Messe Frankfurt Leinenzwang
Ein seltsames Bild. Michael von Zitzewitz, sonst nie um ein Wort verlegen, las seine Antworten nach der Pressekonferenz mit einem "Auf-die-Frage-habe-ich-gewartet"-Blick vom Blatt ab. Bloß kein falsches Wort, kein schräger oder missverständlicher Ton. "Es wurde nicht verhandelt. Es wurden nur Gespräche geführt, um bestimmte Dinge auszuloten", sagte er. Und niemals habe er Verhandlungen mit Investoren geführt. Punkt. Michael Peters sprang ihm zur Seite: "Fusion oder Verkauf ist nicht Bestandteil der Überlegung, das ist Sache der Gesellschafter."
Auf der Bilanzpressekonferenz am 1. Juli hatte es noch anders geheißen. "Frankfurt soll ein European Champion der Messewirtschaft werden", hatte Zitzewitz gesagt. "Wir können uns vorstellen, durch Partnerschaften eine europäische Messegesellschaft mit Sitz in Frankfurt zu schaffen." Konkreter wollte Zitzewitz im Sommer jedoch noch nicht werden, hatte auf die nächste Konferenz Ende des Jahres vetröstet. Später gar hatte das Unternehmen Gespräche mit Finanzinvestoren bestätigt, die ihrerseits an Gesellschaften beteiligt sind, welche im europäischen Ausland Messen organisieren.
Von der im Sommer vorgestellten Vision war am 2. Dezember keine Rede mehr. Der Messechef versicherte, in den vergangenen Monaten keine Verhandlungen mit potenziellen Partnern geführt zu haben. Die Messe Frankfurt habe lediglich Gespräche geführt. "Wir wissen jetzt, was am Markt möglich wäre und was nicht." Immer wieder betonte Zitzewitz dafür, wie harmonisch Geschäftsführung und Aufsichtsrat zusammenarbeiteten und gemeinsam an einem Strang zögen.
Die Zauberworte heißen "Privatisierung" respektive "Beteiligung": Vor zwei Wochen wollten in Frankfurt CDU, FDP und Grüne einen Antrag formulieren, wonach die Stadt Frankfurt und das Land Hessen zusammen bis zu 49,9 % ihrer Anteile an der Betreibergesellschaft der Messe Frankfurt veräußern sollten. Doch die SPD stellte sich quer - und so bleibt alles, wie es ist. Und Zitzewitz hat nie verhandelt.
m+a NEWSLINE Nr.23/24 / 2004 vom 09.12.2004
m+a NEWSLINE vom 9. Dezember 2004