EU-Politik zum Anfassen

Europäische Messegesellschaften können EU-Initiativen wirkungsvoll in ihre Veranstaltungen einbeziehen: als fachlich kompetente Mittler zwischen Politik und Industrie. Nur wenige tun dies bereits.

Einige wenige Messegesellschaften in Europa haben eigens auf EU-Angelegenheiten spezialisierte Mitarbeiter. So die Messe Frankfurt. "Bei uns ist die Verknüpfung ideal", sagt Barbara Weizsäcker, die das EU-Referat zusammen mit ihrer Kollegin Katja Kammerer besetzt. "Wir haben auch ein Büro in Brüssel." Dort wacht Jörn Kronenwerth, unterstützt durch Yvonne Hendrych. Es vereinigt die Aufgaben der klassischen Auslandsvertretung mit denen der EU-Repräsentanz. Die Verzahnung der genauen Kenntnisse des Kerngeschäfts einer Messegesellschaft und Netzwerken in Brüssel sind entscheidend. Inhaltlich seien zwei Themenblöcke zu unterscheiden: einerseits diejenigen Felder der EU-Politik, die das Messegeschäft als solches betreffen, andererseits all diejenigen, die in die Themen und Branchen hineinreichen, die die Messe Frankfurt bedient.
Zum ersten Block gehört die aktive Mitarbeit in den verschiedenen Gremien der deutschen und europäischen Verbände AUMA und EMECA. "Erst im Chor und möglichst sogar gesamteuropäisch findet man in Brüssel wirklich Gehör", so die EU-Expertin.
Neue politische Vorgaben oder Initiativen aus Brüssel werden frühzeitig in die Veranstaltungen integriert, sei es als Rahmenprogramm in Form von Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Sonderschauen oder als offizielle Delegationsbesuche. So wurde beispielsweise der von der Messe Frankfurt vergebene Architecture and Technology Award in Kooperation mit der EU Kommission konzipiert. Die Wettbewerbskritierien waren an die neuen EU-Energieeffizienzvorgaben angelehnt. Die Preisverleihung findet regelmäßig während der Messe Light+Building unter der Schirmherrschaft der Kommission statt.
Hinzu kommt die Beteiligung an verschiedenen von der EU ausgeschriebenen Förderprojekten. So fand zur Ambiente im Februar im Rahmen des Wirtschaftsförderprogramms AL Invest ein Matchmaking-Meeting von 15 lateinamerikanischen Firmen mit 30 europäischen Unternehmen statt, die Kooperationsmöglichkeiten eruieren sollten. "Die Organisation des Treffens wird von der EU gefördert, da Interesse daran besteht, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und Lateinamerika zu stärken. Solche Aktionen sind eine exzellente Möglichkeit, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, mit geringen Kosten in einem neuen Markt Fuß zu fassen." Auf den Messen in Lateinamerika werden solche Meetings als Ergänzung zum Messebesuch angeboten. Auch an verschiedenen Forschungsförderprojekten beteiligt sich die Messe Frankfurt als eine der wenigen Messegesellschaften seit fünf Jahren. Der ohnehin enge Kontakt zu Forschungseinrichtungen und die Bestrebung der EU Kommission, Forschungsergebnisse breit und zeitnah zu kommunizieren, bringen wieder die Messe ins Spiel. Als Beispiel nennt Weizsäcker das Projekt Tensinet im Bereich textile Architektur, dessen Resultate im Rahmen der Techtextil wiederholt präsentiert wurden. "Das Folgeprojekt steht jetzt in Aussicht: Mit einer Laufzeit von vier Jahren und rund 30 Partnern wird es wieder spannend."

m+a report Nr.2 / 2006 vom 24.03.2006
m+a report vom 24. März 2006