Ohne Hightech läuft nichts

Aus aller Welt werden Exponate geliefert, durch den Zoll gebracht und zwischengelagert. Modernste Technologien helfen bei der Abwicklung.

Messelogistik ist ein stressiges Geschäft. Wie häufig kommt es vor, dass eine Lieferung irgendwo festhängt und nur mit großem Aufwand am ersten Messetag an ihrem vorgesehenen Platz steht. Sind die Exponate auf dem Messegelände angekommen, ist die Arbeit noch lange nicht getan. Dann heißt es, die Produkte in kurzer Zeit auf die Hallen zu verteilen - und sie am letzten Tag wieder abzuholen. Die Zeiten jedoch, in denen ein Logistikdienstleister ausschließlich den Transport von A nach B durchführte, sind schon lange vorbei. Über den reinen Transport hinaus fordern die Aussteller immer mehr Dienstleistungen. Und die Logistikunternehmen stellen sich entsprechend darauf ein.
Michael Korn, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Schenker Deutschland AG, Kelsterbach: "Wir offerieren komplette Lieferketten inklusive aller Dienstleistungen wie Verpackungen, Verzollung, Sendungsverfolgung, Zwischenlagerung oder Auslieferung just-in-time auf dem Messestand."
Die Messeexperten von Deutschlands führendem Dienstleister für integrierte Logistik sorgen auch dafür, dass die Kunden stets mit Werbematerial, Broschüren und Give-aways versorgt werden. Klaus Güntheroth, Leiter der Messelogistik von Schenker in Hannover: "Wir unterhalten für unsere Kunden auf über 10 000 m2 Fläche besonders gesicherte Leergut- und Vollgutlager für den gesamten Nachschub, den Aussteller während einer Messe benötigen." Schenker betreibt hier ein eigenes Messelogistikzentrum, das mit Videoüberwachung, Rauchmeldeanlagen, 55 hydraulischen Laderampen sowie Block-, Paletten- und Kleinteilelager die Basis für die gesamte Messe-Intralogistik darstellt.

Die Logistik und die dahinter stehenden technischen Systeme verändern sich. Jedoch unterschätzen einige Unternehmen immer noch die Notwendigkeit einer modernen Logistik, aber auch die Optimierungsmöglichkeiten, die sich aus einer innovativen Planung und Durchführung von Messeprojekten ergeben. Christian Utz, eventlog consulting GmbH: "In Zeiten knapper Budgets gewinnt die Logistik als ein zentraler Kostentreiber von Messeprojekten zunehmend an Bedeutung. Eine gute Planung schont sowohl personelle als auch materielle Ressourcen." Das Unternehmen berät hersteller- und anbieterneutral in Sachen Logistik, modifiziert Betriebsabläufe und Organisation, ebnet den Weg für intern sauber definierte Schnittstellen zwischen den Abteilungen und stellt Wirtschaftlichkeitsberechnungen für neue Strukturen sowie den Einsatz von neuer Software und Technologien an. Denn Logistikdienstleistungen gleich welcher Art sind heute und in Zukunft ohne prozessbegleitende Informationstechnologie nicht mehr denkbar.

Ein Thema, das in diesem Zusammenhang die Schlagzeilen bestimmt, ist die RFID-Technologie. Laut Soreon Research soll der RFID-Markt in Europa bis zum Jahr 2008 von derzeit 400 Mio. EUR auf 2,5 Mrd. EUR ansteigen - allen voran Deutschland mit einem Volumen von 600 Mio. EUR. Technisch verbirgt sich hinter der kompliziert "Radio Frequency Identification" genannten Technologie ein einfacher kleiner Funkchip, der Transponder oder "Tag", der seine Daten über mobile Telekommunikationsnetze an entsprechende Empfänger sendet. Wird heute in einer Spedition das Thema RFID angesprochen, dann folgt häufig ein Verweis auf die bereits bestehenden Tracking & Tracing-Systeme auf Basis der Barcode-Technik. Diese Systeme wurden mit erheblichen Investitionen in den 90er Jahren installiert. Beim Barcode-Einsatz werden jedoch trotz Scanner noch viele Vorgänge manuell ausgeführt. Und im Gegensatz zum Barcode können auf einem solchen Tag deutlich mehr Daten gespeichert werden.
Der Barcode hat jedoch auch seine Vorteile, denn er ist weit verbreitet, erreicht weltweit einen hohen Standardisierungsgrad und hat eine hohe Akzeptanz. Auf der LogiMAT, der Fachmesse für Distribution, Material- und Informationsfluss, lautete die einhellige Expertenmeinung, dass sich die RFID-Technologie zwar noch in der Experimentierphase befindet, sich jedoch als Nachfolgetechnologie für den Barcode durchsetzen wird.

Aus den Schenker News vom März geht hervor, dass in der Logistikszene hohe Erwartungen an die Technologie geknüpft werden. Dies bestätigt eine Umfrage der Consultants von "The Survey Shop". Sie haben 600 europäische Logistikmanager zu ihren Erwartungen befragt. Danach versprechen sich 80 % einen verbesserten Kundenservice, 77 % eine höhere Profibilität, 73 % reduzierte Kosten, 63 % einen schnelleren Warenfluss. Jedoch glauben nur 21 %, dass RFID einen Return on Investment bringt. Zwei Drittel der Befragten haben bislang keinen RFID-Einsatz geplant.

