Diskrepanz zwischen Konzept und Umsetzung

Evaluation ist wichtiger Bestandteil des Messe- und Eventgeschäfts. Ohne Auswertung steuern Unternehmen ziellos von einem Projekt zum nächsten.

Seit wann setzt Scholz & Friends Sensai den brand index ein?

Wolfgang Schneider: Wir haben rund drei Jahre gebraucht, um ihn mit unseren Kommunikationsexperten zu entwickeln. Es gibt zwar schon Evaluierungssysteme, aber da Scholz & Friends orchestrierte Kommunikation anbietet, also nicht nur Messe, Event oder Roadshows, sondern unter anderem auch klassische und PR-Kommunikation war Neues gefragt. Es gibt für die klassische Kommunikation zwar bewährte Evaluierungssysteme, aber es gibt keines, das die Klassik mit der 3D-Kommunikation in Verbindung bringt.

Diese Vernetzung haben Sie vorgenommen?

Wir haben zusammen mit Architekten, Designern, Psychologen und Marketing- und Kommunikationsexperten ein solches Tool entwickelt. Seit anderthalb Jahren können wir es unseren Kunden anbieten und arbeiten auch sehr viel für Unternehmen, die nicht unsere ureigensten Kunden sind. Das funktioniert natürlich nur, weil wir zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Gibt es da kein Konfliktpotenzial?

Nein, es ist oft eine begleitende Bewertung und hat einen objektiven Rahmen.

Auf welche Ziele ist der Index ausgerichtet, wo haben Ihre Kunden Beratungsbedarf?

Am Anfang der Zusammenarbeit stehen vier Phasen. Der ersten Schritt ist, mit dem Kunden Markenwerte und -ziele zu definieren. Dann folgt die Evaluierung der konkreten Maßnahme. Die dritte Phase besteht daraus, die Ergebnisse die über einen bestimmten Zeitraum gesammelt wurden, miteinander zu vergleichen. Als letzter Punkt werden dann konkrete Handlungsimplikationen abgeleitet, ob zum Beispiel ein Markenauftritt im Rahmen von Messen, Ausstellungen oder Events Sinn macht und die Kommunikationsziele damit überhaupt erreicht werden.

Welche Methoden zur Evaluation setzen Sie denn konkret ein?

Es gibt fünf Module, die wir zur Evaluation nutzen. Zum einen ist da die Kontakterhebung, die mit verschiedensten Mitteln wie elektronische Zählung oder Videoüberwachung vonstatten geht. Der zweite Teil der Kontakterhebung ist die Gewichtung der Kontakte nach Zielgruppen, Kontaktintensität sowie weiteren Kriterien nach Kundenwünschen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bewertung der Markenpräsenz. Es geht um Fragen, wie etwa: "Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Marke vom Konsumenten wahrgenommen wird?" Quantität und Qualität der Platzierung spielen ebenfalls eine Rolle. Das dritte Modul ist die Bewertung des Erlebniswertes. Unsere Spezialisten sind vor Ort und analysieren die konzeptionelle Umsetzung. Vielfach ist es ja so, dass es phantastische Konzepte gibt, die dann durch Budgetgrenzen nicht mehr umgesetzt werden können.

Also geht es um die Kontrolle, dass auf dem Weg vom Plan zur Umsetzung keine Konzeptbausteine auf der Strecke bleiben?

Das ist leider sehr häufig der Fall. Wir sehen immer wieder die Diskrepanz zwischen dem Konzept und der Umsetzung vor Ort. Da fehlen wichtige Bausteine einfach, bei denen man sich fragt, wie konnte man darauf verzichten?

Da ist der Blick von außen sicher hilfreich.

Natürlich, denn bei solchen Projekten spielen gerade bei DAX-Unternehmen Unternehmenshierarchien eine große Rolle. Am Ende steht oft eine Kompromisslösung, die mit den Zielen, die am Anfang gesetzt worden sind, nicht übereinstimmt. Und mit dem Erlebniswert prüfen wir anhand eines markespezifischen Kriterienkataloges die Bereiche Architektur, Innenarchitektur, Produktdesign, Grafikdesign und den Einsatz von audiovisuellen Medien.

