Special "Die Kunden wollen zündende Ideen"

Holger Jung, Präsident des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen GWA und Gründer von Jung von Matt über integrierte Lösungen.

Seit 1. Januar 2002 führt der GWA den Namen "Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA ". Damit ist eine Öffnung für die Below the line-Agenturen verbunden. Andererseits öffnen sich zugleich die bisherigen GWA-Werbeagenturen dem Thema Eventmarketing, nicht zuletzt ja auch Jung von Matt mit Jung von Matt/relations.

Holger Jung: Wir brauchen die Öffnung, da der Markt integrierte Kommunikation fordert. Die Kreativagenturen spielen dabei eine zentrale Rolle, weil sie als Leadagentur die Vorlage liefern müssen. Die wird dann konzeptionell aufgenommen und umgesetzt.

Definiert sich da ein Markt neu?

Nein, denn die Networks stellen sich schon lange breiter auf. Erst kam Media dazu, dann Dialog und Online. Aktuell ist die vergleichsweise junge Disziplin Eventmarketing.

Orientiert sich die Nachfrage im Markt wirklich mehr und mehr an integrierten Problemlösungen?

Der Anspruch ist da. Die Realität sieht oft noch anders aus. Je größer die Unternehmen mit verschiedenen Spezialabteilungen aufgestellt sind, umso schwieriger wird es für eine einzelne Agentur, in voller Breite zuzuschlagen. Abteilungsrivalitäten sprechen faktisch gegen eine zentralistische Lösung.
Aber das Problem liegt nicht nur bei den Kunden. Denn auch die Agenturen haben noch keine systemische Antwort. Wirklich integrierte Lösungen hinzukriegen ist halt sehr schwer.

Verbirgt sich bei den Werbeagenturen aber hinter dem Schlagwort "Integrierte Kommunikation " nicht nur die Suche nach neuen Etats, als Ausgleich für die gekürzten Spendings der Kunden bei Print und TV?

Breit aufgestellte Agenturen sind unternehmerisch schlauer. Nehmen Sie zum Beispiel Serviceplan, die schon früh Media integriert haben. Mehrere Standbeine sind einfach sinnvoll.
An den Spendings liegt es übrigens nicht. Denn auch im Eventmarketing gibt es Etatkürzungen, gestrichene Projekte und Agenturen die Mitarbeiter entlassen mussten oder insolvent wurden.

Woher rührt trotzdem das plötzliche Interesse an einem bisher eher stiefmütterlich behandelten Kommunikationsmedium?

Offen gesagt, so plötzlich ist diese Entwicklung gar nicht. Man sollte sich von dem Ausnahmeboom Ende der Neunziger Jahre mit Millennium, Expo und den Start-ups nicht täuschen lassen. Trittbrettfahrer gab es da in allen Bereichen, die heute schon nicht mehr existieren.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die Stärken und Schwächen der neuen Protagonisten im Bereich Below-the-Line/Eventmarketing?

Die Kunden wollen zündende Ideen. Und das, plus das notwendige Markenverständnis, unterstellt man eher den Kreativagenturen als den Spezialisten.
Nehmen Sie als Beispiel die Einführung des neuen Fünfer für BMW aus unserem Haus. Hier wurde die entwickelte Kampagne auch bei der Händlereinführung voll aufgenommen. Das war in dieser Konsequenz nur möglich, weil der Event von Jung von Matt/relations gemacht wurde. Allerdings mussten wir auch separat darum pitchen.

Und wo liegen für Sie Schwächen?

Wie schon gesagt, wirklich integrierte Kommunikation ist nicht einfach. Aber wenn wir als Kreativagentur schon die Vorlage liefern, dann ist es einfacher den Pass auch auszuführen, wenn das gesamte Team eine eingespielte Mannschaft ist.

Die Fragen stellte Stephan Schäfer-Mehdi.

m+a report Nr.7 / 2003 vom 29.10.2003
m+a report vom 29. Oktober 2003