Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Werbung im Megaformat boomt. Bei Einzelkampagnen wird richtig losgelegt. Standard ist out, Riesenplakate, Megaposter und Special Effects sind in.

In Zeiten knapper Marketing-Etats ist es umso wichtiger, sich in den Kampagnen zu fokussieren und nicht nach dem "Gießkannenprinzip" zu verfahren. So lassen sich wichtige Botschaften mit Nachdruck kommunizieren. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich daher für den Einsatz von Großbildern als Werbeform. Klotzen, nicht kleckern lautet die Devise. Und so sind Poster von über 1000 m2 keine Seltenheit mehr. Ein spektakuläres Einzelplakat an exponierter Stelle ist nun einmal auffälliger und hat einen stärkeren Einfluss auf den Betrachter als ein Dutzend Plakate an den Straßen. Nach Angaben von Britta Amara, Manager Marketing Communication, Sony Deutschland GmbH, macht's jedoch der Mix: "Gerade zu großen Messen wie der Photokina lassen sich Highlights setzen, indem man zusätzlich zu den Motiven auf dem Messestand vor Ort mit Citylightpostern/-boards und Megapostern arbeitet. Für den Konsumenten schließt sich der Kreis, wenn er dann auf dem Messestand mit den gleichen Botschaften und Motiven in Berührung kommt - aus meiner Sicht der Optimalfall." Sony hatte zur Photokina einen der vier Megaprint-Aushängeplätze an den Hallenaußenwänden der Koelnmesse angemietet.

Einer der Gründe, warum die IAA Nutzfahrzeuge 2004 für die VW Nutzfahrzeuge (VWN) so erfolgreich verlaufen ist, war sicherlich auch das Einbinden von Plakaten in das Kommunikationspaket. Zu den "normalen" Plakaten, die zum Messebesuch einluden, kam ein aufmerksamkeits- und imagestarker Auftritt durch ein 400 m2 großes Poster an einer Hochstraße in der Innenstadt Hannovers mit dem Slogan "Hannovers schönste Ecken" - und der Abbildung der drei aktuellen VWN-Modellreihen. Dirk Tuchow, Leiter Marketing-Kommunikation VW Nutzfahrzeuge: "Viele Menschen bringen VW ausschließlich mit Wolfsburg in Verbindung. Hier in Stöcken werden jedoch auf 1,2 Mio. m2 VW-Nutzfahrzeuge produziert. Mit diesen Plakataktionen wollten wir nicht nur auf die IAA hinweisen, sondern auch Hannover als VW-Standort bekannter machen."

Ein Unternehmen, das diese neuartigen Bildformen verstärkt umsetzt und produziert, ist der Bilddienstleister Reger. Die Reger Studios, die sich nach einer Neupositionierung gezielt nur noch "Reger" nennen, gestalten den Einsatz von Großbildern auf Messen, Events und am POS. Ein mit dem ADC Award ausgezeichnetes Beispiel ist das bekannte BMW-Take-off-Projekt am Münchner Flughafen. Das in sich gedrehte, fast 90 m lange flügelartige Objekt besteht aus 363 mit neuester Technik bedruckten Aluminiumlamellen. Mit jeder Bewegung des Betrachters verändert sich das Bildmotiv. Das Münchener Unternehmen unterstützte hierbei alle Maßnahmen entlang der Wertschöpfungskette Bild. Reger hat sich im unübersichtlichen Angebot der Bilddienstleistung auf die Zusammenarbeit mit Markenunternehmen wie BMW, Audi, Strenesse oder Escada spezialisiert. Das Firmencredo lautet: "Bilder machen Marken." Wo schaffen Bilder einen Mehrwert? Wie erzeugen Bilder ein Image? Wo immer Bilder eine Marke im Aufbau unterstützen, schaltet sich Reger ein. Frank Reger, Geschäftsführer: "Sagen Sie mir eine Marke, von der Sie kein Bild im Kopf haben? Es wird Ihnen keine einfallen. Deswegen muss auch im Großbildbereich die Marke verstanden werden."
Neuestes Beispiel ist der Auftritt der Firma Life Fitness, Marktführer im Bereich Fitnessgeräte und Aussteller auf den Sportmessen FIBO und body life. Es galt, die Marktführerschaft und die Größe des Kunden in einem offenen und übersichtlichen Standkonzept hervorzuheben. Reger hat nicht nur die komplette Grafik konzipiert und produziert, sondern auch den gesamten Messebau entworfen.

