Bella Italia

Im Messeland Nr. 2 wird derzeit viel in Gelände und Infrastrukturmaßnahmen investiert. Die Hauptstadt Rom will mit einem neuen Ausstellungskomplex national und international punkten.

Die Italiener sind ein merkantiles Völkchen: 200 000 italienische Firmen beteiligen sich an Messeveranstaltungen. Sie stellen nicht nur die größte Ausstellernation auf dem Messeplatz Deutschland, das Land selbst zählt zu den weltweit führenden Messestandorten. Auf dem Weltmarkt ordnet sich Italien auf Rang 2 ein - hinter Deutschland. Der Marktanteil in Europa beträgt rund 25 % - vor Spanien (13 %) und Frankreich (14 %), aber hinter Deutschland (38 %). Die restlichen 10 % teilen sich andere. Mehr als 1000 Messeveranstaltungen finden nach Angaben der Associazione Esposizioni e Fiere Italiane (AEFI) jährlich statt. Die hohe Zahl begründet der Verband mit der Vielzahl der kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in Italien zu finden sind.
Das Messewesen prosperiert. Waren es 2002 noch rund 150 Messen von rund 1000, die sich in Italien das Prädikat "international" verdienten, waren es 2004 schon 195. Rund die Hälfte der Messen ist nach Angaben des Verbandes national einzuordnen, der Rest ist eher regional. Mit der Anzahl der internationalen Messen wachsen Ausstellungsflächen, Aussteller- und Besucherzahlen - und der Umsatz. 32 große und größere Messestandorte gibt es. Eindeutiger Platzhirsch ist Mailand. Mit 35 % Anteil dominiert die Fiera Milano den italienischen Markt. Ewige Zweite in die Messestadt Bologna mit hochkarätigen Kosmetik-, Bau- und Kunstmessen. Allein die Baumessen ziehen jährlich rund 500 000 Besucher an. Einen besonderen Status haben die Messen Saie, CerSaie und SaieDue. Nummer drei im italienischen Messeranking nimmt Verona ein, das einen guten Namen hat unter anderen für die Themen Landmaschinen, Produkte und Dienstleistungen für die Landwirtschaft, Fieragricola, und Weltruf genießt mit der Vinitaliy, internationale Messe für Weine und Spirituosen. Rimini ist Messeplatz Nr. 4 mit seinen Spitzenevents zum Themenkomplex Nahrung, Show und Unterhaltung. Es folgen Bari und die anderen. Noch. Denn Rom rüstet in Sachen Gelände derzeit mächtig auf. Es will in der ersten Liga der italienischen Messestädte mitspielen - und das als Hauptstadt möglichst ganz weit vorne.
Vor rund einem Jahr wurde das neue Mailänder Gelände in Rho-Pero in Betrieb genommen. Am 21. April werden die ersten acht Pavillons der Nuova Fiera di Roma eröffnet. Mit der Fertigstellung des gesamten Geländes wird 2009 gerechnet. Die Römer kleckern nicht, sie klotzen. An der Via Cristofero Colombo soll eines der wichtigsten italienischen und internationalen Messegelände entstehen. Rom bringt sich in Stellung und nimmt den Wettbewerb mit anderen europäischen Plätzen auf. Das neue Gelände mit Konferenzcenter soll neuen Schwung in die ewige Stadt bringen: Über den Zustrom von Touristen und Pilgern kann Rom nicht klagen. Was stärker wachsen soll, ist der Zuspruch von mehr Geschäftsreisenden. Für sie soll die neue Messe Rom ein lohnendes Ziel werden.
Wenn auch die ersten acht Pavillons, die sich über eine Fläche von 71 786 m2 ziehen, im April eröffnet werden - der Messebetrieb geht erst später los. Andrea Mondello, Chef der Messe Rom, schätzt, dass im vierten Quartal die Hallen betriebsbereit sein werden. Die erste Veranstaltung soll am 22. September starten. Die Ehre, die erste zu sein, hat die Schmuckmesse Orocapital, im November folgt eine Veranstaltung zum Themenkomplex Building und Plant Engineering, im Dezember Art und Crafts. Für 2007 planen die Römer große Veranstaltungen zu den Themen Tourismus und Nahrungsmittel. In diesem Zusammenhang merkt Mondello an, das Unternehmen führe viel versprechende Gespräche mit der Messe Rimini. Diese hätten jetzt zu einer ersten Vereinbarung geführt. Für das neue Gelände sollen 355 Mio. EUR investiert werden - etwa die Hälfte dessen, was die Mailänder für das größte Messegelände Italiens ausgaben. Die Investitionssumme für den Neubau in Rho-Pero wird mit 750 Mio. EUR angegeben.
