moderne, sondern präsentiert auch Gegenwartskunst, Malerei, Zeichnungen, Skulpturen, Installationen, Fotografie, Editionen, Video, digitale Kunst, Kunst im urbanen Raum - und ganz neu in diesem Jahr vom 15. bis 20. Juni - Künstlerbücher.

Die Ausstellung Artists Books stellt eine Auswahl beachtenswerter Exemplare vor, die seit der Jahrtausendwende geschaffen wurden. Sie sollen Einblick in die Vielfalt und Lebendigkeit dieses Sammlungsgebietes geben. "Künstlerbücher sind bisher auf Kunstmessen nur marginal vertreten, mitunter weil Kunstmessestände dafür zu teuer und für die Präsentation wenig geeignet waren", erklären die Organisatoren. Deshalb soll für diese eher stille Kunstform jetzt eine Plattform geschaffen werden. Geplant ist, die Ausstellung durch Informationsveranstaltungen und Präsentationen in Anwesenheit der Künstler zu ergänzen.
Rund 60 außergewöhnliche Kunstwerke, die sonst kaum an Kunstmessen ausgestellt werden können, weil ihnen räumliche, zeitliche, technische, finanzielle, kontextuelle oder konzeptionelle Grenzen auferlegt waren, sind in der Ausstellungshalle «Art Unlimited» zu sehen. Insbesondere neuartige und großformatige Kunstwerke in Form von Großskulpturen und -installationen, Videoprojektionen, Wandmalerei und Performances werden installiert.

Nie aus dem Blick verlieren die Macher der Art die jungen Künstlergenerationen. Ob Videoforum oder Young Galleries, Perspektiven, Neue Tendenzen oder seit 1996 Art Statements - den Galerien für zeitgenössische Kunst wurde und wird zu stark ermäßigten Konditionen jedes Jahr ein Forum geboten, welches ihnen internationale Beachtung verschafft.
Die Art Basel wurde dabei über die Jahre zu einem Gradmesser für das aktuelle Kunstschaffen. Hier werden Künstler für Ausstellungsprogramme von Kunsthallen und Museen ausgesucht. «Art Statements» zeigt internationalen Kuratoren, Sammlern und den Medien in diesem Jahr 17 Einzelausstellungen junger Künstler aus sechs Ländern. Das Art Basel Committee wählte sie aus 218 Bewerbungen aus.
Dass die Museen der Stadt Basel parallel zu dem Ereignis sehenswerte Ausstellungen zeigen und im Stadtbild sich einiges der Kunst weit mehr öffnet als sonst, bringt eine solche Weltleitmesse mit sich. Basel genießt's, wie auch die Präsenz von über 1500 Medienvertretern während der Tage der Kunst im Dreiländereck am Rhein.

Flügge geworden ist die Erfolgsmesse bereits vor einigen Jahren: Den Sprung über den Atlantik nach Miami Beach schaffte sie zwar nicht im ersten Anlauf. Geplant war ihre Premiere für 2001. Aber dafür gelang der Art Basel Miami Beach dann ein Jahr später eine punktgenaue Landung. Seitdem entwickelt sich der Ableger prächtig und zog vergangenen Dezember 33 000 Besucher und 800 Journalisten an. 190 Galerien aus den USA, Lateinamerika, Europa, Afrika und Asien wurden zugelassen. Einen ausgesprochen positiven Einfluss habe die amerikanische Schwesterveranstaltung auf die Muttermesse: in USA und Lateinamerika konnte der Bekanntheitsgrad enorm gesteigert werden, heißt es aus Basel. Auch die Sponsoren schätzen, dass es jetzt einen globalen Partner gibt, der in Europa und in Amerika die Nummer Eins ist. "In Basel haben wir niemanden verloren - nur viel gewonnen", sagen die Macher.

Nach Genf: Hier trumpft als letzte der Trilogie von Schweizer Veranstaltungen mit Weltleitmessen-Charakter der Internationale Automobilsalon auf. Vom Discount-Kleinwagen für 8000 EUR bis zum Luxus-Auto zum Gegenwert einer Traumvilla: In den Palexpo-Hallen stehen sie alle. Bereits 75 Mal war Genf für ein paar Tage der Nabel der automobilen Welt. Hier hoffte zuletzt im März die momentan konjunkturgebeutelte Autowelt, wieder Begeisterung für alles zu schaffen, was fährt und hupt. "Luxus liegt trotz der schlechten Wirtschaftsdaten wieder voll im Trend. Nach einer eher schwachen Neuheitenwelle bei der IAA gab es in Genf jede Menge Highlights zu bewundern", schrieb beispielsweise die motorline.cc nach dem letzten Automobilsalon, der vom 3. bis 13. März 2005 lief. Berühmt sei die Messe auch für die vielen Studien, die alles zeigen, was noch etwas entfernt von der Serienreife ist, sagen Experten. VieleBesucher zieht diese Mischung an: Rund 747 000 aus 70 Ländern waren es in diesem Jahr, meldet Geneva-Palexpo.

Zweifellos profitiert die Genfer Autoschau davon, dass sie im Frühjahr stattfindet: "Eine Besonderheit, die wesentlich zur internationalen Bedeutung des Automobilsalons beiträgt, ist sein jährlicher Turnus. Er ist die erste große Frühjahrsveranstaltung mit globaler Bedeutung in Europa und übernimmt damit die Funktion eines Frühindikators für die gesamte Branche. Entsprechend hoch ist daher der internationale Anteil an Medienvertretern und Besuchern", heißt es aus Stuttgart von DaimlerChrysler. Auch in Punkto Erscheinungsbild hat sich Genf ein eigenständiges Profil unter den Automobilmessen erworben. "Klar definierte Gestaltungsregeln für die Standarchitektur gewährleisten eine hervorragende Orientierung und ermöglichen den Besuchern von jeder Position aus einen Überblick über die gesamte Ausstellungsfläche", lobt die Marke mit dem Stern.
Genf ist eine Verkaufsmesse, auf der Interessenten direkt vor Ort einen Kaufabschluss tätigen können. Diverse Sonderschauen ergänzen das von nahezu allen Autobauern weltweit besetzte Ausstellungsterrain zum Beispiel zu den Themen "Geschichte des Salons" oder "100 Jahre Schweizer Automobilbau" wie auch die historischen Präsentationen der Aussteller zum Thema "Image & Emotion." Der Automobilsalon 2006 findet vom 2. bis 12. März statt.

m+a report Nr.4 / 2005 vom 14.06.2005
m+a report vom 14. Juni 2005