Vier Fragen an Hans-Joachim Bruns, Bruns Messe- und Ausstellungsgestaltung GmbH, München:

Bruns bietet Messebau und Ladenbau gleichermaßen an. Wo liegen die Herausforderungen und Synergien dieser beiden Gewerke?

Messegestaltung und Ladenbau unterscheiden sich in einer grundsätzlichen Hinsicht: Die Gestaltung eines Messeauftritts hat allem voran zu berücksichtigen, dass es sich um ein temporäres Ereignis handelt, das beliebig oft wirtschaftlich und effizient wiederholbar sein muss. Hier gilt es eine Architektur auszuloten, die am Messeplatz Solidität vermittelt, obwohl schon in wenigen Tagen der gleiche Stand auf der anderen Hälfte der Weltkugel neu aufgebaut wird. In der Regel in abweichenden Maßen und unter veränderten Bedingungen.
Beim Ladenbau hingegen sind Konzepte gefragt, die mittelfristig dem schnell wechselnden Zeitgeist standhalten und dennoch das Unternehmen zeitübergreifend als individuelle Marke präsentieren. Allerdings hat sich in den letzten Jahren die Idee flexibler Ladenkonzepte durchgesetzt. Das heißt, dass durch modulare Ausstattungen der Laden mit möglichst geringem Aufwand immer wieder neu arrangiert werden kann. In diesem Sinne kann man behaupten, dass die Ladengestaltung schrittweise näher an den Prozess einer Messegestaltung heranrückt und von den Trends im Messebereich profitiert.
Daraus ergeben sich automatisch Synergien, die den vermeintlichen Spagat zwischen Laden- und Messegestaltung für uns und vor allem unsere Kunden interessant machen. Im Messedesign spielen wir ständig mit neuen Materialien und Designs. Dabei sind wir es gewohnt, uns hundertprozentig auf die Rahmenbedingungen einzulassen, die durch Standort und Größe des Messestandes vorgegeben sind. Diese Bedingungen lassen sich problemlos auf die Anforderungen einer Shopgestaltung adaptieren. Zudem verfügen wir natürlich über ein dichtes Netzwerk an Partnerschaften, von Schreinereien über Lichtgestalter bis hin zu Multimediaspezialisten, deren Erfahrung für die Realisierung unserer Ladenkonzepte wichtig ist.

Sind Messebauunternehmen in der Lage, einen Messestand herunterzubrechen auf andere Einsatzmöglichkeiten am POS, auf Kongressen oder anderen Präsentationsanlässen?

Um es kurz zu sagen: Davon leben wir. Nach unserem Selbstverständnis gestalten wir einen Messeauftritt so, dass die Kernaussage eines Unternehmens auf den ersten Blick erkennbar wird. Das ist unsere Kernleistung. Ob diese Idee dann in Form eines Messestandes übersetzt wird, einen Kongress begleiten soll oder in Form einer Ladengestaltung langfristig die Unternehmensphilosophie repräsentiert, ist zuletzt eine Frage der technischen Umsetzung. Und die beherrschen wir nach 25 Jahren Messegestaltung - mal salopp formuliert - eigentlich im Schlaf.

Unternehmen trauen Messebauunternehmen häufig nicht die Kompetenz zur übergreifenden Markenführung zu. Woher nehmen Sie dieses Know-how?

Zum einen natürlich, weil wir selbst in den 25 Jahren Bruns Messe- und Ausstellungsgestaltung unser Unternehmen als Marke etabliert haben. Vor allem aber sind unsere Messekonzepte streng am Kunden und seiner Markenführung ausgerichtet. Wir beschäftigen uns vorab intensiv mit dem Markenselbstverständnis unserer Kunden, aber auch mit der Markenakzeptanz ihres Publikums.
In einem zweiten Schritt wird dann festgelegt, wie die Marke am Messestand kommuniziert werden kann. Und dazu gehört schon weit mehr als die bloße Entwicklung der Standarchitektur. Was also die übergreifende Markenführung betrifft, steht diese am Anfang des Konzeptionsprozesses. Damit wird die Basis für weitere Aspekte der Markenführung definiert, beispielsweise eben auch für die Ausgestaltung von Laden- und Verkaufsflächen.
Wenn Ihre Frage allerdings eher auf die personelle Kompetenz in Sachen Markenführung abzielt: Nun, in der Messebranche kommen Menschen aus unterschiedlichsten Berufs- und Ausbildungsfeldern zusammen. Designer, Techniker, Handwerker und natürlich auch Marketingspezialisten. Unsere Mitarbeiterstruktur scheint mir hier sehr repräsentativ.

Werden sich nach Ihrer Einschätzung die Bereiche Messebau und Ladenbau eher auseinander entwickeln oder stärker zusammenwachsen?

Es ist ja derzeit in jeder größeren Stadt zu sehen, wie Markenartikler mit eigenen Shops auftreten und neue Zielgruppen ansprechen. Mit dem Ergebnis, dass ein Laden in Tokio exakt so aussieht wie in London oder New York. Die Chancen für ein näheres Zusammenrücken von Messe- und Ladengestaltung sind dadurch natürlich gegeben. Schließlich werden Messeauftritt und Shop zumindest in optischer Hinsicht identisch sein. Zuletzt wird daher vieles davon abhängen, welche Markenartikler sich zukünftig dazu entschließen, ihre Corporate Identity auf die Ladenarchitektur und -gestaltung auszuweiten.
Und wie immer werden auch kleinere und mittlere Unternehmen dadurch animiert, dieses erfolgreiche Konzept zu übernehmen. Dann liegt es schon aus wirtschaftlichen und logistischen Gründen auf der Hand, die Synergien zu nutzen und für Ausstellungsflächen, in welcher Form auch immer, auf die gleichen Partner zu setzen. Interview: Anja Müller

m+a report Nr.1 / 2005 vom 11.02.2005
m+a report vom 11. Februar 2005