Softwaregestützte Kontrolle verspricht Objektivität

Erfolgskontrolle von Eventveranstaltungen birgt eine Menge Konfliktpotenzial. Spezielle Softwareprogramme versprechen einen objektiven Blick hinter die Kulissen.

Erfolgskontrolle, Evaluation, Wirkungsmessung, Nachhaltigkeit - diese Schlagworte tauchen zwar immer häufiger auf, wenn vom Eventgeschäft und Eventveranstaltungen die Rede ist. Etablierte Messinstrumente wie IVW-Zahlen oder Einschaltquoten fehlten lange in einer Marketingdisziplin, in der es zum Teil immer noch reicht, wenn Chef oder Vorstandsvorsitzender nach einer Veranstaltung sagen: "Schön war's." Inzwischen sind einige Messsysteme auf dem Markt. Problematisch ist allerdings, wenn eine Agentur die eigene Leistung bewerten soll - wer stellt sich schon selber ein schlechtes Zeugnis aus.
Zusätzlich sind Unternehmen und Agenturen in einer Branche tätig, in der eine Vergleichbarkeit unter Veranstaltern kaum gegeben ist. So ermittelte die TU Chemnitz für ihren aktuellen Eventreport, dass Schwierigkeiten im Zuge einer Veranstaltung von Agenturseite wesentlich häufiger einem schlechten Briefing zugeschrieben werden als bei den Unternehmen - alles eine Frage des Standpunktes. Objektive Messinstrumente sind gefragt.

Ein Beispiel ist das von der Bonner Agentur Bob Bomliz Group gemeinsam mit einem auf Individualsoftware spezialisierten Softwarehaus entwickelte Tool E-Bob. Es kommuniziert und informiert in allen Phasen des Eventprozesses, steuert, plant und organisiert Veranstaltungen und dient als digitale Schnittstelle zu den Menschen, die Events veranstalten, organisieren oder besuchen. Schon im Vorfeld läuft die Registrierung über ein Veranstaltungswebportal, in das auch jederzeit aktuelle Informationen rund um die Veranstaltung, die Reiseplanung, Übernachtung und das Rahmenprogramm eingepflegt werden können. Vorträge und Workshops mit einem persönlichem Planer sind ohne besondere Kenntnisse administrierbar. Das Ganze ist einbindbar in das Intranet eines Unternehmens oder auch in den Internetauftritt.

Mit der Vorbereitung alleine ist es allerdings nicht getan. Zur Veranstaltung selbst kann man über die Software Subunternehmer koordinieren und gleichzeitig die Gäste auf der Anreise betreuen. Akkreditierung, Garderobe, Hotelcheck-In, Gepäckservice und Zugangskontrolle laufen über die Software. Besonderer Clou: Das Namensschild mit einem RFID-Chip weiß jetzt, wer in welchen Raum darf und begleitet Gäste durch die Veranstaltung. Außer der automatischen Steuerung der Gäste und einer Erfassung der Daten, ermöglicht das System eine gezielte Nachbereitung und unterstützt so softwaregesteuert die Evaluation des Events. Statistiken - wer war wann und wie lange anwesend? Welche Kosten sind entstanden? Welche Themen haben die Gäste interessiert? - können direkt aus dem System ermittelt werden. Auch eine individuelle Kundenbetreuung mit beispielsweise der Zusendung von passenden Info-Packages und Einladungen wird einfacher. Online-Befragungen und die Aufbereitung des aktualisierten Verteilers ergänzen ein System, das fähig ist, eine Reihe objektiver Daten zu ermitteln.

