Interview “Es geht ums Ganze“

Die Internationale Handwerksmesse München (IHM) wird umgebaut. Die Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) will ihre bedeutende Traditionsveranstaltung damit zukunftstauglich machen. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Franz Reisbeck, über die Neugestaltung der IHM und zum Grad des Handlungsbedarfs.

Die IHM fand im März zum 57. Mal statt. Das Ergebnis war nicht rundum befriedigend, die Zahlen befinden sich im Abwärtstrend. Wie soll es weitergehen?

Franz Reisbeck: Wir sehen im Moment echten Handlungsbedarf, das Konzept der IHM weiterzuentwickeln. Wir wollen vor allem die Position der Handwerksmesse als branchenübergreifende Plattform im Verhältnis zu den klassischen Fachmessen stärken. Außerdem sollen Fachbesucher und Privatbesucher stärker getrennt werden.

Wie wollen Sie das erreichen?

Die IHM als Leitmesse der Handwerkswirtschaft und des gewerblichen Mittelstands muss dem gravierenden Strukturwandel und den fundamentalen Umbrüchen, die sich in diesem Wirtschaftszweig derzeit vollziehen, Rechnung tragen. Im einzelnen sind das die Öffnung der Handwerksbereiche wie etwa die Erleichterung bei der Betriebsgründung und besonders auch die breiter werdenden Tätigkeitsfelder der einzelnen Gewerke.

Können Sie das bitte konkretisieren!

Wir wollen weg vom klassischen Ansatz zum Beispiel als Messe für Metall, Kfz, Lebensmittel und Bau/Ausbau, hin zum branchenübergreifenden Konzept. Die Zukunft im Handwerk liegt in Netzwerkstrukturen. Zwar haben die einzelnen Betriebe Probleme bei rechtlich bindenden Kooperationen, aber die Zusammenarbeit in Netzwerken funktioniert immer besser. Und wer als Handwerker in Zukunft erfolgreich sein will, wird immer mehr gewerkeübergreifend tätig werden müssen.

Wie soll sich die neue IHM von der alten unterscheiden?

Die Messeschwerpunkte werden nicht mehr nach einzelnen Branchen in den Hallen strukturiert, sondern nach Themen. Unter der Dachmarke der Handwerksmesse wird es künftig die Bereiche Profi und Privat geben. Im Profisektor trennen wir Technik und Büro. Unter "Technik" bündeln wir Werkstatt, Werkzeug. Werkstoffe, unter "Büro" Management, Finanzen und Personal. Wir wollen kleine und mittlere Unternehmen auf allen Gebieten ihrer Geschäftstätigkeit unterstützen. Auch im Privatbereich haben wir zwei thematische Schwerpunkte: Unter "Wohnen" laufen die Angebotsbereiche Mobiliar und Interieur, Planen und Bauen sowie Energie und Umwelt, unter "Leben" Kunst und Design, Mode und Schmuck und die Schauwerkstätten des Handwerks.

Und wie finden sich da Ihre Traditionsaussteller wieder?

Die einzelnen Themen ziehen sich wie Leitmotive durch die Hallen, das Angebot wird transparenter. Wir wollen mit diesem Konzept ja nicht unsere Stammaussteller verprellen, sondern neue dazu gewinnen. So beispielsweise in den Sektoren Werkstoffe, Design und Mode.

Von den Ausstellern hört man, dass der Lebensmittelbereich der IHM abgespalten werden soll?

Ja, einerseits werden die großen Leistungsschauen der Bäcker, Metzger und Konditoren nun vollständig in den Publikumsteil der Handwerksmesse integriert. Andererseits wird das professionelle Angebot für Bäcker, Metzger und Konditoren künftig zusammen mit der Gastronomiemesse HOGA München gezeigt. Sie läuft ab 2006 die letzten vier Tage parallel zur IHM.

Haben Sie keine Sorge, dass die Aussteller auf lange Sicht ganz zur HOGA wechseln könnten?

Nein, dieser Bereich bleibt Bestandteil der Handwerksmesse. Im Gegenteil - wir sind sehr zuversichtlich, dass mit dieser Zusammenführung eine Stärkung des Themas am Messeplatz München erreicht werden kann.

Die HOGA findet 2006 also termingleich mit der Gast in Salzburg statt. Ist das vom Hotel- und Gaststättenverband so gewünscht?

Nein, das gibt der Termin der IHM so vor. Synergien zwischen Handwerks- und Gastroszene lassen sich nur so heben.

Welche Rolle soll die Publikumsmesse Garten zukünftig spielen, die ebenfalls parallel zur IHM stattfindet?

Sie wird ab 2006 enger mit der Handwerksmesse verkoppelt: Sie wird ebenfalls sieben Tage laufen, und die Preise werden denen der IHM angepasst. Damit wollen wir den Besucherstrom verstärken und gleichmäßiger auf alle Veranstaltungstage verteilen.

Die Aussteller im Profibereich halten der IHM vor, dass der Privatbesucheranteil zu hoch ist. Wie wollen Sie die Fachbesucherseite stärken?

Dieser Eindruck ist falsch, der Fachbesucheranteil beträgt laut Befragung über 67 %. Die Durchmischung entsteht wohl durch die bisherige Aufteilung der Hallen. Wir wollen dem durch eine neue Hallenverteilung entgegenwirken. Zugleich muss man wissen, dass gerade die Fachbesucher auch für die Aussteller im Privatsektor ein wichtiges Potenzial bilden.

Trotz der Änderungen soll die Dachmarke IHM ihrem Wesen nach also erhalten bleiben?

Unsere Befragungen haben ergeben, dass die Marke Handwerksmesse gut positioniert ist. Wir haben von namhaften Firmen wie Würth oder Berner definitive Zusagen, dass sie in dieser Messe eine Zukunftsplattform für ihr Marketing sehen. Die Schlüsselaussteller sind bereits über unsere Pläne informiert und haben uns bekräftigt. Wir wollen keine weitere Segmentierung, sondern setzen auf die Stärken der IHM - ihre Vielfalt und die unzähligen Synergien, die daraus entstehen können. Unser Fahrplan für die Zukunft lautet: "Es geht ums Ganze".

Interview: Petra Schmieder

m+a NEWSLINE Nr.10 / 2005 vom 12.05.2005
m+a NEWSLINE vom 12. Mai 2005