Positive Beziehungsebene zahlt sich immer aus

Robert Campbell, Uniplan Vice-President, Basel, über das langsame Bedeutungswachstum von Events und das Formulieren eingängiger Claims.

Wo liegt der Unterschied in der Planung eines Events in Deutschland und eines in Asien?

Derzeit erleben Messen in China einen Boom, andere Bereiche der Live-Communication, wie beispielsweise Events, stehen noch am Anfang. Die Automobiler sind die ersten Unternehmen, die neben ihren Messebeteiligungen beginnen, Roadshows zu organisieren oder Händlertrainings durchzuführen.
Der Grund dafür ist sicher, dass Messen die Möglichkeit bieten, Produkte einem breiten Publikum zu präsentieren, während Events wesentlich gezielter zur Wettbewerbsdifferenzierung und Kundenbindung eingesetzt werden können. Dies ist jedoch nicht ganz so einfach, da die regionalen Unterschiede in China - auch innerhalb des Landes selbst - gewaltig sind. Am besten informiert sind die Bewohner der großen, "offenen" Küstenstädte wie Beijing, Guangzhou, Shenzen, Shanghai und Hongkong. Sie haben einen guten Zugang zu westlichen Produkten und wissen meist über neue technische Entwicklungen auf den internationalen Märkten Bescheid.

Gibt es Unterschiede in der Planung eines Events?

Das ist vom Ablauf her in Asien ähnlich wie in Europa. Besonderheiten ergeben sich aus den kulturellen Unterschieden. Bedeutende, international agierende Unternehmen sind bestrebt, ihre Markenwerte auf der gesamten Welt einheitlich unter einer "Global Brand" zu präsentieren. In China stößt diese Strategie jedoch an Grenzen. Das fängt schon beim Gebrauch eingängiger Claims oder der Formulierung von Eventmottos an. Doch kulturelle Hindernisse ergeben sich nicht nur aus den Gegensätzen zwischen westlicher und östlicher Kultur. Auch die Unterschiede innerhalb Chinas sind groß. Durch die starke kulturelle Zersplitterung des chinesischen und asiatischen Marktes insgesamt ist es für Agenturen unerlässlich, an mehreren Standorten präsent zu sein, um konzeptionell, aber auch in der Umsetzung des Events auf die unterschiedlichen Gegebenheiten vorbereitet zu sein.

Welchen Stellenwert haben persönliche Beziehungen?

Die Pflege der persönlichen Beziehungen, Guanxi genannt, ist das A und O des Geschäftslebens. Zeit zu investieren, um eine positive Beziehungsebene zu schaffen, zahlt sich in China immer aus.

Wie setzen sich Ihre Teams vor Ort zusammen?

Bei der Zusammenstellung der Teams achten wir besonders darauf, interkulturelle Gruppen zusammenzustellen. Denn trotz der Öffnung gegenüber den westlichen Kulturen wirken asiatische Events und Messeauftritte für unseren europäischen Geschmack fremd. Umgekehrt lässt sich das durch westliche Wert- und Geschmacksvorstellungen geprägte Bild einer Marke nicht eins zu eins auf chinesische Verhältnisse übertragen. Ein Team mit Experten aus dem asiatischen wie dem westlichen Kulturkreis sichert eine zielgruppengerechte Ansprache, aber auch das Verständnis beim Auftraggeber für notwendige Adaptionen. Und es bietet schließlich die Gewähr dafür, dass Werte und Wahrnehmungen aus unterschiedlichen Kulturkreisen miteinander harmonieren.

Gibt es bestimmte Rituale wie das Durchschneiden eines Bandes zur Eröffnung?

Besondere Rituale sind mir nicht bekannt. Die chinesische Gesellschaft ist jedoch durch eine klare Rangordnung gegliedert. Somit sind der Auswahl der Gäste, der Abfolge von Rednern oder der Einteilung einer Sitzordnung sicherlich mehr Aufmerksamkeit beizumessen, als dies in der westlichen Gesellschaft der Fall ist.
Wichtig ist auch, sich im persönlichen Gespräch Zeit für das Übergeben von Visitenkarten zu nehmen. Dabei wird darauf geachtet, dass die Visitenkarte mit beiden Händen überreicht wird. Ein eher beiläufiges Übergeben der Business Card, so wie wir es kennen, wird als unhöflich empfunden.

Gibt es in den unterschiedlichen asiatischen Ländern unterschiedliche Messekulturen?

Schon innerhalb Chinas ist das Spektrum der Messe- und Eventkulturen extrem breit. Umso mehr gilt das für den asiatischen Raum insgesamt. Von einem einheitlichen asiatischen Markt zu sprechen, macht genauso wenig Sinn wie beispielsweise ganz Europa unter einen Hut zu packen.

Was sind die wirklichen Unterschiede und wie wichtig sind sie für die Organisation eines erfolgreichen Events?

Während im Westen Marketingbotschaften meist sehr raffiniert verpackt daherkommen, sind Produktversprechen in China viel direkter und häufig unmittelbar mit sexuellen Inhalten verknüpft. Der altbekannte Satz "Sex sells" gilt in einem Land wie China, in dem Sexzeitschriften erst seit kurzem frei verkauft werden dürfen, in besonderem Maße. Auf Messen und Events sichert die Präsenz von leicht bekleideten Frauen - und auch Männern - ohne Frage die Aufmerksamkeit des Publikums. Eine besondere Rolle spielen auch tänzerische Darbietungen. In China wurde über viele Jahre nicht getanzt, und der Normalbürger hat es nie gelernt. Deswegen ist Tanz heute immer noch eine angesehene Technik.

Haben Symposien und Konferenzen den gleichen Stellenwert wie bei uns?

Symposien und Konferenzen spielen im Vergleich zu Messen eine eher unbedeutende Rolle. Das Publikum möchte konsumieren, möchte Statussymbole erschaffen, und dadurch sind die großen Konsummessen weit wichtiger als Begleitveranstaltungen. Das gilt besonders für die Automobilmessen, auf denen die Fahrzeuge und Models häufig durch Absperrungen geschützt werden müssen, weil sie sonst vom Publikum überrollt würden. Die Eintrittskarte zur "Auto China" im letzten Jahr kostete den für dortige Verhältnisse horrenden Preis von umgerechnet mehr als 20 EUR. Trotzdem waren die Hallen zum Bersten voll, und man musste mehrere Stunden anstehen, um überhaupt reinzukommen.
Interview: Angela Wiegmann

m+a report Nr.8 / 2004 vom 08.12.2004
m+a report vom 8. Dezember 2004