Ein Jahr voller Turbulenzen

Bei der Überwindung des wirtschaftlichen Abschwungs durchlebte das US-amerikanische Messewesen eine aufregende Zeit - im positiven wie im negativen Sinne.

Das Jahr 2004 war alles andere als langweilig für die US-amerikanische Messewirtschaft. Einerseits strukturierten die Unternehmen ihre Geschäftsführungen neu, brachten neue Messen auf den Markt, kauften und verkauften bestehende Veranstaltungen und registrierten Ertragssteigerungen. Andererseits trennten sich immer mehr Ausstellungssponsoren und -veranstalter, die Verbände konsolidierten sich, der Bau von Veranstaltungsstätten verlangsamte sich und die Messebau- und Designbranche schlidderte immer tiefer in die Krise.
Im Laufe des Jahres sind die Messeergebnisse branchenweit langsam aber sicher angestiegen. Laut dem statistischen Quartalsbericht über das Ausstellungswesen von Tradeshow Week erhöhte sich im ersten Quartal 2004 die Zahl der Fachbesucher um 0,6 %, die Zahl der ausstellenden Unternehmen um 0,3 % und die bezahlte Nettoausstellungsfläche um 1,2 % gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal. Mit einem Anstieg der Besucherzahlen um 6,4 %, der Ausstellerzahlen um 5 % sowie der Nettoausstellungsfläche um 2,7 % lasen sich die Zahlen für das zweite Quartal noch verheißungsvoller. Diese positive Entwicklung setzte sich im dritten Quartal mit einem Wachstum von 1,4 % bei den Besucherzahlen, 2,7 % bei den Ausstellern sowie 0,1 % bei der Nettoausstellungsfläche fort.
Noch viel versprechender war die Antwort von 38 % der Aussteller auf die durch TSW im November 2004 durchgeführte Umfrage bei den ausstellenden Unternehmen, wonach sie sich zufriedener mit dem Ergebnis ihrer Messeaktivitäten als im vorangegangenen Jahr gaben (gegenüber 27 % im Jahr 2003). Darüber hinaus stellten 30 % eine Erhöhung ihrer Ausstellungsfläche im kommenden Jahr in Aussicht (gegenüber 14 % im Vorjahr).

Nach einer Verschlankung im Jahr 2003 wechselten dann viele Unternehmen ihre Geschäftsführungen im letzten Jahr aus:
• Joseph Loggia, ehemals Präsident, wurde zum CEO von Advanstar Communications ernannt, während der Vorsitzende und ehemalige CEO des Unternehmens, Bob Krakoff, seine Pensionierung bekannt gab.
• Reed Exhibitions ernannte (endlich) einen neuen Präsidenten für das Nordamerika-Geschäft: Chet Burchett, ehemaliger Präsident und CEO der PR-Firma Burson-Marsteller.
• Nach acht Jahren als CEO von Penton Media gab Tom Kemp seinen Rücktritt bekannt. Der Abgang wurde ihm mit einer Abfindung von 2,4 Mio. US$ versüßt. Penton kündigte später an, dass Insider David Nussbaum, Executive Vice President der Firma, Kemp als CEO ersetzen solle; der Unternehmensvorsitz ging jedoch an einen Investor. Nur ein paar Tage nach seiner Ernennung - begleitet von einer Prämie in Höhe von 1,7 Mio. US$ bei Vertragsunterzeichnung - bildete Nussbaum die Geschäftsleitung des Unternehmens um.
• Der Verband The World Shoe Association, in dessen Besitz zwei der 20 größten US-Messen stehen, gab die Einstellung einer neuen leitenden Geschäftsführerin bekannt. Im Endeffekt ersetzte Diane Stone Chris Aiken, der als Nachfolger seiner Mutter Anne die WSA-Messen mehr als ein Jahrzehnt verantwortlich geleitet hatte.

