Dilettantismus wird mit Nichtachtung bestraft

Messe und Presse gehören zusammen. Trotzdem fehlt vielen Ausstellern die Routine für eine professionelle Pressearbeit, die bei den Redakteuren ankommt.

Der Anspruch an die Presseabteilung im eigenen Haus ist hoch. So entgehen den Firmen allerdings viele Chancen. Denn als Ergebnis träumen die Meisten vom großen Medienrummel mit Interviews vor laufenden Kameras und Aufmacherartikel auf Seite Eins.

Der Weg dahin jedoch ist lang, es sei denn, man kann mit einem handfesten Skandal aufwarten ... Solide Pressearbeit auf Messen bedeutet, die Kommunikationsplattform Messe nicht allein für die klassischen Marketingziele zu nutzen. Ausstellungen und Messen sind gerade für die Medien ein Hort der Entdeckung. Oft werden mehrere Ausgaben von Fachzeitschriften mit der Berichterstattung über eine Messe gefüllt. Ein idealer Ort also für die ausstellenden Unternehmen, Kontakte zur Presse aufzubauen und zu intensivieren. An erster Stelle steht das persönliche Gespräch - Ausstellungen und Messen bieten dazu viele Gelegenheiten. Auch die Unterlagen für die Presse - Pressetexte und Pressemappen - sollten professionell verfasst und mediengerecht zusammengestellt werden.Trotzdem wird die Medienarbeit auf Messen gerade von mittelständischen Ausstellern oft stiefmütterlich behandelt. Eine unglückliche Mischung aus einer Scheu vor den Medien und einer Unkenntnis über journalistische Arbeitsweisen und grundlegende Regeln der Pressearbeit macht, dass so manche realistische Chance auf Medienresonanz ungenutzt verstreicht.

Ein Blick in die Pressefächer im Messe-Pressezentrum zeigt: Selbst die scheinbar einfachste Aufgabe - eine Pressemappe zu erstellen - will gelernt sein. Es türmt sich schrilles Werbematerial neben aufgeblähten Hochglanzordnern und Loseblattsammlungen in windigen Klarsichthüllen. Damit macht sich niemand bei den Medienvertretern beliebt. Häufig werden beim Zusammenstellen der Pressemappe vor lauter Selbstdarstellungsdrang die wichtigsten Aspekte aus den Augen verloren:- Journalisten sind Vermittler und keine Kunden. - Journalisten wollen informiert werden: schnell, klar, prägnant.- Journalisten sind "Jäger" und stets auf der Suche nach Neuem und Außergewöhnlichem.- Gute Aussichten auf Berichterstattung haben diejenigen, die bereits vor der Veranstaltung auf sich aufmerksam machen. Ein Pressetext, der die Teilnahme an der Messe samt Neuheiten oder Weiterentwicklungen ankündigt, sollte bereits im Vorfeld in die Fachredaktionen gelangen. Die meisten Messegesellschaften bieten inzwischen ein Online-Pressezentrum an, in das die Aussteller vor Messebeginn virtuelle Presseinformationen einstellen können. Dieses Informationswerkzeug wird von Journalisten für die Vorbereitung des Messebesuchs stark genutzt.Wer Kontakte zu den Fachmedien ausbauen will, sollte sich zudem während der Messevorbereitung überlegen, welchen Fachjournalisten er gezielt einladen könnte. Persönliche (Hintergrund-)Gespräche zu einem ausgesuchten aktuellen Thema sind für Medienprofis teils von höherem Wert als der Besuch aufwändig organisierter und mehr auf Repräsentation als auf Information ausgerichteter Presseveranstaltungen.

Für jede Art der Ansprache von Medienvertretern sollte eine Medieninformationsmappe als Basisausrüstung zur Verfügung stehen. Es fängt mit der Verpackung an: Dafür sind weder Hochglanzhüllen noch Überformate angesagt, sondern praktische Mappen aus einem stabilen Material. Das kann auch die Firmenmappe sein, die durch einen Aufkleber deutlich als "Pressemappe" gekennzeichnet ist. Der Inhalt indes ist strikt zu trennen von dem einer üblichen Werbemappe - Flyer oder Prospekte haben in Pressemappen nichts verloren. Hier rangiert Information vor Präsentation. Achtung: Pressemappen sollten nicht mit raumgreifenden Klammerungen oder unnötigen Befestigungen verziert sein - wer mehrere solcher Kreativverpackungen in seinen Aktenkoffer packen will, ist schnell genervt.Vielen Mappen fehlen Deckblätter: Für den Leser zeitraubend, wenn er sich ohne Themengliederung oder Nummerierung durch einen Stapel Pressetexte arbeiten muss. Ein Inhaltsverzeichnis vereinfacht den Zugang.

