Konsumgüter: Immer den Märkten hinterher

In Asien spielt die Musik, wenn es um Konsumgüter geht. Die Gesellschaft ist im Umbruch und der gesamte Kontinent birgt ein enormes Käuferpotenzial.

Wenn heutzutage jemand bei China an die gelbe Gefahr denkt, dann meint er nicht mehr Maos revolutionäre Massen, sondern höchstens den Möbelriesen Ikea. Die Schweden zeigten mit als Erste, wo es langgeht. Sie hatten die Zeichen der Zeit früh erkannt und das Reich der Mitte mit Hilfe von Billy und Klippan erfolgreich erobert. Höhere Einkommen, eine gewisse Liberalität der Regierung in Wirtschaftsfragen und die Einkindpolitik haben aus vielen Chinesen kauffreudige Konsumenten gemacht. Gerade in den Städten steigt die Zahl derer, die sich auch die schönen Dinge des Lebens leisten können. Chinas Wirtschaft boomt. Dank Wachstumsraten von über 9 %, die Marktforscher von ACNielsen gehen allein beim Einzelhandel im Schnitt von 10 % aus, steht Anbietern aus aller Welt ein Heer von Kaufwilligen gegenüber.
Trotz des Quantensprunges im Konsum, neben der Luxusklientel, die in erster Linie französische und italienische Edelmarken bevorzugt, gibt es viele, die sich erst einmal für preisgünstige Konsumgüter interessieren. Auch in den reichsten Regionen Chinas, im Perlflussdelta, sitzt das Geld noch nicht sehr locker. Laut Bundesagentur für Außenwirtschaft in Köln gibt es aber eine Menge Nischenbereiche, die Chancen für deutsche Qualitätsprodukte böten. Denn noch vor dem Preisbewusstsein rangiere bei den Chinesen die Qualität.
Dies vor Augen geben sich Wirtschaftsdelegationen verschiedenster Branchen schon seit geraumer Zeit im Land der Mitte die Klinke in die Hand. Dementsprechend lohnt es sich auch für deutsche Messegesellschaften in China die Werbetrommel zu rühren. Die Messe Frankfurt zum Beispiel begab sich im Oktober auf Promotiontour zu den boomenden Messeplätzen der Chinesen. Messechef Michael von Zitzewitz und Petra Roth, OB der Mainmetropole und Aufsichtsratsvorsitzende der Messe, warben für die Auslandstochter der Frankfurter, die als Veranstalter allein in China 17 Messen organisiert. Im Herbst ging es unter anderem darum, zusätzlich zu schon existierenden Messen die Konsumgütershows Ambiente und Tendence Lifestyle nach China zu exportieren. Grund: Die Messe folge den Märkten, so Zitzewitz gegenüber der FAZ. Zurzeit finde ein Strukturwandel statt. Die Hersteller kämen nicht mehr in die Anbietermärkte, sondern die Einkäufer zu den Herstellern. Deren Fabriken aber stehen vor allem in Asien.
Da sich der Berg nun zum Propheten aufgemacht hat, gibt es zahlreiche Initiativen, Asiaten für Produkte Made in Germany zu begeistern. In diesem Jahr werden zum Beispiel der Duft von Glühwein und Lebkuchen und der Klang deutscher Weihnachtslieder zum ersten Mal über Straßen und Plätze in Seoul, der Hauptstadt Südkoreas, ziehen und einen Hauch Weihnachtsstimmung vermitteln. Ein deutscher Weihnachtsmarkt wird fast den gesamten Dezember im COEX Outdoor Square Center Seoul stattfinden und bietet die Möglichkeit, den Absatz deutscher Produkte in Korea zu testen und sie einem breiten Publikum bekannt zu machen. Es werden mehr als eine halbe Million Besucher während des Weihnachtsmarktes erwartet. Schützenhilfe bekommen die Aussteller von der IHK Ostthüringen zu Gera in Kooperation mit der Deutsch-Koreanischen Auslandshandelskammer in Seoul. Für eine Firmenbeteiligung ist nicht einmal die Teilnahme eines Firmenvertreters vor Ort notwendig. Die Produkte werden durch fachkundiges und vorab geschultes Personal an die koreanischen Kunden vermittelt. Ebenso ist die Vermittlung von Kontakten zu potenziellen koreanischen Partnern möglich.
Durch die schnelle Entwicklung des koreanischen Lebensstandards über die letzten zwei Dekaden und mit einer Bevölkerung von 48 Mio. hat sich Korea zu einem wichtigen Markt für Konsumgüter entwickelt. Besonders beliebt bei den koreanischen Shoppern sind die Produkte Made in Germany. Insbesondere deutsches Kunstgewerbe, hochwertiges Porzellan, Handwerksprodukte und Konsumgüter jeder Art finden in Korea hervorragenden Absatz. 2003 wurden allein aus Deutschland Konsumgüter in Höhe von 1,94 Mrd. US $ importiert.