Technologie-orientierte Firmen hatten weiterhin einen schweren Stand. Sowohl Penton als auch Comdex-Besitzer MediaLive (ehemals Key3Media) führten weitere Kostensenkungsmaßnahmen durch und strafften ihre Management-Ebenen. Im Juli verschob MediaLive die Comdex '04, was eine Reihe von Absagen bei Technologiemessen nach sich zog. IDG strich Comnet Conference & Expo; CMP Media gab bekannt, dass die im Oktober stattfindende Techxny (ehemals PC Expo) die letzte Veranstaltung sein werde; Hannover Fairs USA legte die gerade zwei Jahre vorher eingeführte CeBIT America auf Eis; und schließlich sagte die Ziff Davis Events Gruppe die als neuartige, zielgerichtete Technologiekonferenz gedachte Business 4Site nach nur einem Auftritt ab. Davon unbeeindruckt gab jedoch die auf die Veranstaltung von Familienausstellungen spezialisierte Firma H. A. Bruno die Premiere einer neuen Technologiemesse bekannt: Die C3 Expo wird das für die CeBIT vorgesehene Zeitfenster im Jacob K. Javits Convention Center in New York übernehmen.

In anderen Bereichen waren die Aktivitäten vorwiegend positiver Art. Mehr als 100 neue Ausstellungen wurden 2004 geplant, nach nur 40 im Jahr 2003 sowie 37 das Jahr davor. Die Jordan Edmiston Group Inc. sprach von 23 Kongress- und Messeübernahme- und Fusionstransaktionen 2004 mit einem Gesamtwert von 921 Mio. US$ gegenüber 18 Geschäftsabschlüssen in Höhe von 108 Mio. US$ 2003 sowie 33 Abschlüssen im Wert von 155 Mio. US$ 2002.
Die vom Wert her größte Transaktion war die Akquisition durch Bain Capital von M|C Communications, Veranstalter der Pri-Med Conference & Exhibition-Reihe. Der Kaufpreis in Höhe von 400 Mio. US$ war zwölfmal so hoch wie der M|C-Operating-Cashflow.

Darüber hinaus gab es mehrere weitere bemerkenswerte Abschlüsse:
• Advanstar Communications veräußerte sein gesamtes Kunstinventar, darunter zwei Messen, an Pfingsten Publishing.
• Cygnus Expositions erwarb neun regionale Baumessen von Cornerstone Expositions.
• dmg World Media kaufte die Canadian International Farm Equipment Show, die fünftgrößte Ausstellung des Landes, von Dawn Morris Productions.
• Hanley Wood Exhibitions übernahm die jährlich durch die National Roofing Contractors Association auf einer Fläche von etwa 8400 m2 durchgeführte Fachmesse.

Bei den börsennotierten Unternehmen waren die Finanzergebnisse gemischt. Advanstar Communications, Primedia und Jupitermedia verzeichneten Ertragssteigerungen für das Gesamtjahr, obwohl Nettoverluste noch immer die Norm waren. Penton Media erlebte zwar sinkende Erträge, war aber trotzdem noch in der Lage, die Wireless Developer Conference von Wilson Publications zu erwerben. Es war die erste Akquisition des Unternehmens seit Jahren.
Bei Viad kämpfte der Messebereich um das Gleichgewicht. Während Generalunternehmer GES Expositions die Einnahmen und das Betriebsergebnis im Laufe des Jahres stabilisieren konnte, erlebte die Messebau- und Design-Firma Exhibitgroup/Guiltspur einen Geschäftseinbruch um teilweise bis zu 25 %.

In der Tat war 2004 ein schlechtes Jahr für die meisten Messeunternehmen, die sich als letzte vom konjunkturellen Abschwung erholten. Mit einem Schuldenberg von 30 Mio. US$ gab Exhibit Dynamics auf und meldete Konkurs an. Dasselbe Schicksal ereilte Showtime Enterprises bei Schulden in Höhe von 5,3 Mio. US$. Positiver sah die Geschäftsentwicklung bei Sparks Exhibits & Environments aus: Das im Besitz von Marlton Technologies stehende Unternehmen steigerte den Ertrag im dritten Quartal des Jahres um ein Drittel und konnte somit die Nettoverluste verringern.

