Kommentar m+a NEWSLINE Nr. 09 / 2007 vom 26.04.07

Die Chaos-Tage in Köln scheinen sich dem Ende entgegen zu neigen. Während Ufi-Präsident Jochen Witt in Indien weilt, tagten daheim in Köln Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung der Koelnmesse, um zu tun, was der Aufsichtsratsvorsitzender Kölnmesse, Oberbürgermeister Fritz Schramma, bereits getan hatte, ohne es zu dürfen (und was deshalb auch nicht wirksam war): Jochen Witt von seinem Amt als Messechef zu entbinden. Und Herbert Marner, Mitglied der Geschäftsführung, als Interims-Chef, einzusetzen. Als die Kölner Zeitungen berichteten, der OB hätte Witt vor die Tür gesetzt, war selbiger noch in Amt und Würden, hatte sich aber offiziell in den Urlaub verabschiedet...

Seit Beginn des Jahres hatten sich die Kölner Zeitungen auf Jochen Witt eingeschossen und alles daran gesetzt, ihn nach allen Regeln der Kunst niederzuschreiben. Die Kampagne, die mit Beginn der Möbelmesse Imm Cologne startete, endete am 16. April abrupt, als Schramma verkündete, Witt zu beurlauben. Warum diese Kampagne und weshalb? Darüber darf gerätselt werden. Denn was die Kölner Medien nie in der Lage waren zu präsentieren waren Begründungen oder Verfehlungen, weshalb Witt nun hätte abtreten sollen. Es gab lediglich Gerüchte ungenannter Informanten. Schleppende Internationalisierung? Das "going global" hat erst unter der Ägide Witt begonnen. Umsatzentwicklung? Die Kölnmesse ist nicht das einzige Unternehmen, das Visionen nicht gleich verwirklichen kann. Mangelndes Neugeschäft? So schnell geht das nicht. Und Diskussionen um die Metav haben gezeigt, dass in diese Richtung gearbeitet wurde.
Bleibt als Erklärung also nur der Kölsche Klüngel. Das sind vielleicht die Vorwürfe, die Witt zu machen sind: nicht genug mit geklüngelt und die Macht der Wahrheit unterschätzt zu haben. Mit der Ankündigung, die Miete für die neuen Messehallen ab 2012 nicht mehr bezahlen zu können, hatte der nun damalige Messechef die Lawine losgetreten, die ihn jetzt begraben hat. Übrigens: Auch Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung folgten bei ihrem Beschluss lediglich einer vom Finanzausschuss der Kölnmesse einstimmig ausgesprochene Empfehlung. Begründung hier: Witt habe OB Schramma Ende März schriftlich mitgeteilt, seinen Ende Dezember 2008 auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen ...
Die Kölner Medien sind die eine Seite, die andere die Politiker. Viele werden ob der Defizite der (städtischen) Messegesellschaften immer nervöser. Und deshalb ist zu befürchten, dass der Fall Witt nicht der letzte sein wird.

Herbert Marner wurde vom Aufsichtsrat als Interimschef der Kölnmesse eingesetzt. Er muss jetzt wieder Ruhe einkehren lassen, bis der Neue, der von außen kommen soll, das Ruder übernimmt. Nach einstimmigem Beschluss des Aufsichtsrats soll kurzfristig ein Personalberatungsunternehmen mit der Suche eines Nachfolgers für den Vorsitzenden der Geschäftsführung beauftragt werden - in einer offenen Ausschreibung soll nach einem höchstqualifizierten neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung gesucht werden. Eine Eigenschaft muss der Neue auf jeden Fall haben: Er muss Herausforderungen lieben, schließlich hat sich die Stadtspitze in den letzten Wochen als alles andere denn als guter Arbeitgeber empfohlen, oder Kölner sein.

christiane.appel@dfv.de

m+a NEWSLINE Nr. 09 / 2007 vom 26.04.2007
m+a NEWSLINE vom 26. April 2007