"Alles. Außer gewöhnlich"

Das 4. Octanorm Kompetenz-Forum war ganz dem Herausragenden gewidmet: Außergewöhnliche Menschen präsentierten besondere Projekte und Thesen.

In der Reihenfolge ihres Alters betraten die vier geladenen Hochschulprofessoren und vielseitig aktiven Persönlichkeiten das Rednerpult des Octanorm Kompetenz-Forums, der inzwischen etablierten Kommunikationsplattform für Messeplaner und -gestalter, Aussteller, Agenturen und Studenten, im Design Center Stuttgart.

Kurt Weidemann, Jahrgang 1922 und unbestrittene Größe des Designs, redete zu den knapp 150 Teilnehmern "Vom Großen und vom Ganzen", also vom "Stand der Dinge statt vom Messestand". Mit seiner langjährigen Erfahrung als Berater und Gestalter - unter anderem prägte er das Erscheinungsbild von Unternehmen wie Mercedes-Benz, Deutsche Aerospace oder AEG entscheidend mit - zeigte er in Aphorismen verpackt den heutigen Zeitgeist und die Befindlichkeiten gestaltender Berufe auf: "Alles wird immer schneller und besser. Manches könnte besser gemacht werden - manches auch besser nicht gemacht werden."

Der zehn Jahre jüngere Richard Sapper aus Mailand trug einige persönliche Gedanken zum Thema Design vor. Der weltweit tätige und erfolgreiche Produktdesigner - von ihm entworfene Produkte haben neben anderen internationalen Auszeichnungen zehn Mal den italienischen Compasso d'Oro sowie mehrmals den Top-Ten-Preis der Hannover Messe gewonnen - zeigte dazu eine exklusive Auswahl an Dias aus Privatbesitz aus den 50er und 60er Jahren zu Arbeiten der Brüder Castiglioni für namhafte italienische Aussteller. Die Bilder brachten für manche Überraschendes ans Licht: Die Messebautrends von heute waren alle schon einmal da, wie zum Beispiel klare Linien und Formen, textiles Bauen oder ein ambitioniertes Lichtdesign. "Der Geschmack des Publikums wird von den Designern geformt und nicht umgekehrt", lautete Sappers Fazit.

"Raum? = Länge x Breite x Höhe" lautete das Thema von Carl Holste, auf die Gestaltung von Messen spezialisierter Architekt aus Hannover. "Räume sind Lebewesen. Sie haben ein Raumleben und ein Haltbarkeitsdatum." Jedoch würde der Raum als solcher gerade erst entdeckt im Messebereich und in der Presse. Gleichzeitig finde Raum aber immer weniger statt, wie ihm seine jüngsten Messebesuche vor Augen führten. Der Besucher finde keinen Raum mehr vor, sondern ein Terrain, das wie ein Parkplatz organisiert sei und sich mit dem Begriff "Besucheraufbewahrungsanlage" treffend beschreiben lasse. Seine Aufforderung an alle: Qualität schaffen!

"Verführen statt Führen" riet Architekt und Grafiker Andreas Uebele als optimale Herangehensweise an Projekte im gestalterischen Bereich. Anhand einer aussagekräftigen Bilderschau demonstrierte er ungewöhnliche Aufgabenstellungen und ebensolche Lösungen seines Büros für visuelle Kommunikation in Stuttgart. Das Budget sei nicht entscheidend für die Qualität eines Projekts, so seine Zusammenfassung. Dies sei höchstens eine "Ausrede für schlechte Designer".
Mit dem Verlauf der Veranstaltung zufrieden, steht für Octanorm-Geschäftsführer Hans Bruder bereits fest, dass er 2005 erneut ein Kompetenz-Forum abhalten wird.

m+a report Nr.5 / 2004 vom 13.08.2004
m+a report vom 13. August 2004