Mit anhaltendem überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum in der Region wächst auch die Zahl derer, die außerhalb Chinas über die Mittel zum Kauf von Konsumgütern des gehobenen Bedarfs verfügen.
Selbst wenn man ein Land wie Japan nicht berücksichtige, das weltweit einen der attraktivsten Gebrauchsgütermärkte bilde, erscheine eine Schätzung von 200 bis 300 Mio. Menschen nicht unrealistisch, die als Nachfrager für qualitativ hochwertige Konsumgüter in Betracht kommen, so das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in seiner Wirtschaftstrategie Asien-Pazifik. Allerdings sei der Anteil von Gebrauchsgütern am deutschen Export in die Länder des asiatisch-pazifischen Raums nach wie vor gering. Er liege durchschnittlich bei weniger als 5 %. Da Konsumgüter aus Deutschland in der Region einen guten Ruf genössen, seien hier vermehrte Anstrengungen angezeigt, sei es durch einzelunternehmerische Aktivitäten oder durch organisierte Maßnahmen zur Markterschließung, etwa die Durchführung von Kooperationsbörsen, Symposien oder Messebeteiligungen.
Das gilt natürlich auch für den japanischen Markt. Mit der Interior Lifestyle, der internationalen Messe für den japanischen Konsumgütermarkt ist es der Messe Frankfurt gelungen, sich im Land der aufgehenden Sonne zu positionieren. Nach Jahren des wirtschaftlichen Niedergangs erholt sich Japan langsam aber sicher. Das Interesse an Konsumgütern wächst und die Importe, gerade von Möbeln, Accessoires und Textilien ziehen wieder an. Ein Trend, den sich auch die Lausitzer Glashütte AG, ehemals Glashütte Döbern zunutze macht. Frank Mader, Vorstandsmitglied Marketing und Vertrieb konnte auf der Messe die schon vor der asiatischen Wirtschaftsflaute guten Kontakte nach Japan reaktivieren. Neben Japan ist aber China für Mader der Markt der Zukunft: "Wir werden auf jeden Fall dort präsent sein und auch ein Engagement in Hongkong ist fest eingeplant." Dabei sei es wichtig, erst einmal Kontakte zu knüpfen. Eine einmalige Messebeteiligung, so der Marketingchef, bringe keinen Erfolg. Man müsse langfristig denken und investieren und nicht direkt auf das große Geschäft hoffen.
Ähnlich denken viele. Neben Japan (176) und China (84) stellte Deutschland mit 46 Unternehmen die größte Gruppe der insgesamt 518 Aussteller, die sich auf der vergangenen Interior Lifestyle präsentierten. Aussteller- und Besucherbefragungen ergaben, dass beide Gruppen mit dem Verlauf der Messe sehr zufrieden bis zufrieden waren.
Auch in Hongkong begrüßen Hersteller und Händler die Entwicklung im Konsumgüterbereich. Die zu diesem Termin neu implementierte Summer Sourcing Show for Gifts Houseware and Toys verzeichnete im sonst umsatzschwachen Juli mehr als 33 000 Besucher im Hong Kong Convention and Exhibition Centre (HKCEC). So kamen die rund 1300 Aussteller aus 19 Ländern auf ihre Kosten. Fünf Themenschwerpunkte bestimmten das Angebot: Essen & Kochen, Spaß & Spiel, Geschenkideen, das Leben zu Hause sowie Style & Decor. "Wir dachten nicht, dass die Messe solch einen Erfolg haben würde", erklärte Alice Lo, Marketing Manager von Ideal Trade, einem Hersteller von Geschenken und Prämienartikeln aus Hongkong. Auch dort lautete für viele Aussteller die Devise: Go East. Fontex Corporation Limited etwa bietet sein Sortiment von Kissen, Tischdekoration und anderen Accessoires rund um den gedeckten Tisch sonst in Deutschland an und war mit der ersten Messebeteiligung sehr zufrieden. Otto Umbach, Managing Director der Einkaufskooperative Idee & Spiel findet Gefallen an der Erweiterung des Messeangebotes: "Ich bin regelmäßig zu Gast in Hongkong, um immer auf dem Laufenden zu sein. Im April habe ich schon einige Neuheiten auf der Hong Kong Gifts & Premium Fair ausgemacht. Im Juli konnte ich dann mit konkreten Aufträgen wiederkommen. Annic Kolbrück

m+a report Nr.8 / 2004 vom 08.12.2004
m+a report vom 8. Dezember 2004