Wände ohne Grenzen

Multifunktional oder mehrgeschossig: "Mobile Immobilien" machen (fast) alles möglich. Deshalb sind Zelte und Leichtbauhallen bei Events stark gefragt.

Ob auf Messen, bei sportlichen Ereignissen, Veranstaltungen aller Art oder auch auf privaten Feiern - Zelte sind aus dem Eventbereich nicht mehr wegzudenken. Sie haben sich im Laufe der Jahre immer stärker etabliert. Aus den früheren "Bierzelten" aus einfachen Zeltplanen mit Holzfußboden wurden die heutigen "mobilen Immobilien" aus Kunststoffsystemwänden mit integrierten Beleuchtungssystemen, Stoffverkleidungen, Teppichböden, Heizungsanlagen, Klimatisierung und vielem mehr. Mittlerweile sind auch zweigeschossige Zelte keine Seltenheit mehr. Was früher vielleicht als Notlösung galt, wird heute von vornherein in die Eventplanung mit einbezogen.
Beispielsweise auf Messen - und das aus gutem Grund. Während der Messen werden Außenflächen seit jeher zur Demonstration neuer Technologien, Maschinen oder Geräte genutzt. Die Messen richten sich dabei allerdings nicht nach der Wetterlage - oder umgekehrt. Schon so mancher Ausstellungsstand blieb bei schlechtem Wetter nahezu verwaist. Ein Schutz gegen Wind und Wetter ist daher für die meisten Ausstellungsflächen unerlässlich.
Auf ihrer 1500 m2 großen Freifläche zur bauma 2004 ließ der Baumaschinenhersteller Wacker durch das Atelier Damböck Messebau, Neufinsing, ein 500 m2 großes Zelt errichten. Das Besondere daran: Es war zweigeschossig, und eine Brücke im Obergeschoss führte zum Standleiterbüro, das die Stirnwand des Zeltes durchbrach - und durch eine große Glasfront den Blick auf das Freigelände ermöglichte.

Die mobilen Bauten sind allerdings noch viel mehr als nur Schutz vor Wind und Regen. Manche Präsentation erhält ihren exklusiven Touch erst durch das besondere Ambiente eines Zeltes. Wie beispielsweise bei der Maybach-Präsentation in Gstaad und Monte Carlo. Hier sorgten die innovativen Systemzelte von Fey Messedesign für den passenden Rahmen dieser Luxuskarosse. Die breite Palette der Systemelemente des Ulmer Unternehmens in verschiedenen Formen und Größen von 36 bis 400 m2 ermöglicht die unterschiedlichsten Kombinations- und Erweiterungsmöglichkeiten. Die Vorteile dieser modularer Zeltstrukturen liegen auf der Hand: Sie sind flexibel, variabel, mobil und erfordern nur eine kurze Bauzeit.

Auch die Innenraumgestaltung lässt häufig vergessen, dass man sich in einem Zelt befindet. Eine der luftigen Zeltkonstruktionen von Fey Messedesign leitet sich von einem historischen Kreuzgewölbe ab. Sie kommt ohne Außenabspannung und Innenstreben aus - dadurch entsteht der Eindruck eines filigranen Gewölbes mit einer großzügigen und offenen Atmosphäre. Damit der Kunde sich ein realitätsnahes Bild von "seinem" Zelt machen kann, können bei der Planung per PointLine CAD vorab Modulvarianten und die Gestaltung des Außen- und Innenbereichs durchgespielt werden.

Da die Gelände, auf denen die Zelte aufgebaut werden sollen, sehr unterschiedlich sind, sind die Anforderungen an den Zeltebauer beziehungsweise die Eventagentur manchmal recht abenteuerlich. So waren die Zeltprofis von Röder, Büdingen, gefordert, ein 30 x 65 m großes Veranstaltungszelt sowie das dazugehörige 750 m2 große Küchenzelt so auf die Kunstrasenflächen des neuen EM-Stadions am Rande Salzburgs aufzubauen, dass buchstäblich kein Halm geknickt wurde. Der Clou der Veranstaltung, ein deutscher beziehungsweise österreichischer Hyundai-Händlertreff: Am Nachmittag fand in dem Veranstaltungszelt bereits eine Tagung statt, ohne dass die Gäste bemerkten, dass sie sich inmitten eines Fußballstadions befanden. Hierzu wurden blickdichte Walkways aufgestellt, die die Gäste direkt in das abgedunkelte Zelt leiteten. Erst am Abend wurde den Gästen offenbart, wo sie sich eigentlich aufhielten.

