Destinationsmanagement

Die Stadt Genf, die Messegesellschaft und die Hoteliers setzen auf Zusammenarbeit auch auf internationaler Ebene.

Rund 1,5 Millionen Besucher pilgern jährlich auf das Messegelände in Genf. Rund die Hälfte von ihnen kommt im Frühjahr. Dann geht in den Hallen der Automobil-Salon über die Bühne, ein Spektakel, das keinen Autofreund unbeeindruckt lässt. Die Veranstaltung gehört zu den vier wichtigsten Automobilmessen weltweit. Sie findet jährlich im Frühjahr statt (die IAA in Frankfurt hat einen zweijährigen Turnus). Immer wieder gibt es Gerüchte aus der Industrie, sie würde auch für Genf einen anderen Rhythmus bevorzugen. Der Salon gilt als die größte Messe in der Schweiz. Er ist keine Eigenveranstaltung von Geneva Palexpo, sondern eine Gastmesse wie auch die berühmte ITU World Telecom, die Internationale Messe für Erfindungen, neue Techniken und Produkte oder die EBACE - European Business Aviation Convention and Exhibition. Vor allem letztgenannte fliegt auf Genf, ist doch der Flughafen gleich gegenüber dem Messegelände - ein Plus auf das Claude Membrez zählt. Den Geschäftsführer von Palexpo scheint die Abhängigkeit von Gastveranstaltern nicht zu stören: "Die Leute wollen Genf." Und Genf, berühmt für Banken, Uhren und Uno, stellt er klar, ist einen verlockendes Ziel.
Wie die Aktivitäten auf internationaler Ebene funktionieren, haben die Genfer im Fall ITU World Telecom beispielhaft vorgeführt: Die Messe, die einst als bedeutendste und größte Telekommunikationsveranstaltung der Welt galt, hatte die Calvin-Stadt nach 30 Jahren verlassen. Mit ein Grund für das Abwandern nach Hongkong waren die hohen Preise in der Stadt, namentlich die Hotelkosten. Alles war gut gegangen, bis die Durchführung der Mega-Show 2003 in Schieflage geriet und die Messe um ein Drittel schrumpfte. Als die Veranstaltung jetzt ausgeschrieben wurde, bewarben sich auch die Genfer wieder. Die Stadt hat aus dem Weggang gelernt, die Hoteliers auch. Das Ergebnis: Die ITU, die ihren Sitz in Genf hat, kehrt mit ihrer prestigeträchtigen World Telecom 2009 zurück an den Lac Leman. "Destinationsmanagement" nennt Membrez das. "Wenn wir alle international mit unseren Namen arbeiten, dann bekommen wir alle mehr Business."
Genf steht auch für Exklusivität. Ein Beispiel ist der internationale Salon der Uhrmacherkunst Haute Horlogerie, den auch Fachbesucher nur mit Einladung betreten dürfen. Bei dieser exklusiven Uhrenmesse allerdings wird "bald etwas passieren, ob mit oder ohne Basel", kündigt Membrez an. Auch Kugelschreiber hat er für das Luxussegment entdeckt. In der Villa Sarrazin wird es demnächst eine entsprechende Präsentation geben. Ansonsten setzt auch Claude Membrez auf (Auto)Mobiles. Im Oktober gehen an den Start die Geneva Classics - Ausstellung für klassische Motorsportmodelle (6. bis 10. Oktober) und die Utilexpo - Salon für leichte und schwere Nutzfahrzeuge (19. bis 21. Oktober). Sie sollen das Portfolio der Eigenmessen stärken und im Herbst die Hallen füllen.Stichwort Kongresszentrum. Geplant ist, es an die Halle 6 andocken zu lassen, die vor wenigen Jahren eröffnet wurde. Doch noch befindet es sich im Planungsstadium. Was fehlt, ist das Geld, um es in die Realität umzusetzen. Zumindest hat es die Messegesellschaft nicht. Claude Membrez sieht das Ganze pragmatisch: "Wer das Kongresszentrum will, muss es auch bezahlen."

m+a report Nr.5 / 2006 vom 14.08.2006
m+a report vom 14. August 2006