Lehren für bessere Zeiten

2003 war kein gutes Jahr für die US-amerikanische Messewirtschaft. Neueste Zahlen geben endlich wieder Anlass zur Hoffnung.

Beim Durchblättern der diesjährigen Ausgaben des amerikanischen Messefachmagazins Tradeshow Week (TSW) fallen zwei Dinge auf: zum einen die Menge von großen Meldungen über US-amerikanische Kongresse und Messen, die es gegeben hat; zum andern die Auswirkungen praktisch aller dieser Nachrichten auf die Art und Weise, wie Messeprofis ihre Arbeit machen.

In der Folge von 2003, einem Jahr, in dem viele in der Branche sich duckten und das hoffentliche Ende des wirtschaftlichen Abschwungs abzuwarten schienen, war 2004 in den USA besonders geschäftig. Die Frage ist, ob all diese Aktivität Hinweise beinhaltet, dass Veranstalter und Zulieferer etwas aus den harten Zeiten gelernt haben. Obwohl es Zeichen gibt, dass sie es getan haben, gibt es genauso viele Hinweise, dass sie immer noch einiges vor sich haben.
Nehmen wir zum Beispiel die Veränderungen, die die US-amerikanischen Messen selbst mitgemacht haben. Indem sie die allgemein bekannte Weisheit beachtet haben, dass Gemeinsamkeit stark macht, haben Messen eine Welle von Zusammenlegungen erlebt. So wurden, um nur einige zu nennen, fünf Lebensmittelmessen unter der Fahne des Food Marketing Institute in Chicago gesammelt, die Fahrzeugersatzteilindustrie hat ein gemeinsames Komitee gebildet, um zwei von TSW unter den ersten 200 platzierten Messen in Las Vegas gleichzeitig abzuhalten, und Reed Exhibitions hat Messen der Robotics Industries Association und von George Little Management unter seine Fittiche genommen. Diese Strategie spiegelt nicht nur ein Interesse an Kosteneinsparungen wider, sondern eine Bestätigung dessen, was durch Kooperation erreicht werden kann.

Andere Märkte, nämlich Informationstechnologie und Sicherheit, haben sich angepasst, um für Übersättigung zu kompensieren. Aber trotz der Absage von vier IT-Messen in zwei Monaten (MediaLive Internationals Comdex, IDG World Expos Comnet, Hannover Fairs USAs CeBIT America und Ziff Davis' Business 4Site) gibt es gute Nachrichten: Veranstalter sind gezwungen worden, mit einem verbesserten Geschäftsmodell in einem Sektor in Erscheinung zu treten, der in Boomzeiten übermäßiges Wachstum und Preiserhöhungen zugelassen hatte.
Für einige Missstimmung zwischen Partnern sorgte auch das schwierige Umfeld. Reeds langjähriger Sponsor der National Hardware Show, die American Hardware Manufacturers' Association, tanzte aus der Reihe und hob eine konkurrierende Veranstaltung aus der Taufe. Eine ähnliche Geschichte entwickelt sich zwischen dem Verbandssponsor und dem Veranstalter der International Trucking Show.
In Reaktion auf einen sich verändernden Markt und wachsenden Platzbedarf versuchte der Bekleidungsgigant MAGIC International das schlaueste zu tun, indem er alle seine Segmente unter einem Dach im Las Vegas Convention Center konsolidierte. Die Entscheidung provozierte einen Disput mit dem Management eines anderen großen Geländes in Las Vegas, dem Sands Expo & Convention Center, in dem für Jahre im Voraus Fläche für die Damenmodemesse gebucht war. Da keine Lösung gefunden werden konnte, endete der Streit zwischen Gelände und Messe vor dem Bundesgericht.
Der Fall verweist auf Komplikationen, die möglich sind, wenn eine Region - in diesem Fall Las Vegas - ein solches Überangebot an Ausstellungsfläche und Hotelkapazitäten hat. Er könnte auch zu Haftungsklauseln in Verträgen mit Messegesellschaften führen, die in den kommenden Jahren ausgehandelt werden - wenn keine der beiden Seiten die Marktlage vorhersehen kann. Und schließlich demonstriert er noch, wie weit Messegesellschaften bereit sind zu gehen, um an lukrativen Messen festzuhalten.

