Interview Keine “Grüne Wiese“-Situation

Bislang liegt der Messeplatz Dresden allein in kommunaler Hand. Das will die Stadt ändern, das Bieterverfahren ist eröffnet. Gerrit Popkes, der bei dem beauftragten Transaktionsberater DK Deutsche Kommunal Consult GmbH arbeitet, über lokale Veranstalter, angemessene Einflussnahme und Privatisierung.

Wie viel Prozent der Messe Dresden will die Stadt abgeben? Bisher war immer nur von einem "nennenswerten Anteil" die Rede, der aber nie näher beziffert wurde ...

In diesem Verfahren ist erst einmal der Markt gefragt, welche Beteiligung und welches Modell den Bietern als die sinnvollste Lösung erscheint, um ein Wachstum der Messe Dresden GmbH zu ermöglichen.
Erst nach Eingang der unverbindlichen Angebote wird die Lenkungsgruppe über eine Eingrenzung der möglichen Transaktionsmodelle sprechen, in dem sich die Ziele der Landeshauptstadt bestmöglich widerspiegeln. Wichtig ist, dass die Landeshauptstadt Dresden beispielsweise über einen Minderheitsanteil ein Informations- und Mitspracherecht bei grundlegenden strategischen Entscheidungen behält.

Kann denn überhaupt von einer Privatisierung gesprochen werden, wenn sich die Landeshauptstadt Dresden weiter "angemessene Einflussmöglichkeiten" sichern möchte?

Die Landeshauptstadt Dresden hat am Anfang des Jahrzehnts viel Geld in den Neubau der Messe investiert und die Messe in den Folgejahren unterstützt. Ziel war und ist, Dresden als Kongress- und Messestadt zu entwickeln. Jetzt ist ein erfahrener Partner gefragt.
"Angemessene Einflussmöglichkeiten", die einem Mitgesellschafter legitimerweise eingeräumt werden, könnten beispielsweise darin bestehen, dass die Messe nicht einfach geschlossen werden kann. Die Landeshauptstadt Dresden will sich aber nicht in das unternehmerische Tagesgeschäft der Messe einmischen.

Wer kommt denn Ihrer Meinung nach als Bieter in Betracht, wenn sowohl die kommunale Wettbewerbsituation als auch die Aktivitäten der bestehenden lokalen Veranstalter berücksichtigt werden sollen?

In den letzten Tagen haben sowohl nationale wie internationale Messebetreiber Interesse bekundet, am Verfahren teilzunehmen. Es gibt keine Präferenz für den einen oder anderen Kandidaten. Wer das beste Angebot abgibt, bekommt den Zuschlag.
Der neue Partner kann die unterschiedlichen Veranstaltungsorte in Dresden zum Ausbau der Messe Dresden GmbH nutzen. Wieso sollte er für bestimmte Veranstaltungen nicht auch auf die neue, bald fertig gestellte Eissporthalle in 500 m Entfernung zur Messe zurückgreifen können?
Darüber hinaus wollen wir die Interessenten darauf aufmerksam machen, dass mit lokalen Veranstaltern seit vielen Jahren erfolgreiche Geschäftsbeziehungen gepflegt werden. Der strategische Partner steigt in einen aktiven, lebenden Organismus ein. Es ist keine "Grüne Wiese"-Situation. Vertragstreue und Verlässlichkeit sind der Landeshauptstadt Dresden auch für die Zukunft wichtige Elemente einer guten strategischen Partnerschaft.

Für mich klingt das Ganze - salopp ausgedrückt - nach "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" ... Was sehe ich falsch?

Mancher Bär sitzt schon im Nassen - und möchte liebevoll getrocknet und fit für die Zukunft gemacht werden.
Der Geschäftsführer Werner Burger hat mit seiner Mannschaft viel bewegt und eine gute Basis geschaffen. Aus eigener Kraft kann die Messe Dresden nicht wachsen. Dafür braucht sie einen erfahrenen und finanzstarken Partner. Dieser soll gestalten, investieren und viel Bewegung in die Messe und das Ostragehege bringen.
Die Landeshauptstadt Dresden als Mitgesellschafter möchte bei grundlegenden strategischen Entscheidungen (zum Beispiel bei Standortschließungen) ihre Stimme erheben dürfen.

Interview: Christiane Appel

m+a NEWSLINE Nr.12 / 2007 vom 14.06.2007
m+a NEWSLINE vom 14. Juni 2007