Kommentar m+a NEWSLINE Nr. 08 / 2007 vom 12.04.2007

"Ich bin Mecklenburger und Steinbock. Da bleibt man gelassen", hatte sich Koelnmesse-Chef Jochen Witt noch im Februar bemüht, ruhig zu bleiben. Anfang April war es vorbei mit Witts Geduld: Er setzte Spekulationen um seine Zukunft selbst ein Ende und tat kund, für eine Vertragsverlängerung über das Jahr 2008 hinaus nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Der Brief an den Oberbürgermeister, Aufsichtsratsvorsitzenden und einstigen Freund, Fritz Schramma, war eigentlich vertraulich. Aber er fand selbst für Kölner Verhältnisse einen arg schnellen Weg in die Presse. Allerspätestens zu diesem Zeitpunkt muss Witt klar gewesen sein, dass er in Köln wirklich keine Perspektiven mehr hatte.
Die Stadt gab denn auch gleich eine Presseinformation heraus, in der sie auf Seitenhiebe auf den Noch-Messechef nicht verzichten mochte. Kein Dank, kein Lob - lediglich der Hinweis, dass der Finanzausschuss der Koelnmesse zu einer Sondersitzung unmittelbar nach den Osterferien einberufen wird, um das weitere Vorgehen abzustimmen: Besagte Sondersitzung soll am 16. April stattfinden. Deutlich der Hinweis in dem Kommuniqué, der Geschäftsführung der Koelnmesse gehörten weitere vier Geschäftsführer an ...
Drei Medienkampagnen in vier Jahren, in denen er teilweise sehr hart und auch persönlich angegangen wurde - die überlebt selbst der stärkste Steinbock nicht. Mit dem öffentlichen Votum gegen den Oppenheim-Esch-Fond als Investor hatte er sich den Unmut der lokalen Politik zugezogen: Fortan war Witt allein unter Kölnern. Da kann er sich als Mecklenburger nur fremd gefühlt haben. Was im August 2003 im Kölner "express" begann und - je nach Bedarf - neu aufgelegt wurde, steigerte sich in den letzten Wochen zu einem traurigen Höhepunkt. Witt hat man in dem Kölner Klüngel-Spiel den schwarzen Peter zugedacht. Schön, wenn Ablenkung funktioniert und ein Sündenbock für die Messeverluste vorhanden ist. Der (Noch)Messechef hat einfache Wahrheiten gesagt - das tut nicht nur in Köln nicht gut. Es war schon im Altertum so: Es ist der Überbringer der schlechten Nachricht, der bestraft wird. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Fritz Schramma sind inzwischen eingestellt. Wer mag da noch von einem Messe-Skandal sprechen? Vielleicht ja die EU.

christiane.appel@dfv.de

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m+a NEWSLINE vom 12. April 2007