Zurück nach Rom: Das neue Messegelände, das der Architekt Tommaso Valle entworfen hat, wächst auf einer Bruttofläche von 920 000 m2 heran. 302 000 m2 werden Grünflächen sein. Die geplanten 22 Pavillons werden auf einer Fläche von 186 000 m2 errichtet. Geplant ist eine Nettoausstellungsfläche von 101 000 m2, 19 000 m2 sind für Services vorgesehen. Die 22 Pavillons sind ebenerdig, klimatisiert und mit allen technischen Finessen ausgestattet, die das Messegeschäft braucht. Verbunden werden sie durch einen zwei Kilometer langen Fußweg, den die Besucher bequem von jedem der vier Eingänge erreichen können, an denen auch die Parkplätze für insgesamt 14 000 Fahrzeuge eingerichtet werden.
Ganz aus Stahl und Glas gebaut wird das neue Business Centre, das eine Fläche von 3000 m2 einnehmen wird. Rund 4000 Besucher fasst das Konferenzzentrum, das zum Mittelpunkt des Messegeländes werden soll. Dort können kleine und große Events veranstaltet werden, es passt sich flexibel den Kundenbedürfnissen an. Zur Infrastruktur gehören 30 Läden, Cafes und Restaurants. "Die einmalige Lage in der Nähe des Flughafens, seine Logistik und der Standort Rom werden dem neuen Messegelände einen Top-Start garantieren", ist Andrea Mondello sicher. Das neue Messegelände soll das alte ersetzen.
Die Römer sind nicht die einzigen, die in ihr Gelände investieren. So entsteht gerade auf dem Gelände der Messe Rimini ein neues Konferenzzentrum, die Messe Florenz denkt ebenfalls über eine Erweiterung ihrer Kapazitäten nach, ebenso Verona.
Eines der Themen, für das Italien steht, ist Mode und Bekleidung. Es ist mit weitem Abstand auch der wichtigste Messesektor, gefolgt vom Bau, wie eine Untersuchung von Cermes-Bocconi ergab. Den dritten Platz nehmen Lebensmittel und Catering ein, vor Sport und Freizeit.
In Italien ist das Messebusiness zurzeit ein bewegtes. Nicht nur, dass allerorten gebaut wird. Die Zuständigkeiten wurden vom Staat auf die Regionen verlagert, öffentliche Körperschaften in Aktiengesellschaften (in öffentlicher Hand) umgewandelt, und das private Kapital hat Eingang gefunden, was im Falle Mailand zu einem Gang an die Börse führte.
Dass demnächst Ruhe in Italien eingekehrt, ist nicht zu erwarten. Mit den erweiterten Geländen steigt der Wettbewerbsdruck unter der südlichen Sonne - national und international. Schöne Themen und erfolgreiche Veranstaltungen wecken Begehrlichkeiten. Besonders die der Messe Mailand. So plant sie in den nächsten Jahren etliche Konkurrenzveranstaltungen.
Der Messe Bologna rückt sie als Konkurrent gleich mit zweien auf den Pelz. So wollen die Mailänder neue Events im Baubereich und in der Landwirtschaft etablieren - als Gegenveranstaltung zur SAIE und zur EIMA. Eine neue Messe für Design, Schmuck und Kunst soll der Ora in Vicenza Konkurrenz machen, eine Lebensmittelmesse der CIBUS in Parma, und eine zu Verarbeitung und Absatz von Obst und Gemüse der Macfrut in Cesena.
Und dass die Weltleitmesse für Wein und Spirituosen in Verona stattfindet und nicht bei ihnen, lässt die Mailänder ebenfalls nicht ruhen: Sie tragen sich mit dem Launch einer neuen Weinmesse. Es wird unruhig bleiben.

m+a report Nr.2 / 2006 vom 24.03.2006
m+a report vom 24. März 2006