Messeerfolg: Zielerreichung frühzeitig beeinflussen

Messebeteiligungen werden von Ausstellern gern schöngerechnet. Der Exhibition Promotor des BÜM steuert und plant die Messeeffizienz während der Vorbereitung.

Ob die Beteiligung an einer Messe für ein Unternehmen ein Erfolg war oder nicht, wird - wenn überhaupt - von den meisten Ausstellern erst nach der Veranstaltung überprüft. Es werden Kontakte nach Qualität und Quantität gemessen, Besucherbefragungen ausgewertet und die tatsächlichen Kosten festgestellt. Für diese posthume Erfolgskontrolle gibt es inzwischen unterschiedliche Instrumente, die der ausstellenden Wirtschaft helfen sollen, ihren Messeauftritt objektiv auszuwerten. Der Knackpunkt: Aufgetretene Fehler können im Nachhinein nicht mehr korrigiert werden.

Neue Ansätze dagegen liegen dem Ende Juli vorgestellten Exhibition Promotor der Ausstellergruppe "Branchenübergreifender Messetreffs" (BÜM) zugrunde. Der Interessensgruppe BÜM gehören rund 20 Großaussteller an, die sich quer über alle Branchen hinweg zum Erfahrungsaustausch zusammengeschlossen haben. "Anders als gängige Tools dient unser System zur ganzheitlichen Optimierung von Messebeteiligungen. Wir haben speziell strategische Aspekte im Auge und wollen frühzeitig die Zielerreichung beeinflussen", erklärt BÜM-Mitglied Ralph Erik Hartleben das Messesteuerungsinstrument, das auf der Basis des Balanced-Score-Card-Systems (BSC) arbeitet. Während einer zweijährigen Entwicklungsphase wurde es von BÜM-Mitgliedsunternehmen getestet und speziell auf Messezwecke angepasst. Grundsätzlich sehe man den Promotor nicht in Konkurrenz zu anderen Instrumenten wie etwa dem AUMA KostenNutzenCheck, "bei dessen Entwicklung wir uns durchaus konstruktiv eingebracht hatten", so Hartleben.

Zentrales Ziel des BÜM-Systems: Die Messebeteiligung soll so intensiv wie möglich dazu beitragen, die Erreichung der Unternehmensziele zu beeinflussen und zu unterstützen. Das BSC signalisiert permanent den "Beitrag, den eine Messebeteiligung zur Wertsteigerung eines Unternehmens unter Berücksichtigung seiner Ziele leistet", so die wissenschaftliche Beschreibung. "Unser System will nicht die Messeteilnahme an sich in Frage stellen, sondern die Messebeteiligung bereits in der Vorbereitungsphase steuern", erklärt Hartleben.

Jürgen Grunewald, Leiter Messen und Ausstellungen bei der Robert Bosch GmbH, Stuttgart, sieht den Vorteil vor allem darin, dass das System während der gesamten Planungsphase mitläuft: "Wir wissen jeden Tag exakt über den Projektstatus Bescheid und an welcher Stellschraube wir drehen müssen, um die gesetzten Ziele zuverlässig zu erreichen." Mit 14 Mitarbeitern organisiert er jährlich bis zu 450 Messen- und Eventprojekte. In der Bosch-Gruppe wurde der Exhibition Promoter am Beispiel des Automobilsalons 2004 in Genf auf Praxistauglichkeit geprüft. Wissenschaftlich begleitet wurde die Pilotierung von einer Diplomarbeit der Fachhochschule Worms. Im kommenden Jahr will Bosch den Promotor gezielt für seine Beteiligungen am Genfer Automobilsalon und an der IAA in Frankfurt einsetzen. "Mittelfristig haben wir vor, alle für uns besonders wichtigen Messen mit dem System zu steuern", kündigt Grunewald an. Der Exhibition Promoter kann je nach Bedarf sowohl projektbezogen als auch zur Optimierung der Abläufe in einer für die Messeorganisation zuständigen Unternehmensabteilung eingesetzt werden. Derzeit sind hauptsächlich projektbezogene Anwendungen geplant.

