Aus Zahlen schon im Vorfeld klug werden

Auf der Suche nach dem richtigen Messeprofil hilft zielgerichtete Datenauswertung. Veranstalter bieten mehr als die schlichte Besucherzahl.

Allerorten erschallt der Ruf nach mehr Effizienz - und Transparenz. Dabei können Aussteller bereits im Vorfeld einer Messebeteiligung viel selbst dazu beitragen: Systematisches Vorgehen bei Planung und Erfolgskontrolle sind gefragt - und nicht eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Dazu gehört auch die zielgerichtete Datenauswertung. Es kommt darauf an, die "richtige" Messe aus dem Angebot heraus zu filtern - und das ist die, auf der die Kernzielgruppe ist. Aus Daten lässt sich eine Menge herauslesen: es gibt Fach- und Privatbesucheranalysen, Angaben zur Reichweite einer Messe, zur Verweildauer der Besucher. Der Aussteller findet Informationen zur Herkunft der Besucher, zu ihrer Kompetenz und beruflichen Stellung.
Woher die Daten nehmen? Die wichtigsten gibt es beim "Messe-TÜV", der Gesellschaft zur Freiwilligen Kontrolle von Messe- und Ausstellungszahlen (FKM), Berlin. Die von ihr geprüften Messen präsentieren für das Jahr 2004 ein Marktvolumen von rund 200 000 Ausstellern und rund 15 Mio. Besuchern, so der FKM-Vorsitzende Michael von Zitzewitz. Das Veranstaltungsspektrum, das abgedeckt wird, reicht von Weltleitmessen über eher national ausgerichtete Fachmessen bis hin zu regionalen Verbraucherausstellungen und teilweise sogar kongressbegleitenden Ausstellungen. Von denjenigen Veranstaltungen, die der AUMA als Verband der Deutschen Messewirtschaft zu den internationalen Messen zählt, werden mehr als 90 % durch die FKM geprüft. Bei den regionalen Messen und Ausstellungen sind es deutlich weniger. "Hier gibt es durchaus Nachholbedarf in Sachen Messetransparenz", kritisiert Zitzewitz. "Die Prüfung dort ist keine Selbstverständlichkeit."
Leider fehlen im Spektrum der FKM-geprüften Messen in Deutschland einige sehr prominente Namen. Dazu gehören zum Beispiel die IAA Pkw, die Frankfurter Buchmesse und die Achema, die zwar alle in Frankfurt stattfinden, aber von anderen Veranstaltern organisiert werden.
Um die Unternehmen noch besser mit qualitativen Daten zu versorgen, hat die Gesellschaft im vergangenen Jahr ihr Angebot an Besucherstrukturanalysen erweitert und neu strukturiert. Wurde bisher schon zu Beginn der Befragung nach Fach- und Privatbesuchern differenziert, werden jetzt zunächst Basisfragen an beide Besucherzielgruppen gestellt. Erst dann werden Spezialfragen jeweils an Fach- und/oder Privatbesucher gerichtet. Damit will die Prüforganisation Informationen wie regionale Herkunft oder Häufigkeit des Messebesuchs regelmäßig für alle Besucher verfügbar machen.
Zumindest die Messeveranstalter wissen um den Wert der Revisionsstelle. Wer als Veranstalter den Schritt zu mehr Transparenz wagt, auch bei der Struktur seiner Besucher, gewinnt neue Argumente für die Akquisition. Das ist die große Chance im internationalen Wettbewerb. Denn ein solches Angebot von Strukturdaten gibt es in kaum einem anderen Land. 73 deutsche Veranstalter (von geschätzten 100 bis 120 hiesigen Messeveranstaltern) lassen ihre Messezahlen nach einheitlichen Standards erheben und durch einen Wirtschaftsprüfer (Ernst & Young, Köln) kontrollieren. Im vergangenen Jahr unterzogen sich 266 Messen in Deutschland der FKM-Prüfung, 2003 waren es 276. Den Rückgang begründet Michael von Zitzewitz mit der Tatsache, dass Messen vom Markt genommen wurden. Wer sich einlesen möchte in die geprüften und vergleichbaren Kennzahlen: Der FKM-Bericht 2004 kann bei der Gesellschaft zur Freiwilligen Kontrolle von Messe- und Ausstellungszahlen kostenlos anfordert werden (info@fkm.de).
Die Prüfung von Aussteller-, Flächen- und Besucherzahlen gilt vielen als ein wichtiges Kriterium im Messewettbewerb. Klare Ergebnisse sind gefordert, ist doch die Qualität der Besucher das entscheidende Kriterium bei der Beurteilung einer Messe. Dazu kommt: Die Strukturdaten liefern Entscheidungshilfen im Vergleich mit anderen Marketinginstrumenten.
Aussteller, die auf Nummer sicher gehen wollen, sollten deshalb beim Veranstalter nachfragen, nach welchen Kriterien die Zahlen seiner Veranstaltung ermittelt worden sind: "Es besteht die große Versuchung, die Besucherzahlen auf hohen Niveau zu halten - gerade in Zeiten, in denen Besucher mal nicht so strömen wie gewohnt", sagte im letzten Jahr der damalige FKM-Vorsitzende Manfred Wutzlhofer.
Vielen Länder ist der FKM-Standard Vorbild. Um so wagemutiger wirkt ein Antrag Singapurs beim ISO-Sekretariat in Genf. Das Land hat eigene Definitionen für Begriffe wie Aussteller und Besucher entwickelt und will diese zur weltweiten Norm erheben lassen. "Das ist ein ziemlich kühner Schritt angesichts der Tatsache, dass Singapur zwar ein Messeplatz, aber nicht der Nabel der Messewelt ist", sagt der FKM-Vorsitzende und stellt klar: "Wir halten von einem solchen Verfahren gar nichts." Da eine Mehrheit der nationalen Normungsinstitute dem Antrag zugestimmt hat, wird es ein Normungsverfahren geben. Start ist bereits Ende Juli. Michael von Zitzewitz will kämpfen: "Wer ein solches Verfahren will, muss damit rechnen, dass wir versuchen werden, unsere Standards durchzusetzen."

m+a report Nr.4 / 2005 vom 14.06.2005
m+a report vom 14. Juni 2005