Beispiel:Presseinformation Nr. 1: Vorstellung neues Produkt; Presseinformation Nr. 2: Unser Stand auf der Messe; Presseinformation Nr. 3: Kurzportrait Unternehmen mit aktuellen Zahlen zur Geschäftsentwicklung, Übersicht über Rahmendaten (Größe, Umsatz, Mitarbeiterzahl, etc.), kurzer Abriss Firmengeschichte. Auf dem Deckblatt sollten die zentralen Informationen nie fehlen: Anlass der Pressemappe (Fachmesse XY) Erstelldatum, Kontaktdaten: Ansprechpartner für die Presse, Erreichbarkeit während der Veranstaltung (Halle/Standnr./Mobilnummer) und nach der Messe, Postanschrift, Hausanschrift, Telefon mit Durchwahl, Fax, E-Mail, Internet. Alle Texte sollten für die Redaktionen in elektronischer Form zugänglich sein. Oft fehlt der Hinweis darauf, wie der Journalist auf elektronischem Weg an die Texte gelangen kann, zum Beispiel über die Homepage der Firma, auf der die Texte zu Download bereitstehen. Sie können aber auch auf Diskette oder CD-ROM abgespeichert der Mappe beigefügt sein.

Auch Struktur und Stil der Pressetexte folgen eigenen Gesetzen. Beispielsweise sind im ersten Absatz stets die W-Fragen zu beantworten: Wer? Was? Wann? Wo? Wie? Warum? Außerdem: Die zentrale Textaussage sollte mit dem Ziel der Messebeteiligung übereinstimmen. Grundsätzlich sollte das Schreiben der Texte Profis überlassen bleiben. Wer keinen Pressetexter zur Hand hat, kann sich extern Hilfe holen. Dafür muss nicht gleich eine PR-Agentur beauftragt werden. Auch freie Journalisten bieten solche Dienste an - meist weitaus günstiger. Die Adressen von bundesweit mehr als 2000 freien Journalisten finden sich nach Themengebieten geordnet beispielsweise in der Datenbank des Deutschen Journalistenverbandes (www.djv.de). Dort lassen sich auch entsprechende Honorarleitlinien recherchieren. Wer auf internationalen Messen ausstellt und Kontakte ins Ausland sucht, sollte seine Pressetexte ins Englische übersetzen lassen.

Zur Ausstattung einer Presseinformationsmappe gehören ebenso Fotomaterial und gegebenenfalls Schaubilder. Pressefotos unterscheiden sich von Werbefotos dadurch, dass die dargestellten Szenen meist einer Alltagssituation nachempfunden sind, es sollten Menschen abgebildet sein. Maschinen oder Geräte sollten im Einsatz gezeigt werden. Für die Pressemappe zur Messe bietet sich auch ein Foto des Messestandes an. Fotos vom Geschäftsführer oder Vorstand werden bisweilen ebenso von den Medien genutzt. Pressefotos werden heute in der Regel digital zur Verfügung gestellt, gute Abdruckqualität von Vierfarbfotos ist erst ab einer Auflösung von mindestens 300 dpi zu erzielen. Die Daten sollten möglichst online zum Download zur Verfügung stehen und der Mappe auf CD-ROM gespeichert beiliegen. Auch für die Pressearbeit gilt: Über Qualität und bleibenden Erfolg bestimmen auch in diesem Metier oft die Kleinigkeiten. Wer die Aufmerksamkeit der Medien dauerhaft auf sich lenken will, braucht langen Atem und ein Gespür für Themen. Journalisten sind kritisch und gehen schnell auf Distanz, wenn sie merken, dass ihnen etwas vorgemacht wird. Der erste Eindruck, den ein Unternehmen mit seiner Pressemappe und ihrem Inhalt bei den Medien hinterlässt, kann ein wichtiger Baustein für eine langfristige Beziehung sein. Petra Schmieder

m+a report Nr.4 / 2004 vom 11.06.2004
m+a report vom 11. Juni 2004