Auch das Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik hat eine Studie zum Thema RFID durchgeführt. Das Ergebnis RFID 2004 belegt, dass sich die RFID-Technologie nur langsam durchsetzt. Das Risiko, als früher Anwender das falsche System einzukaufen, schätze die Mehrzahl der 91 befragten Unternehmen als hoch ein - die Vorteile hingegen als relativ gering.

Im November 2003 beschloss die Kommission des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) EDV/Logistik und Informatik einen Arbeitskreis "RFID in Spedition und Logistik" einzurichten, der sich aus Speditionssicht mit dieser Thematik befassen sollte. Jetzt kam der Arbeitskreis zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von RFID für Spedition und Logistik erst mittelfristig interessant ist. Denn RFID ist nach wie vor ein kostspieliges Unterfangen. In erster Linie wird die Technik zurzeit in geschlossenen Systemen der Kontraktlogistik, die von Handel- und Industrie dominiert werden, eingesetzt. Im Speditionsgewerbe wird RFID erst dann eine wichtige Rolle spielen, wenn sich Investitions- und Betriebskosten deutlich verringert haben.

Ein grober Vergleich von RFID mit dem konventionellen Barcode hat laut dem DSLV ergeben, dass sich die neue Technik zwar mit deutlich geringerem Personalaufwand einsetzen lässt. Eine echte Alternative zum Barcode wäre RFID aber erst dann, wenn die hohen Anfangsinvestitionen sowie die Kosten für die Smart Labels in Höhe von rund 50 Cent deutlich reduziert würden. Die Kostensituation der beiden Systeme wäre nach den Berechnungen des Arbeitskreises in etwa gleich, wenn die Stückkosten auf 25 Cent sinken würden. Dieser Vergleich gelte jedoch nur für Neuanschaffungen. Positiv wurden die Auswirkungen der RFID-Technologie auf die Folgekosten in der Abwicklung bewertet. Hier würde sich durch Einsatz von RFID ein spürbarer Qualitätszuwachs ergeben.
Um Unternehmen im turbulenten und intransparenten RFID-Markt die nötige Orientierung zu bieten, wurde mit verschiedenen Experten das RFID Kompetenzzentrum Gera gegründet. Unter dem Vorsitz von Klaus Nitsche (gera-ident Systeme GmbH), seit 1992 Pionier im Bereich von RFID, und den Vorstandsmitgliedern Stefan Wittenberg (BIEGE 21 AG, Leonberg) und Christian Utz wurde ein Expertenteam - unterstützt durch Partnerfirmen - zusammengeführt. Thema ist die herstellerneutrale und damit unabhängige Beratung zum Thema RFID. Für die Branche Messen und Events hat das Kompetenzzentrum Gera zwei Business-Szenarien entwickelt. RFID24-events wendet sich an Veranstalter, RFID24-expo ist das Szenario für die Lager- und Transportlogistik. Großen Wert legt das Kompetenzzentrum darauf, dass stets zunächst der Mehrwert eines RFID-Einsatzes für das Unternehmen ersichtlich sein muss, bevor eine in der Regel unternehmensindividuelle Lösung entwickelt wird.

Eine große Rolle bei allen IT-Systemen spielt die prozessunterstützende Software. Einen umfassenden Überblick über die neuesten Produkte bot die diesjährige CeBIT in Hannover. So präsentierte beispielsweise die auf elektronische Zollabfertigung spezialisierte CSF Computer-Software für Fachanwendungen GmbH auf der weltweit größten IT-Messe gleich vier neue Softwareprodukte. Und die Datafactory AG demonstrierte ihr Produkt TrimTrac: Dabei handelt es sich um ein kleines und unauffälliges GPS-Ortungsgerät, mit dem sich beispielsweise Paletten verfolgen und Transporte präziser koordinieren lassen. Außerdem bietet es einen Diebstahlschutz. Eine integrierte Lösung für Logistik-Serviceprovider zeigte die Soloplan GmbH in Zusammenarbeit mit der intelligence AG. Das Produkt it.transportation verbindet die Funktionen der Frachtabwicklung und Transportplanung mit SAP.
Wie hochaktuell das Thema RFID ist, zeigt sich auch an der Tatsache, dass es allein in Deutschland in diesem Jahr mehrere Messen dazu gibt beziehungsweise gab: die bereits erwähnte LogiMAT im Februar in Stuttgart, die transport logistic 2005, eine internationale Fachmesse für Logistik, Telematik und Verkehr, zeigt vom 31. Mai bis zum 3. Juni in München die ganze Welt der Transport- und Logistikbranche auf einen Blick. Und die CeMAT, die Weltleitmesse für Infralogistik, vom 11. bis 15. Oktober 2005 in Hannover. Angela Wiegmann

m+a report Nr.3 / 2005 vom 27.04.2005
m+a report vom 27. April 2005