Die heutigen Messehallen ermöglichen den Ausstellern die Umsetzung immer neuer Standentwürfe - und somit auch den Einsatz von Megapostern. Die frei tragende Messehalle 3 in Frankfurt beispielsweise hat eine Höhe von 13 m. Das hat sich die ProFair GmbH aus Hilden für ihren Kunden Keuco auf der ISH zu Nutze gemacht: Großflächige Motive hingen im Raster 4 x 4 m auf der gesamten Außenhaut des 8 m hohen Gebäudes. Diese Großbilder hatten einen hohen Wiedererkennungswert, denn der gesamte Messeauftritt war in die Kommunikationsstrategie des Ausstellers eingebettet. Die einzelnen Bestandteile des Standes sowie das Messeevent, die Einladungen, die klassische Werbung und der Internetauftritt waren aufeinander abgestimmt. Zur Messe ist eine neue Broschüre erschienen, in der sich alle dort verwendeten Motive als Großbilder auf dem Stand in hundertfacher Vergrößerung wiederfanden.
Dieser Trend zu Großbildern auf Messen hat auch noch einen weiteren Vorteil: Weniger ist - manchmal - einfach mehr. Viele optische Eindrücke stürzen auf den Messebesucher ein, da kann ein Bild eine wohltuend beruhigende Wirkung ausüben.

Riesenposter tauchen aber nicht nur auf Messen, sondern immer häufiger auch in unserem Stadtbild auf. Dass ein Attention-Marketing boomt, sieht man nach Meinung von Armin Peuser, Geschäftsführer der Agentur event & service GmbH an jeder eingerüsteten Fassade an den Haupteinfallstraßen. Innerhalb seiner Agentur gilt der Leitsatz: "Unternehmen müssen verstärkt um die knappe Ressource Aufmerksamkeit kämpfen: Aufmerksamkeit wird zum höchsten Gut der Marketingkommunikation." Armin Peuser: "Diese These wird zunehmend Realität, insbesondere im Specialevent-Bereich durch Sonderwerbeformen. Im Rahmen der von uns konzipierten Veranstaltungen sind auch bei ,dezenten' Brands die Sonderwerbeformen wie Blow-ups ein Muss geworden." Das Münchener Unternehmen hat der Entwicklung Rechnung getragen und eine spezifische Sonderwerbeform, "runde Plakate", speziell für den Outdoorbereich entwickelt.

Das Modeunternehmen S. Oliver eröffnet seinen neuen Megastore in Hamburg mit einer zweistufigen Riesenposteraktion, im Dock 10 im Hamburger Hafen wirbt Halle Berry von einem 2000 m2 großen Filmplakat für ihren Film Catwoman, Fassadenkletterer entrollen ein 10 x 12 m großes Poster vom FC St. Pauli, der damit auf die Suche nach "Rasenpaten" ging. Ausgeführt wurden diese Projekte von der Poster Network AG.
"Erfrischend anders" präsentiert sich der Mobilfunkanbieter O2 am Münchener Stachus: Auf einer Gesamtfläche von 1100 m2 bescherte er den Passanten einen Blick in Kühle versprechendes Nass. Das Motto des Imagemotivs "Schönen Sommer" stand ganz im Zeichen der 02-Positionierung mit dem Versprechen, alles möglich machen zu können ("O2 can do"). Anlässlich der Renovierung des renommierten Hotels Königshof realisierte der Riesenposterspezialist blowUp media, Münster, den Auftritt von 02 als Komplettverhüllung. Wer jedoch bisher glaubte, dass Riesenposter nur an Baugerüsten oder Giebelwänden zu finden sind, wurde unlängst auf eindrucksvolle Weise eines Besseren belehrt. Für das spanische Modehaus Mango realisierte blowUp media den ersten BlowUp-Skycrane-Aushang am Leipziger Platz in Berlin. In luftiger Höhe von 20 m prangten vom 1. bis zum 30. September die Motive der aktuellen Mango-Kampagne auf einer Gesamtfläche von 288 m2 - an einem Baukran. Die vier in den Skycrane eingespannten BlowUps mit den Maßen von jeweils 6 x 12 m werden zeitgleich immer nur an einen Kunden vergeben. Durch die effektvolle Hinterleuchtung wurden diese Megaposter zu einem auffälligen Blickfang im Stadtbild.