Als Ausdruck der Turbulenzen bei den gewinnorientierten Firmen erlebten die Messen branchenweit eine Vielzahl interessanter Veränderungen. Advanstar zog zwar den Damenbekleidungsbereich von MAGIC Marketplace aus dem Sands Expo & Convention Center ab, bestand jedoch darauf, die Miete zu zahlen, um die gebuchte Fläche aus Furcht davor freizuhalten, dass einer der neuen konkurrierenden Modemessen in Las Vegas die nahe gelegene Veranstaltungsstätte verwenden könnte. Diese Geschäftspolitik löste eine Reihe von Gerichtsverfahren zwischen den beiden Parteien aus und warf die Frage auf, ob Messeveranstalter durch derartige Geldzahlungen sich ihre Konkurrenten vom Leibe halten dürfen.
VNU Expositions drohte, mit der Outdoor Retailer von Salt Lake City wegzuziehen, wo die Messe vertraglich an das Salt Palace Convention Center gebunden ist. Den Behörden von Salt Lake County gelang es, die Ausstellung doch noch für sich zu behalten, indem sie ein großzügiges Angebot zum Ausbau des Salt Palace Centers machten und neue kostenlose Dienstleistungen für die Teilnehmer an der zweimal im Jahr stattfindenden Messe in Aussicht stellten.
Der Kampf im Hardwarebereich wurde damit beendet, dass die durch Reed Exhibitions veranstaltete National Hardware Show in Las Vegas die Erstlingsveranstaltung ihres ehemaligen Verbandssponsors, der in Chicago beheimateten American Hardware Manufacturers Association, in ihre Schranken verwies.

Nach dem Beispiel der Hardwarebranche trennten sich auch die Veranstalter und Verbandssponsoren von Messen der Speditions- und Telekommunikationssparten, um Konkurrenzveranstaltungen aus der Taufe zu heben. In anderen Bereichen wiederum - von Nahrungsmitteln über Geschenkwaren zu Metallverarbeitung - lautete die Devise Parallelveranstaltung.
Als erster Messeveranstalter überhaupt bot das Packaging Machinery Manufacturers Institute auch allgemeine Messedienstleistungen bei der Pack Expo an. Verwendet wurde ein von der Expo Group lizenziertes System. Das Echo auf das Einführungsserviceangebot war geteilt.

Bei den Veranstaltungszentren verlangsamte sich 2004 die Bautätigkeit weiter. Lediglich ein wichtiges neues Kongress- und Ausstellungszentrum, das Boston Convention & Exhibition Center, feierte im vergangenen Jahr seine Einweihung. Berichte über bedeutende neue Projekte waren ebenfalls selten:
• Im November genehmigte die Legislative des Staates New York die Mittel für einen Ausbau des Jacob K. Javits Convention Center.
• Das bereits im Bau befindliche World Market Center in Las Vegas segnete Pläne für zusätzliche 700 000 m2 feste sowie provisorische Ausstellungsfläche im Möbel- und Heimausstattungsbereich bis 2010 ab.
• Gaylord Hotels baut einen 500 Mio. US$-Gebäudekomplex in Washington, D.C. Darin enthalten ist eine Ausstellungshalle mit etwa 18 600 m2.
• Nach jahrelangen Bewerbungen um öffentliche Finanzierungsmittel erhielt Jackson, Missouri, endlich die Genehmigung für den Bau einer Halle mit knapp 8400 m2.
Noch mehr Projekte wurden gänzlich abgebrochen, was die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage nach Ausstellungsfläche noch enger werden ließ.
Dabei ist noch gar nicht die Rede von der Konsolidierung in der Branche gewesen, von den Arbeitsunruhen oder den außergewöhnlich zerstörerischen Hurrikans, die den Messemachern in den USA im vergangenen Jahr zu schaffen machten. Nach so vielen Turbulenzen im Jahr 2004 wird sich die Branche 2005 sicherlich auf weitere Stabilisierung freuen. Heidi Genoist

m+a report Nr.3 / 2005 vom 27.04.2005
m+a report vom 27. April 2005