Damit aber noch nicht genug?

Nein, das vierte Modul ist die Wirkungsprüfung. Man prüft sehr genau, ob die inhaltlichen und emotionalen Markenbotschaften transportiert worden sind. Um dies festzustellen, gibt es gezielte Kunden- und Besucherbefragungen, bei denen die Awareness festgestellt wird, die Zufriedenheit, das Kaufinteresse und die emotionale Bindung. Diese vier Module sind erforderlich. Dann kommt als fünftes noch optional die PR-Evaluierung dazu. Damit lässt sich auch wieder der Rückschluss ziehen, ob das Investment des Unternehmens einen Mehrwert in der unmittelbaren maßnahmenbezogenen PR erzielen konnte.

Welche Vorteile haben Ihre Kunden aus den Erkenntnissen ziehen können? Hilft die Evaluierung, kommende Veranstaltungen effektiver vorzubereiten?

Ja, sehr. Es gibt die hinlänglich bekannte Tendenz, Messeauftritte einzudampfen, weil sie, wenn man es gut machen will, mit erheblichen Kosten verbunden sind. Wir weisen unsere Kunden darauf hin, dass es wenig sinnvoll ist, nur einen Messeauftritt zu bewerten. Ich muss die Zahlen und Ergebnisse über einen bestimmten Zeitraum miteinander vergleichen. Denn erst das führt dazu, dass man viele Nebenkriegsschauplätze viel besser wahrnimmt.

Wie unterstützt die Evaluation die Wettbewerbsbeobachtung?

Im Rahmen des Erlebniswertes kann man gut vergleichen, wie zum Beispiel auf einer Messe die Stände anderer Unternehmen aussehen.

Wo ist der ROI für den Kunden?

Der liegt in der gesteigerten Transparenz, Effizienz und im Erfolg der 3D-Markenkommunikation durch eine verbesserte Kosten-/Nutzen Relation. Potenziale werden aufgezeigt und Fehler analysiert.

Welche Fehler?

Zum Teil hapert es an der Konzeption eines Standes als solches. Fehler werden aber auch in der Ansprache der Zielgruppen gemacht und es gibt sehr häufig eine starke Diversifikation bei den Auftritten. Es herrscht die Vorstellung, dass man auf die Marke einzahlt, wenn man viele verschiedene Auftritte hat. Doch dieses Denken ist falsch. Des weiteren werden bei durch klassische Kommunikationsmittel Erwartungen geweckt, die die Marke in der Begegnung mit dem Konsumenten selten erfüllt.

Trotzdem gibt es viele Unternehmen, die ohne Erfolgskontrolle arbeiten. Können Sie dies bestätigen?

Was uns auffällt ist, dass Evaluierungssysteme, wenn sie in Unternehmen existieren, nicht aufeinander abgestimmt sind. Obwohl sie das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Marke zu stärken.

Wie kann der Gedanke der Orchestrierung denn überhaupt vermittelt werden?

Markenkommunikation leistet immer weniger und kostet immer mehr. Die Kultur einer orchestrierte Denk- und Handelsweise schlägt sich nachweisbar in den positiven Ergebnissen nieder. Interview: A. Effertz



Wolfgang Schneider ist Geschäftsführer von Scholz & Friends Sensai, der Designagentur für Markenkommunikation innerhalb des internationalen Scholz & Friends Networks. Sie setzt auf die zielgerichtete Vernetzung von On- und Offline Kanälen wie Architektur, Innenarchitektur, Produktdesign, audiovisuelle Medien Hardware und audiovisuelle Medien Software, um daraus orchestrierte Kommunikationslösungen zu entwickeln. Sie ist in den Bereichen Design, Consulting, Eventmarketing, Trademarketing, Interactive und Entertainment tätig. Die Zahlen sowie der Erfolg sprechen für sich. Bereits im ersten halben Jahr nach Gründung realisierte die Agentur Projekte für viele Netzwerkkunden, unter anderem für die Marken Tchibo, West, Davidoff und BCG - The Boston Consulting Group.

m+a report Nr.3 / 2004 vom 23.04.2004
m+a report vom 23. April 2004