Einige Poster fallen nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch spektakuläre Effekte auf: Durch den Einsatz von Licht auf Plakaten beispielsweise können diese sogar "zum Film" werden. So füllt sich ein Weißbierglas langsam mit Bier und weckt den Durst. Möglich wird das "bewegte Plakat" durch die Leuchtfolie von Schreiner VarioLight. Teile eines Plakates leuchten auf, Details können mit Licht hervorgehoben werden, Bewegung wird simuliert. Stefan Heidbreder, Vertriebsleiter Schreiner VarioLight: "Im Messegetümmel Beachtung zu finden und die eigene Botschaft in wenigen Sekunden zu vermitteln, ist auch mit Großbildern eine Herausforderung - Leuchtfolien bieten eine Lösung. Unsere Erfahrungen zeigen, dass es gerade bei großen Formaten keineswegs darauf ankommt, die gesamte Fläche zu hinterleuchten. Besonders eindrucksvolle Effekte können auch durch partielle Hinterleuchtung erzielt werden. So bleiben die Aufmerksamkeit hoch, die Kosten für die Hinterleuchtung dagegen niedrig."

Immer häufiger stößt man auf animierte Poster, zum Beispiel setzt der Athlet Dwight Philipps für Nike zum Sprung an - auf animierten 1300 m2. Dahinter steckt die Agentur Wieden + Kennedy. Und dann gibt es noch das Plakat, das Wasser spuckt: Die Agenturen Mediaplus und Contrast entwickelten für Gardena diesen - im wahrsten Sinne des Wortes - frischen Auftritt. Über Internet und Handy wurde der Strahl aktiviert. Im Internet konnte der Brausevorgang via Webcam live verfolgt werden. Die Resonanz war riesig: Alle viereinhalb Minuten wurde eine SMS geschickt und circa einmal in der Minute auf den Auslösebutton im Internet geklickt. Beim Auslösen per SMS gab es eine Feedback-SMS, die mitteilte, dass genau diejenige Person für den kühlen Wasserstrahl gesorgt hat. Volkmar Amedick, Medialeitung Mediaplus International: "Wir haben für den Kunden Gardena eine Werbeform gesucht, die seine Markenstärke unterstreicht. Die pfiffigen und innovativen Produkte unseres Kunden sollten sich in der Werbeform widerspiegeln. Herausgekommen ist das erste interaktive Riesenposter, das sowohl per SMS als auch per Internet aktiviert werden kann." Natürlich, so Amedick weiter, seien solche aufmerksamkeitsstarken Werbeformen immer nur im Kontext der Gesamtkampagne zu sehen. Sie seien ergänzende Highlights, die eine Kampagne abrunden.

Der Ideen gibt es sicherlich noch viele, nicht alle lassen sich jedoch verwirklichen. Manchmal scheitert es schon am Druckvorgang. Viele Bilder, die bereits in A3- oder A4-Größe existieren, lassen sich nicht einfach in eine andere Größe umsetzen. Frank Reger: "Will man diese Bilder vergrößern, hat man in der Auflösung, im Kontrast oder in der Schärfe ganz andere Anforderungen als im kleinen Format." Aber mit neuer spezieller Software zur Bildaufbereitung, so Reger, tue sich eine neue Welt auf. "Je besser die Kreativen, Entscheider, Agenturen, Producer mit den neuen Möglichkeiten und Qualitätsstandards vertraut sind, umso qualitativ hochwertiger werden auch die Messen und Shoplösungen. Darin sehe ich die Zukunft, darin liegt noch ein enormes Potenzial." Angela Wiegmann

m+a report Nr.7 / 2004 vom 27.10.2004
m+a report vom 27. Oktober 2004