Messe- und Tagungszentren sowie die Städte, die sie besitzen, mag die größte Last der vergangenen mageren Jahre aufgebürdet worden sein. Der kürzlich erschienene Messehallenreport von TSW zeigt einen starken Abfall in der Menge neuer im Bau befindlicher Hallenflächen. Einige Projekte sind komplett gestrichen worden, so das viel in den Medien publizierte Osceola County Convention Center, dessen Bauunternehmer die Finanzierung der Einrichtung nicht sichern konnte. Es hätte Kissimmee-St. Cloud, Florida, 45 000 m2 Ausstellungsfläche bringen sollen, um Messeverkehr vom benachbarten Orlando abzuziehen.
Das Gesetz von Angebot und Nachfrage scheint letztendlich die herkömmliche Logik ersetzt zu haben, dass mehr Fläche mehr Geschäft anzieht - anstatt eine nötige Reaktion auf wirkliche Überfüllung zu sein. Anders als in den Jahren zuvor haben die letzten Monate nur eine größere bahnbrechende Entwicklung gesehen: das Westgebäude, das über 42 000 m2 Ausstellungsfläche zu Chicagos lang gestrecktem Mc Cormick Place hinzufügen wird.
Mit ihren auf Eis gelegten Fazilitäten wenden sich viele Städte dem Bau von nötigen Hotelkapazitäten und Verbesserungen der Infrastruktur zu. Los Angeles kündigte im Juli nach jahrelangem Bitten des örtlichen Convention and Visitors Bureau (CVB) an, dass es nun endlich ein zentrales Hotel direkt neben dem L.A. Convention Center errichten würde.
CVBs selbst wurden zu bequemen Sündenböcken für das Versagen der Städte und Fazilitäten, dem Abschwung entgegenzuwirken. Während Dienststellen aus Großregionen wie Dallas, Cleveland, Denver, Philadelphia und San Diego von der Lokalpresse und Regierungsbeamten für ihre Verschwendung und niedrige Buchungsraten in ihren Messe- und Tagungszentren angegriffen wurden, hat die International Association of CVBs die letzten drei Jahre damit verbracht, Verhaltensstandards zu entwerfen, die Missbrauch in Schranken halten und bessere Beziehungen zur Öffentlichkeit fördern sollten.

Andere Messeverbände haben ähnlich auf die Herausforderungen reagiert - mit Dokumentensammlungen und öffentlichen Erklärungen. Aber während Organisationen wie die International Association for Exhibition Management (IAEM), die Society of Independent Show Organizers (SISO) und die Professional Convention Management Association weiterhin nützliche Fortbildungsangebote liefern, glauben viele ihrer Mitglieder, dass sie sich auf nationaler oder globaler Ebene nicht als effektiv in der öffentlichen Fürsprache und den Beziehungen zur Öffentlichkeit erwiesen haben.
Einige Messeteilnahmen sind durch die strengen Einschränkungen auf Einreisevisa für internationale Besucher der Vereinigten Staaten gefährdet worden. Rechtliche Fragen wie diese haben wiederum das Bedürfnis nach einheitlicher Repräsentation aller an Tagungen und Messen Beteiligten ans Licht gebracht. Als Antwort auf dieses Bedürfnis haben Leiter von IAEM und SISO Gespräche für das Schaffen einer übergreifenden Organisation begonnen, die alle kleineren, spezialisierten Gruppen beinhalten und als die gemeinsame Stimme der Branche in Washington, D.C., und überall auf der Welt agieren würde.

Es ist schwer zu sagen, was von den Aufs und Abs auf der finanziellen Seite zu halten ist. Analysten sind optimistisch. Anfang des Jahres prognostizierte die Wertpapierfirma Veronis Suhler Stevenson, dass die Ausgaben im Messebereich um 4,1 % über die nächsten fünf Jahre zunehmen würden. Die Jordan, Edmiston Group deutete darauf hin, dass obwohl die tatsächliche Anzahl von Fusionen und Übernahmen im ersten Halbjahr 2004 abnahm, ihr Wert im Vergleich zum ersten Halbjahr 2003 um 30 % zugenommen hatte - womit ein Comeback des wahrgenommenen Werts von Messen sichtbar wurde.
Dennoch veröffentlichen die großen B2B-Medienunternehmen, denen Messebetriebe gehören, weiterhin entmutigende Ergebnisse. Die meisten Unternehmen gaben niedrigere Einkünfte und Betriebseinnahmen für das erste und zweite Quartal 2004 verglichen mit der Vorjahresspanne bekannt.
Im Bereich der Fusionen und Übernahmen hat es in diesem Jahr ebenfalls keine besondere Aktivität gegeben mit der Ausnahme von Bain Capitals 400-Millionen-Dollar-Kauf von M/C Communications, Veranstalter einer Reihe spezialisierter, schlüsselfertiger medizinischer Fachmessen, die vor fünf Jahren vom früheren Reed-Mitarbeiter John Mooney ins Leben gerufen wurden. Ansonsten hat es nur ein paar praktische, messebezogene Käufe hier und da durch Medienunternehmen gegeben, die ihren bestehenden Besitz damit aufpolsterten.


Insgesamt scheinen die Kapitalmärkte darauf zu warten, dass Messen ihren Wert beweisen, bevor sie irgendwelche größeren Investitionen in sie tätigen. Und warum sollten sie das nicht? Die Branche selbst scheint immer noch auf das Ausatmen zu warten.
Mit der zweiten laufenden Jahreshälfte jedoch gibt es einen Hoffnungsschimmer. Der neueste Quartalsbericht der Messestatistiken von TSW zeigte Zuwächse bei den Nettoquadratmetern, der Anzahl der Aussteller und Fachbesucher - zum ersten Mal seit einer ganzen Weile. Wenn dieser Aufwärtsknick Bestand bekommt und sich zu einem Trend entwickelt, bleibt nur zu hoffen, dass die Messefachleute ihre Lehren der letzten Jahre in die besseren Zeiten mitnehmen. Heidi Genoist

Heidi Genoist ist Leitende Redakteurin der Tradeshow Week.
Kontakt: hgenoist@reedbusiness.com

m+a report Nr.6 / 2004 vom 24.09.2004
m+a report vom 24. September 2004