Der theoretische Teil einer Messe wird immer wichtiger

Michael Hoppe, Head of the Department CeBIT, CeBIT Events Worldwide, über den Anspruch "Made in Germany” Netzwerke und VIPs.

Wo liegt der Unterschied in der Planung einer Messe in Deutschland und einer in Asien?

Jede Veranstaltung in einem anderen Land, auf einem anderen Kontinent, wird von den nationalen Gepflogenheiten beeinflusst. Es gibt unterschiedliche Verhaltensweisen im Standbau, in der Messestandgestaltung, in der Abwicklung, das Publikum generiert sich anders.

Können Sie einige Unterschiede nennen? Zum Beispiel im Standbau?

In Deutschland dauert der Standbau wesentlich länger. In China rücken ganze Hundertschaften an, die in kürzester Zeit ein Gelände, einen großen Einzel- oder Gemeinschaftsstand aufbauen. Auf der CeBIT Hannover dauert der Aufbau bis zu drei oder vier Wochen. Ein weiterer Unterschied ist die Art des Bauens. Bei uns gibt es strenge Regularien - in China werden Stände mit Hilfe von Bambusgerüsten gebaut. Nicht nur Messestände, sondern komplette Hochhäuser entstehen auf diese Weise.

Arbeiten die deutschen Aussteller überwiegend mit regionalen Messebauunternehmen zusammen?

Die großen Messebauer, wie unser Partner mac, haben Vertretungen vor Ort und arbeiten dort auch mit chinesischem Personal.

Behalten die deutschen Aussteller in der Regel ihr "deutsches" Konzept bei oder gehen sie auf die Besonderheiten des Landes ein?

Deutschen Aussteller sind zum großen Teil über den deutschen Gemeinschaftsstand organisiert. Dadurch bedingt, und da die Abwicklung bei Hannover Messe International (HMI) oder meinem Team liegt und wir mit deutschen Architekten zusammenarbeiten, ist der deutsche Standard klar zu erkennen. Und auch der Anspruch "Made in Germany" steht beim Gemeinschaftsstand im Vordergrund. Demzufolge wird ein deutsches Unternehmen immer als solches auftreten. Nichtsdestotrotz müssen sie sich anpassen und Material auf Chinesisch vorbereiten, eine Hostess vor Ort engagieren, die Chinesisch spricht, sich auf die Themen einstellen.

Gibt es einen Leitfaden der Deutschen Messe AG für Aussteller in Asien?

Es ist von uns eher ein verbales "An-die-Hand-nehmen". Wenn wir den deutschen Gemeinschaftsstand betreuen, dann erfolgt dadurch ein ständiger Austausch mit den Ausstellern. HMI führt ein spezielles Trainingsprogramm durch. Es existiert aber sehr umfangreiches Informationsmaterial.

Gibt es während einer Messe bestimmte Rituale oder Zeremonien?

Es ist bei der Eröffnungsveranstaltung unbedingt erforderlich, dass die wichtigsten chinesischen Teilnehmer auf dem Podium platziert werden, auch wenn sie keine "sprechende" Rolle haben. Auch müssen die ersten Reihen unbedingt als VIP-Plätze deklariert werden, weil sonst der eine oder andere sehr pikiert wäre. Nur Personen mit einem bestimmten Rang, etwa ein Minister, darf das Band zur Eröffnung durchschneiden. Da das Thema Netzwerk in China außerordentlich wichtig ist, werden wir in Zukunft noch mehr Get-together-Termine einrichten, um sich auf einer halb privaten Ebene treffen und Geschäfte abwickeln zu können. Den offiziellen Touch mögen die Chinesen nicht, eine Messe muss immer eine Kombination mit Privatem, mit persönlichen Meetings sein.

Wie setzen sich die Besucher zusammen?

Es gibt zwei große Besuchergruppen. Die Regierung mit ihren Delegationen, die dazu "auserkoren" werden. Und den Endverbraucher. Der "echte" Handel ist eher selten anzutreffen, er wird über kleine Events wie Firmenveranstaltungen erreicht. Auf diese Situation haben wir uns eingestellt und einen Handelsmarktplatz aufgebaut; "Planet Reseller" ist ein absolutes Novum auf einer chinesischen Messe. Auf diesem Sonder-Gemeinschaftsstand treffen Distributoren und Reseller auf ihre Händler.

Welche Rolle spielen Symposien und Konferenzen auf asiatischen Messen?

Symposien und Konferenzen spielen eine immer größere Rolle. Der theoretische Teil einer Messe wird immer wichtiger, da die Chinesen ein starkes Interesse daran haben, sich weiterzubilden und bei internationalen Themen mitreden zu können. Viel wird dabei über die Regierung abgewickelt. Verbände sind in China so strukturiert, dass es nicht einen zentralen, sondern viele verästelte Verbände gibt. Das bedeutet, man muss viele Verbände als Partner haben, damit diese ihre Mitglieder einladen und so Werbung für eine Veranstaltung machen. Über diese Schiene kommen die Regierungsbesucher zur Messe. Diese organisieren kleine Foren und Konferenzen zu bestimmten Themen, und schnell hat man eine Gruppe von mehreren Hundert Leuten im Saal.

Wie ist die Zusammenarbeit mit chinesischen Behörden?

Messen in China müssen manchmal sehr bürokratisch abgewickelt werden. Wenn man bei einem bestimmten Problem nicht gleich die höchste Ebene anspricht, wird der weitere Verlauf sehr zähfließend. Wir haben beispielsweise Sponsorflaggen aufgehängt und deren Größe ohne nachzumessen aus Zeitgründen mit "circa fünf Quadratmetern" angegeben. Das war aber nicht genau genug. Also mussten wir sie wieder abnehmen und mit dem Zentimetermaß nachmessen. Und siehe da, sie waren nur 4,93 m2 groß. Damit war es aber leider noch nicht getan, denn wir konnten sie trotzdem noch nicht aufhängen: Es musste erst ein Antrag ausgefüllt werden. Und das kam uns dann doch sehr bekannt vor!
Interview: Angela Wiegmann

m+a report Nr.8 / 2004 vom 08.12.2004
m+a report vom 8. Dezember 2004