Das BSC-System erlaubt in jeder Phase der Vorbereitung Korrekturen. Zunächst müssen verschiedene "Perspektiven", das heißt übergeordnete Zielsetzungen *(siehe dazu Kasten Begriffserläuterungen Seite 14) festgelegt werden. Daraus ergeben sich untergeordnete Zieldefinitionen. Eine Perspektive kann beispielsweise "Markt/Wettbewerb" heißen. Ein Ziel, das sich dieser Perspektive zuordnen lässt, heißt "Erkenntnisse zum Wettbewerb gewinnen". Als Ziel soll erreicht werden, dass die Besucher den Messestand des eigenen Unternehmens um 0,5 Skalenpunkte (=Maßgröße*) besser bewerten als die der drei bedeutendsten Wettbewerber. Die verschiedenen Ziele aller Perspektiven müssen im Zusammenhang zueinander stehen und es sollten "möglichst nicht mehr als 20 sein", so BSC-Spezialist Hartleben. Der Projektleiter legt fest, wie er den Grad der Zielerreichung messen kann. Im Falle der Wettbewerbsbeobachtung kommt als Indikator* beispielsweise die Untersuchung der "Besucherpräferenz" in Frage. Diese wird durch Befragungen (=Messung*) ermittelt. Für die Zielwerte werden Grenz- und Schwellenwerte in einem Korridor definiert. Die Ergebnisse lassen sich an einem so genannten "Cockpit"* ablesen, das die einzelnen Werte übersichtlich grafisch darstellt. Besonders wertvoll ist das BÜM-System für Unternehmen, deren Management bereits mit BSC arbeitet. In diesem Fall lassen sich die Ziele mit denen anderer Units zusammenschließen.

"Dieses System bringt Unternehmensprozesse, die bereits im Gang sind, weiter voran", weiß Rudolf Sommer, BÜM-Teilnehmer und Leiter Konzernmessen und Events bei Energieversorger EnBW, Karlsruhe. Seine Abteilung mit sieben Mitarbeitern organisiert jährlich 200 Messe- und Eventprojekte. Die Ziele der Messebeteiligung ebenso wie alle anderen unternehmerischen Entscheidungen stringent mit den Zielen des Unternehmens abzugleichen und sie daran auszurichten ist bisher noch eher Seltenheit. Das gelte nicht nur für reine Kostenbetrachtungen, sondern besonders auch für so genannte "weiche Ziele" wie etwa Imagesteigerung, Bekanntheitsgrad erweitern, et cetera. Das Messeengagement eines Unternehmens wird über das BSC integrativer Bestandteil eines gesamten Kommunikationskonzeptes, zu dem ebenso Directmarketing, CRM und Databasemarketing gehören. "Wir kehren zurück zum klassischen Begriff des Marketingmixes", so Sommer. Ginge es nach ihm, sollten die einzelnen Marketinginstrumente weniger in Konkurrenz zueinander stehen, als vielmehr integraler Bestandteil einer Gesamtstrategie sein. Sommer nutzt der Exhibition Promotor für die Vorbereitung der HannoverMesse 2005. Vor allem erhofft er sich, die Standmitarbeiter in die Zielerreichung integrieren zu können: "Der Faktor Mensch ist zu 80 % Erfolg bestimmend. Aber mit allen Messmethoden dieser Welt bekomme ich den Menschen nicht in den Griff." Es sei schwierig beispielsweise Imageverbesserung als Ziel bei den Mitarbeitern durchzusetzen, für die sich der Erfolg bislang an der Menge der Kontakte ablesen ließ. Sommer geht für die Zukunft davon aus, dass er das bisherige Controllinginstrument, das lediglich den Kosten-Nutzen-Index berechnete, abschaffen wird.

Das BÜM-BSC ersetze nicht das klassische Projektmanagement, das - hauptsächlich durchführungsorientiert - keine Rundumbetrachtung erlaube und keine strategischen und optimierenden Komponenten kenne, erklärt Hartleben. Ein Nachteil: Noch gibt es den Exhibition Promotor nicht als Softwareprogramm, an der Entwicklung wird derzeit gearbeitet. Dennoch können auch BÜM-fremde Unternehmen von der Forschungsarbeit profitieren, der Exhibition Promotor wird als Komplettpaket angeboten. Der Preis richtet sich nach der Unternehmensgröße (Umsatz) und beginnt bei 2500 EUR. Im Paket enthalten sind:
1) Ein Poster mit dem gesamten Treiberbaum Messe
2) Ein 10-Stufen-Plan zu BSC
3) Die zeitlich wie räumlich unbegrenzte Nutzungsgenehmigung innerhalb des Unternehmens
4) Die komplette Dokumentation einer BSC-Erstellung für ein pilotiertes Messeprojekt
5) Excel-Vorlagen zur konkreten Anwendung des Exhibition Promotors
6) Ein eintägiger Workshop (ohne Reisekosten), in dem Ansatz, Sinn, Nutzen, Aufbau und Einsatzmöglichkeiten et cetera erläutert und erklärt werden.
Petra Schmieder

m+a report Nr.6 / 2004 vom 24.09.2004
m+a report vom 24. September 2004