Exportmarketing beginnt auf Inlandsbeteiligungen

Zwei Drittel der exportierenden Aussteller betrachten Messen in Deutschland als sehr wichtig oder wichtig für die Stärkung des Auslandsgeschäfts.

"Die deutsche Industrie hat einen echten Standortvorteil: Sie kann bereits auf ihren Messebeteiligungen im Inland mit ihrem Exportmarketing beginnen," sagte Thomas H. Hagen angesichts der Rekordzahl ausländischer Besucher im vergangenen Jahr. Der Vorsitzende des AUMA_Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft betonte auf einer Pressekonferenz Ende Mai die Bedeutung der Messen für die Exportwirtschaft. Schließlich komme rund ein Zehntel aller weltweit exportierten Güter aus Deutschland. "Messen kommt hierbei eine entscheidende Rolle bei, sagte er und fügte hinzu, dass auch deshalb die Bedeutung von Messen höher sei als so manche betriebswirtschaftliche Analyse das deutlich mache. Denn: "Unternehmen kommen ihren Kunden auf Messen entgegen."
Im Vergleich zu 2001 gebe es heute fast 5000 deutsche Aussteller weniger und 5000 ausländische mehr, wies Hagen auf die gegenwärtigen strukturellen Veränderungen hin. Messen bildeten sehr realistisch den Markt ab: In den letzten Jahren seien viele deutsche Unternehmen vom Markt verschwunden. Aber es würden ständig neue Unternehmen gegründet, auch Industrieunternehmen und industrienahe Dienstleister, also das klassische Messepotenzial.
Junge Firmen, die höchstens seit vier Jahren am Markt sind, führen nach einer Untersuchung des Verbandes schon vier Messebeteiligungen innerhalb von zwei Jahren durch. Diesen Trend zu nutzen und zu unterstützen, werde, so Hagen, ein der künftigen Aufgaben der Messeveranstalter sein. Das habe auch Konsequenzen für deren Marketing. Gründerzentren, etwa im Umfeld von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen, gerieten zunehmend in der Fokus der Akquisition. Die Messeveranstalter könnten durchaus noch mehr und bessere Angebote für Messeneulinge machen. Dabei gehe es im weniger um finanzielle als um organisatorisch-technische Unterstützung. Einige Veranstalter seien da schon mit gutem Beispiel vorangegangen.
Einen solchen Nachschub an Ausstellern werde es aber nur dann dauerhaft geben, wenn die Rahmenbedingungen stimmten. Hagen: "Die Attraktivität von Messen gründet sich auf die Präsentation von Innovationen, auf das Entdecken neuer Produkte und Marktpartner. Deutschland braucht deshalb ein politisches Klima, und das sage ich sehr deutlich, das die Bereitschaft zu Existenzgründungen und zu Innovationen erheblich stärker fördert."
Verbesserungspotenzial sieht Hagen auch in puncto Kundenorientierung der Messeveranstalter. Ihm geht es vorrangig um die Einbeziehung der Aussteller bei der Weiterentwicklung der Messe, der Betreuung vor während und nach der Beteiligung und die generelle kundenzentrierte Ausrichtung der Mitarbeiter. "Der Messeplatz Deutschland muss weltweit für höchste Qualität bei Service, Logistik und Technik stehen und für Messen mit dem umfassendsten Marktüberblick. Gute Messehallen werden heute fast überall auf der Welt gebaut. Entscheidend aber ist die Software."
Exzellente Serviceleistungen der Veranstalter könne es aber nicht umsonst geben. Angesichts wachsender Erwartungen an Besucherakquisition, Technik und Service müssten die Aussteller auch bereit sein, angemessene Preise für Messebeteiligungen zu zahlen, sagte der Alleinvorstand der Weidmüller-Gruppe. "Es darf nicht zu einer Abwärtsspirale kommen." Der Blick ins Ausland zeige, dass die gesamten Messekosten der deutschen Aussteller im Vergleich zu Firmen in anderen Ländern relativ niedrig seien, weil sie eben schon auf den internationalen Inlandsmessen mit ihrem Exportmarketing starten können. Sie hätten damit einen wesentlichen Anteil an den Exporterfolgen der deutschen Wirtschaft. Dementsprechend betrachteten rund zwei Drittel der exportierenden Aussteller Messen in Deutschland als sehr wichtig oder wichtig für die Stärkung ihres Auslandsgeschäfts.
Das gelte gerade für kleine und mittelständische Unternehmen, so Hagen. Diese beteiligten sich ergänzend auch auf Auslandmessen, auch außerhalb Europas. Von den 56 000 messeaktiven deutschen Unternehmen seien 17 % auch auf Messen in Übersee vertreten, also fast 10 000 Firmen. Bei Betrieben mit weniger als 50 Mio. EUR Umsatz seien es immerhin noch 12 %.
"Nur wer Export fördert, kann nachhaltiges Wachstum fordern", sagte Hagen. Gerade die weniger großen Betriebe brauchten die Unterstützung durch das Auslandsmesseprogramm der Bundesregierung. Für 2004 und 2005 sind für die kostengünstigen Exportplattformen auf Auslandsmessen jeweils 36 Mio. EUR bewilligt worden. Allerdings habe das Finanzministerium für 2006 diese Etatposition - wie schon in den Vorjahren - zunächst niedriger angesetzt. "Ich appelliere an die Bundesregierung, bei diesem wichtigen Baustein der Außenwirtschaftsförderung weitsichtig zu sein und diese Etatposition mittelfristig zu erhöhen, und zwar auf 40 Mio. EUR".
Es sei auch grundsätzlich notwendig, dass Messeveranstalter immer wieder über neue Messen und Messekonzepte nachdenken, denn auch sie hätten keine unbegrenzte Haltbarkeit. Allerdings sollte allen Beteiligten klar sein, so Hagen, dass mit einer steigenden Zahl von Messen die Beteiligung der Beteiligungen nicht automatisch wachse. "Ein Überangebot von Messen kann auch zu einer Reduzierung des Beteiligungsvolumens führen, zum Beispiel dann, wenn keine der am Markt befindlichen Messen den Qualitätsanforderungen der ausstellenden Wirtschaft mehr genügt", kritisierte er. "Dauerhafte Parallelangebote mehrerer gleichartiger Messen nutzen deshalb letztlich niemandem." Thomas Hagen: "Messen sind immer dann gut, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen: Veranstalter, Aussteller und Besucher."

m+a report Nr.4 / 2005 vom 14.06.2005
m+a report vom 14. Juni 2005