Im Servicepark der WRC World Rallye Championship auf Sardinien entstand eine Röder-Zeltanlage, deren Kernstück in dieser Form zum ersten Mal errichtet wurde: das sehr ausladende Weinzelt GigaQuattro mit transparenten Dachelementen, kombiniert mit mehreren Hochpunkten und einem halben 8Eck-Walm am Haupteingang. Das Ganze wurde eingerahmt von 5 x 5 m-Pagoden, die als Ausstellungs- und Verkaufszelte dienten. Und für die eigene Homeshow errichtete Röder in Bad Orb eine exklusive Doppelstockkonstruktion als Bewirtungszelt. Im unteren Geschoss waren neben Empfang, Garderobe und Sanitärbereich zwei Konferenzräume und ein Showroom eingerichtet. Das Obergeschoss gliederte sich in einen Essbereich und eine optisch abgetrennte Lounge mit Bar. Durch die offene Gestaltung mit Glaswänden und teilweise transparentem Dach konnten die Gäste das herbstliche Ambiente des Kurparks genießen.

Der Einsatz von Zelten macht manche Veranstaltung überhaupt erst möglich. Wie sonst lässt sich kurzfristig Platz für 15 000 Gäste schaffen? Beispielsweise beim Jubiläumsevent der Firma Schott in Mainz. Diese Herausforderung wurde mit einer Zeltstadt gelöst. Hierbei wurden ein MagicSky als zentrale Überdachung für den Bühnenbereich, drei große Veranstaltungszelte, Pagodenzelte mit 24 dezentralen Cateringstationen und ein großes Crewzelt miteinander kombiniert. Insgesamt wurden 12 000 m2 Fläche überbaut. Eine perfekte Logistik sorgte dafür, dass die Gäste sich auch bei teilweise starken Regenfällen auf dem Gelände bewegen konnten, ohne nass zu werden. Ausgerichtet wurde dieses Mega-Event von der Eventagentur Quasar Communications aus Wiesbaden.

Als zur Fußball-Europameisterschaft 2004 die Abfertigungskapazität auf dem Flughafen von Lissabon nicht mehr ausreichte, sorgten kurzerhand die Zelthallen von Losberger Intertent, Bad Rappenau, für eine Erweiterung. Der temporäre Flughafenkomplex "Terminal 2" umfasste insgesamt eine Fläche von 8000 m2. Davon bestanden 5500 m2 aus Losberger-Zelten. Ein existierender Hangar mit 2500 m2 wurde als Warte- und Aufenthaltszone integriert. Kernstück der Anlage war ein Zelt mit 40 m Spannweite und 105 m Länge. Es diente der Fluggastabfertigung und war mit einer den internationalen Sicherheits- und Logistikbestimmungen entsprechenden Ausstattung versehen, wie zum Beispiel Check-in, Metalldetektoren, x-Ray-Control, Gepäckband et cetera. Uwe Braun, Prokurist und Leiter der Vermietung: "Wir haben bei diesem Projekt auch für die speziell auf die Zelthallen ausgerichtete Klimatisierung gesorgt und die Lieferung und Installation der erforderlichen Sanitäranlagen übernommen."

Nach Aussage von Jörg Kohlhaas, Kohlhaas-Messebau, Germering, liegt im Moment der Einsatz von Stretchstoffen in jeder Form und Farbe im Trend. Hiermit lassen sich Raumskulpturen und Räume selbst schaffen. Die HMS Event Service GmbH, Heilbronn, ist nicht nur Event-Dienstleister im Bereich Zeltinnenverkleidung, sondern hat auch die Sparte Easy Stretch Company gegründet. So lassen sich beispielsweise Spannsegel als architektonisches Stilmittel einsetzen. Roland Weiss, Vertrieb und Marketing: "Durch unsere Spannsegeldekorationen, einer absoluten Neuerung im Bereich Innengestaltung und Dekoration von Zelten, gehen wir neue Wege der Zeltgestaltung." Ihre unterschiedlichen Formen und Farben sind eine innovative Art der Innengestaltung. Sie sind außerdem projektionsfähig für Licht- und Logoprojektionen und bieten dadurch zusätzliche Werbemöglichkeiten. Und ganz im Sinne des einheitlichen Auftritts hat das Unternehmen gleich die jeweils passenden Stehtischüberzüge Galactica entwickelt.

Da die Anforderungen an Zelte steigen, schreitet die Entwicklung im Zeltebau immer weiter fort. So präsentierte die Fullservice-Agentur H & T Services, Halstenbek bei Hamburg, Anfang März 2004 auf der World of Events in Wiesbaden den "Ballroom", ein kugelförmiges Veranstaltungszelt mit variabler Grundfläche. Ballroom gibt es aus transparentem oder auch aus komplett lichtundurchlässigem Material. Die großzügige Raumhöhe macht sogar den Einbau einer Empore möglich, so dass die Kugel ebenso als Doppelstockzelt genutzt werden kann.

