Der Sound der IFA und Besucher als DJs

Der gezielte und gut geplante Musikeinsatz auf und zur Messe schafft Aufmerksamkeit. Der Klang verstärkt das Markenerlebnis, vor allem, wenn Besucher zu Kreativen werden.

Wie klingen Marken? Eine Frage, die heute niemand mehr absurd findet. Das Ohr als Kanal für Markenbotschaften wird ernst genommen. Selbst Messen profitieren in ihrer Darstellung und Werbung vom Marketingtool Musik. So hat zum Beispiel die Internationale Funkausstellung (IFA) seit dem vergangenen Jahr eine eigene Sound-Corporate-Identity, die von digitalklang sonification services entwickelt wurde. Die Berliner sind sicher: Durch zielgruppengerechtes Acoustic Design kann man in gesättigten Märkten zusätzliche Aufmerksamkeit erzeugen. Denn der Corporate Sound, die akustische Dimension des Corporate Designs, ist einfach schwer zu ignorieren und wird vom Gehirn auch verarbeitet, wenn Menschen nicht bewusst hinhören.
Doch zur eigenen unverwechselbaren Musik ist es ein weiter Weg. Was ist er also, der Klang der Internationalen Funkausstellung? Um ihn zu finden, waren viele Schritte nötig. Gestartet wurde mit einer Markenanalyse der Messe durch Zusammenstellung zentraler Kriterien zum Selbstverständnis, einer Analyse der Visuals, der aktuellen Kampagne, der Miss IFA, der Zielgruppen und nicht zuletzt der zu vermittelnden Gefühlswelten. Ergebnis: Der Klang der IFA orientiert sich an den zentralen Begriffen - modern, innovativ, hochwertig, technisch, unterhaltsam und gibt diesen über die Musik den stärksten Anker, die Emotion.
In einem zweiten Schritt wurde durch die Präsentation von Klängen und Sounds, die diese zentralen Begriffe assoziieren sollten, ein Klangspektrum gesucht, aus dem fünf Musikfolgen entstanden, die als Grundlage für die Entwicklung einer individuellen Klangwelt und des offiziellen IFA Soundlogos dienten. Diese Klangelemente und das Soundlogo werden im Internet, den TV-Spots, auf der CD Rom Präsentation, als Pausenfüller und auch bei Durchsagen in den Messehallen verwendet. Sounddesign kann - wie das Beispiel IFA zeigt - einen Rahmen schaffen und über verschiedene Kommunikationskanäle die Wiedererkennung einer Marke erhöhen. Doch der Einsatz von Klang für eine gesamte Messe ist lange nicht alles, was mit Musik möglich ist.
"Um der kommunikativen Funktion einer Ausstellung oder Messe gerecht zu werden, ist es Pflicht der Kreation, ein Ambiente zu schaffen, das Menschen, Innovationen und Produkte adäquat miteinander in Beziehung setzt und miteinander schwingen lässt", sagt Bertram Ernst. Der Geschäftsführer der Bochumer Mönchspfeffer GmbH ist überzeugt, dass Musik immer eine entscheidende Rolle spiele, um Positionen zu definieren und Menschen und Inhalte miteinander in Verbindung zu bringen. "So ist es nur konsequent, den heutigen Herausforderungen moderner Markenkommunikation mit innovativ aufbereiteten, musikalischen Schwingungen zu begegnen und mit diesen eine Brücke zwischen Markenwelt und Zielgruppe zu bauen." Zwar treffe er immer wieder Kunden, die den Einsatz von Musik auf Messen lediglich mit einem erhöhten Geräuschpegel verbinden, doch es gelinge doch, Musik als essentiellen Bestandteil einer umfassenden Kommunikation zu platzieren, so Ernst.
Seine Maxime lautet: Der Musikeinsatz auf Messen sollte kommunikationsfördernd sein, dazu beitragen, der Marke ein Gesicht zu geben und zusätzlich als Leitsystem zu den verschiedenen inhaltlichen Stationen funktionieren. Damit seien die Ansprüche an Exhibition-Musik definiert, denen man mit reiner Archiv- oder Chartmusik mangels inhaltlicher Spezifikation keinesfalls gerecht werden könne. Vielmehr geht es um Neukompositionen, die mit ihrem spezifischen Sound die Markenwelt und die aktuelle Kommunikationsausrichtung ebenso abbildet wie die Produktwelt. "Neben den Kompositionen und ihrem Sounddesign sind in unserer erlebnisorientierten Kommunikationswelt die Formate entscheidend: Neben dem Musikeinsatz innerhalb klassischer Bühneninszenierungen haben sich in den letzten Jahren zunehmend 'Klangdächer' erfolgreich durchgesetzt."
Für die Volkswagen AG sind im Mönchspfeffer-Tonstudio im Rahmen von Messeauftritten auf der NAIAS in Detroit, der Tokyo Motorshow oder dem Automobilsalon in Genf verschiedene Kompositionen als Klangdächer entwickelt worden, die die einzelnen Produktsegmente temporär sowie örtlich begrenzt auszudrücken wussten. Diese Dächer bespielten in unterschiedlicher Intensität verschiedene Teile des Standes und homogenisieren die Umfeldgeräusche. "Mit einer geeigneten, groovenden Ambiente-Musik erscheint jeder Messestand als geschlossene Einheit und lässt die Umfeldgeräusche anderer Mitbewerber vergessen. Sie wirkt einladend und aktivierend zugleich und harmonisiert sowie synchronisiert das gesamte Standgeschehen", so Ernst, der auch als Komponist arbeitet.
Einzigartig im Markt bietet das Unternehmen nun ein Tool an, dessen einfache Bedieneroberfläche es ermöglicht, sich durch die verschiedenen Standbereiche selbständig ,musikalisch zu navigieren'. So kann der Messebesucher sein eigenes Klangdach aus vorgefertigten Tracks erstellen und den Stand als Sounddesigner beziehungsweise DJ bespielen. Dabei sollen die Messebesucher keinesfalls zu Komponisten werden. Vielmehr geht es um die aktive Auseinandersetzung mit der Marke und ihrern Charaktermerkmalen. I-AM heißt dieses innovative Werkzeug (Interactive Mixer) und bietet jedermann den schöpferischen Prozess des Musizierens. Ohne lange Einarbeitung, ohne jede Anleitung, ohne Installation - einfach anklicken und loslegen.

m+a report Nr.7 / 2006 vom 27.10.2006
m+a report vom 27. Oktober 2006