Weitere Beispiele für eine konsequente Evaluierung ist das Großprojekt von Siemens Automation & Drives (A&D), die Railshow mit dem Exider. Auf ihrer mehrjährigen Weltreise machte die mobile Messe bisher Station in mehr als 20 Ländern und in über 120 Städten in Europa und Asien. Seit Februar 2004 ist der Exider in Kanada, den USA und Mexiko unterwegs.
Von Beginn der Planung an legte Siemens A&D wert auf eine sorgfältige Evaluierung des Projekts. "Bei einem Event dieser Größenordnung fordert schon allein die betriebswirtschaftliche Vernunft, dass wir genauen Aufschluss über Stärken und Schwächen der Veranstaltung erhalten", erläutert Matias Ernst, Werbeleiter, Siemens A&D. Um die Zugkraft des Exider professionell zu belegen, setzt Siemens A&D auf FairControl. Das Unternehmen aus Gräfelfing bei München misst mit speziell entwickelten Evaluierungsinstrumenten die Erfolgskriterien. Im Anschluss an die Messung wird die Entwicklung dieser Kriterien, die im Vorfeld mit den Eventverantwortlichen individuell abgestimmt und festgelegt wurden, analysiert. Als Ergebnis erhalten die Manager stichhaltige Aussagen über die Qualität einer Veranstaltung und schaffen damit die argumentative Grundlage für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Die Grundidee für eine sorgfältige Evaluierung des Exiders ist, mit Hilfe von Besucherbefragungen vor Ort zu überprüfen, inwiefern die Veranstaltungsziele bei den definierten Zielgruppen ankommen. Die Erlebniswelt des Zuges steht sowohl bestehenden Kunden und einem interessierten Fachpublikum als auch dem Spontanbesucher, der die Ankunft des Exiders aus der Lokalpresse erfahren hat, offen. Die Konzeption der Railshow musste daher in der Darstellung technisch sehr anspruchsvoller Themen nicht nur sprachliche und kulturelle Differenzen berücksichtigen. Auch dem unterschiedlichen Blickwinkel und Wissensstand der Besucher musste Rechnung getragen werden. In der Heterogenität der Zielgruppen lag eine der Herausforderungen bei der Entwicklung eines strukturierten Fragebogens. Themen der Befragung waren unter anderem die Motivation für den Besuch, die Verweildauer im Zug, die Bewertung der interaktiven Module und der Gesprächsqualität mit den Siemens Experten sowie die Zuggestaltung. Siemens A&D versprach sich zudem Erkenntnisse über mögliche direkte Imageeffekte, die sich durch einen Besuch des Exiders ergaben.

Um eine qualitativ hochwertige Befragung zu gewährleisten und die Ergebnisse nicht durch etwaige sprachliche Unsauberkeiten zu gefährden, stellte FairControl ein Interviewteam zusammen, das das Projekt von Beginn an begleitete und die gängigsten europäischen Sprachen fließend beherrschte. Von März 2002 bis Dezember 2003 führten die FairControl-Interviewer insgesamt über 1500 Befragungen in 13 Ländern und an 23 Stationen in der entsprechenden Landessprache durch. Am Ende der ersten Phase Ende Mai 2002 wertete FairControl die Rohdaten detailliert statistisch aus und präsentierte der Projektleitung eine erste Analyse, die auch etwaige Verbesserungspotenziale deutlich machte. Während der Sommerpause des Zuges bestand damit Gelegenheit, die Ergebnisse direkt, zum Beispiel durch kleinere Umbaumaßnahmen, umzusetzen. "Wir haben uns gleich zu Beginn der Tour ein umfassendes Bild von der Bewertung gemacht. So bestand die Möglichkeit, bei Kritikpunkten für die nächsten Tourphasen noch gegenzusteuern", beschreibt Marcus Karst, verantwortlich für das Kommunikationskonzept zum Exider, die Chance einer zeitnahen Analyse. Nach jeder Phase folgten weitere Auswertungen, deren Ergebnisse verstärkt für einen Vergleich in den unterschiedlichen Ländern herangezogen wurden. Ziel war es, Erkenntnisse für künftige Marketing- und Vertriebskonzepte zu erhalten.

FairControl spielte den Fragebogen in PDAs (Personal Digital Assistants) ein, so dass die Antworten unmittelbar vor Ort eingegeben werden konnten. Der Vorteil lag in einer einheitlichen Datenaufbereitung. Somit war eine schnellere Auswertung mit Hilfe von Statistikprogrammen möglich. Durch die anschließende grafische Aufbereitung der Ergebnisse und das Herausarbeiten der Kernaussagen erkannte das Projektteam auf einen Blick, welche Aspekte der Show positiv bewertet wurden und wo mögliches Verbesserungspotenzial nutzbar war.

m+a report Nr.3 / 2004 vom 23.04.2004
m+a report vom 23. April 2004