Rund ging es auch im Millennium-Dom zur 100-Jahresfeier der FIFA an der Oper in Zürich zu. Hierfür baute die Firma de Boer, Recklinghausen, eine 50 m breite frei tragende Rundarena mit einer Innenhöhe von 15 m auf. Das Zelt bot Platz für 1300 geladene Gäste aus aller Welt. Für den Backstagebereich wurde aus Platzmangel ein Doppelstockzelt errichtet, für Catering und Sanitär kamen noch mal diverse Strukturen hinzu. Jan de Boer, Leiter der Schweizer Niederlassung: "Diese ,Temporären Bauten' sind innerhalb von nur zwei Wochen aufgebaut worden."

Eine Kugel gibt es neuerdings auch im Fuhrpark der bücking concept GmbH, Essen: Versehen mit einer mobilen Traglufthalle in Form einer 15 m hohen Kugel stellt der "Show XVI" eine Aktionsfläche von circa 165 m2 für Produktpräsentationen, Vorträge oder Events zur Verfügung. Die Hülle besteht aus einer lichtdurchlässigen Haut, so dass zum Beispiel Lichtprojektionen im Inneren des Trucks, die bis zu 360° reichen können, bei Dunkelheit auch von außen sichtbar sind. Die Kugel der mobilen Traglufthalle kann wahlweise auch mit einer zusätzlichen Hülle, zum Beispiel als Weltkugel, Fußball oder mit einer kundenspezifischen Darstellung versehen werden. Erstmalig war dieser Truck auf der 60. IAA Nutzfahrzeuge 2004 in Hannover für die Universal Leasing Gesellschaft im Einsatz. Die Aktionsfläche kann aber noch erweitert werden, indem der Truck mit einem zweiten, fast identischen Präsentationsmodell, dem "Show X", mit Hilfe von Tunnelelementen verbunden wird.

Auf der EuroShop 2005 in Düsseldorf wird es eine weitere Weltneuheit geben: Das SwissModul-400 der Pro-Tent AG, Zürich. Der erste öffentliche Auftritt von SwissModul-400 war im April 2004 anlässlich der weltweit wichtigsten internationalen Erfindermesse in Genf. Eine 72-köpfige internationale Fachjury aus 42 Ländern prämierte das Produkt mit einer Goldmedaille. SwissModul-4000 ist ein faltbarer Messestand beziehungsweise ein mobiles Architektur-Zeltsystem. Aus diesem modularen Baukasten lassen sich nahezu unzählige Standvariationen bis circa 4,5 m Höhe aufbauen, und das sowohl im Indoor- als auch im Outdoor-Bereich.

Nicht nur Zeltbauten, sondern auch Leichtbaupavillons sind flexibel und schnell auf- und abbaubar. Die Haltec Hallensysteme GmbH, Hemer, hat sich auf beides spezialisiert. Die Zelte bestehen aus einer flexiblen Konstruktion mit Aluminiumprofilen und sind dadurch vielseitig variierbar. Das einfache Stecksystem ohne viele Kleinteile ermöglicht den Aufbau fast ohne zusätzliches Werkzeug. Auch die Hallen lassen sich durch verschiedene Ausstattungsmöglichkeiten mit Vordächern, unterschiedlichen Türen, Toren, Fenstern und Andockstationen individuell variieren. Verschiedene Wandfarben, farbige Kantteile oder gebogene Dächer erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten.

Die Design Company in München, Messebau- und Markenführungsspezialist, wird immer häufiger mit der Nachfrage nach Außenpavillons konfrontiert. Geschäftsführer Hubert Grothaus: "Wir entwickeln gezielt mobile und flexible Leichtbaupavillons, die vom schnellen Auf- und Abbau sowie vom Kostenrahmen Zeltbauten ähneln." Es ist zu einer erfolgreichen Nische für die Agentur geworden. Denn trotz der Notwendigkeit und Nachfrage bietet der Markt keine Mietmöglichkeiten von Leichtbauhallen. Eingesetzt wurden die Leichtbauhallen beispielsweise im vergangenen Jahr bei der Neueinführung des MINI Cabrios in Barcelona und des 1er-BMW. Dabei mussten die Pavillons extremen Belastungen standhalten. In Barcelona waren sie über einen mehrwöchigen Zeitraum im Dauereinsatz, bei der BMW-Roadshow musste eine eigens konstruierte Leichtbauhalle in 22 europäischen Metropolen innerhalb von 72 Stunden auf- und abgebaut und transportiert sein. Hubert Grothaus ist sicher, dass Leichtbauhallen in den nächsten Jahren noch viel stärker nachgefragt werden. Angela Wiegmann

m+a report Nr.1 / 2005 vom 11.02.2005
m+a report vom 11. Februar 2005