AUMA bekommt stärkeres Profil

Als Anbieter individueller Dienstleistungen hat der Verband sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft, findet Präsident Thomas H. Hagen.

Endlich mal ein Mittelständler, allerdings mit Konzernerfahrung, mögen sich die Verantwortlichen gesagt haben, als sie vor gut zwei Jahren Thomas H. Hagen überzeugten, Vorsitzender des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (AUMA) in Berlin zu werden. Er nimmt das Ehrenamt ernst, mischt sich ein und kräftig mit. Seit dieser Zeit ist im AUMA einiges in Bewegung. "Wir brauchen ein Spitzenteam und nicht ein Team mit Spitze", kommentiert er die neue AUMA-Führungsstruktur. Mit jetzt Peter Neven als Geschäftsführer an der Spitze des Verbandes steuert Hagen das Schiff noch mehr auf Dienstleistungskurs. "Wenn die Aussteller wüssten, was der AUMA alles weiß und wo er helfen kann", seufzt Hagen. Und genau dort will er ansetzen.
Als Anbieter individueller Dienstleistungen hat der Verband sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft, findet Vorsitzender Thomas H. Hagen. Ihm geht es in erster Linie um das Instrument Messe. "Von dessen Effizienz bin ich absolut überzeugt. Die gemeinsamen Interessen von Ausstellern, Veranstaltern und Besuchern sind größer, als man glaubt."
Im Vorfeld des 100-jährigen Bestehens, das der AUMA im nächsten Jahr in Berlin angemessen feiern wird, ist zurzeit viel von Visionen, von Mission-Statements die Rede - und von Maßnahmen, die im Mai 2007 bereits umgesetzt sein sollen. Hagen, im Hauptberuf Chef der Weidmüller-Gruppe - Weltmarktführer der elektrischen Anschlusstechnik in Detmold, führt den Verband wie das Unternehmen. Von dem Sujet Messe ist er überzeugt, wie von dem Potenzial, schließlich zählen Messen neben Automobil und Logistik zu den deutschen Paradebranchen. Er weiß die deutsche Industrie hinter sich. "In der B-to-B-Kommunikation investieren Aussteller fast 40 % ihres Marketingetats für Messen. Die Beteiligung an einer internationalen Messe ist auch das einzige Kommunikationsinstrument, das quasi auch automatisch den Export ankurbelt," stimmt er dem Ausspruch zu, Messen seien das "Vertriebsschwert des Exports".
Vom guten Renommee der Messen, da ist Hagen überzeugt, profitiert auch der AUMA. "Manche Verbände, deren Branche soviel Umsatz hat wie die Messewirtschaft - rund 2,5 Mrd. EUR auf Veranstalterseite - kommen kaum in der allgemeinen Öffentlichkeit vor. Ich glaube, weder die Messeveranstalter noch der Verband können sich über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Tatsache ist, dass die Messewirtschaft die Branche ist, die gemessen an ihrer Größe, die vermutlich höchste öffentliche Aufmerksamkeit hat." Künftig wird die hohe Dienstleistungskompetenz des AUMA für Aussteller und Veranstalter noch mehr in den Mittelpunkt gerückt.
Ohne Messen könnte Deutschland vielleicht auch Exportweltmeister sein, "aber der Aufwand wäre ohne Messen erheblich höher. Nicht nur der Mittelstand profitiert sehr stark davon, dass es so viele Leitmessen vor der Haustür gibt." Durchschnittlich kämen 30 % der Fachbesucher aus dem Ausland. "Solche Chancen, relativ effiziente Auslandskontakte aufzubauen und zu pflegen, haben Unternehmen in anderen Ländern nicht." Die Argumente für den Messeplatz Deutschland seien oft genannt worden: höchste Internationalität, hervorragende Hallen und andere Infrastruktur, langfristige Messekonzepte - und auch der oft kritisierte Service sei inzwischen hervorragend.
Wird von der deutschen Messewirtschaft gesprochen, tauchen bald auch die Reizworte Überkapazitäten und Privatisierung auf. Hagen winkt ab. "Ob vorbehaltlose Privatisierung viele Probleme löst, möchte ich bezweifeln. Gelegentlich wird ja beklagt, die öffentlichen Eigentümerstrukturen führen zu einem Überangebot an Messen. In Frankreich, England oder den USA ist die Messewirtschaft aber nicht geordneter. Es gibt dort reichlich mehrfach besetzte Messethemen, obwohl oder gerade weil dort das Veranstaltungsgeschäft sehr stark in der Hand von Privatunternehmen ist." Der AUMA-Vorsitzende: "Eine bessere Qualität von Organisation und Management kann ich auch nicht feststellen." Und niemand könne wirklich sagen, ab wann man von Überkapazitäten sprechen könne. "Vermutlich ist kein Messegelände der Welt zu 100 % ausgelastet." Interessant sei in diesem Zusammenhang, dass auch bei Büroimmobilien oder in der Hotellerie in vielen Städten von Überkapazitäten die Rede sei, obwohl es in diesen Bereichen kaum öffentliche Eigentümer gebe. "Privateigentum führt offensichtlich nicht automatisch zu Kapazitätsanpassungen." Wenn es an einzelnen Plätzen Auslastungsprobleme gebe, solle man nicht versuchen, diese mit Messen zu füllen, die die Wirtschaft nicht braucht. "Übrigens haben wir kürzlich ausgerechnet, dass die Auslastung der deutschen Messeplätze mit internationalen Messen vor 25 Jahren ungefähr genauso hoch war wie heute. Das heißt: Entweder hat es immer Überkapazitäten gegeben oder die Erweiterungen waren doch weitgehend marktgerecht."
100 Jahre. Das ist auch für einen Verband ein stolzes Alter. Thomas Hagen will als Vorsitzender den AUMA auch künftig als den zentralen Anbieter von Gemeinschaftsleistungen wie Lobbyarbeit, Dachmarketing, Marktforschung und Bildung für die Branche sehen. "Der AUMA muss sich aber auch noch stärker als Anbieter individueller Dienstleistungen für seine Mitglieder profilieren. Ich bin überzeugt, dass hier die Zukunft von Verbänden liegt."

m+a report Nr.2 / 2006 vom 24.03.2006
m+a report vom 24. März 2006