Brandspaces - von 2-D zu 3-D

Die neue m+a-Serie Brandspaces stellt strategische Prinzipien und gestalterische Mittel für eine nachhaltige Verbindung von Marke und Raum vor. Das Ziel ist es, über den Messestand als strahlendes Ereignis hinaus einen Blick auf den gesamten Unternehmensauftritt zu werfen, der für den Messebesucher oftmals im Dunklen bleibt.

Wir Designer sind Erfinder von Bildern der Freiheit", schreibt der amerikanische Philosoph und Architekturkritiker Sanford Kwinter in einem Essay über die jüngere niederländische Architektur. Zunächst erscheint dieser Anspruch grotesk. Freiheit, könnte man sie denn darstellen, müsste ein Leerraum sein, in den der Betrachter seine persönlichen Vorstellungen und Visionen hinein interpretieren kann. Die Architektur würde sich auf eine leere Hülle und die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur beschränken. Vielleicht entspricht eine Messehalle diesem Zustand. Die große Herausforderung ist es, für diesen Leerraum etwas Imaginäres zu materialisieren. Die Messe wird zu einem Ort, an dem Geschichten erzählt, Themen inszeniert und Versprechen eingelöst werden.
Brands dienen heute nicht mehr der ursprünglichen Kennzeichnung zur Herkunft oder Qualität von Waren, sondern der Verkörperung von Unternehmensinhalten, die mit zusätzlichen Aspekten wie Image, Aura, Emotion und Faszination aufgeladen werden. Um eine klare Abgrenzung zu erzielen, präsentieren sich Marken immer seltener in einer gemeinsamen Ordnung, sondern werden in einem isolierten räumlichen Umfeld inszeniert. Der Messestand bildet ein temporäres Statement, das Informationen zu Marke, Leitbild und Produkten synergetisch zusammenfasst. Wie aber lässt sich die Kontinuität des Markenauftritts auch bei der Gestaltung von individuellen Markenräumen sichern? Wie viel Freiheit oder "Frei-Raum" ist möglich, ohne ein übergreifendes Erscheinungsbild in Frage zu stellen?
Die Firma Sto AG aus Stühlingen im Schwarzwald hat beispielsweise ein Corporate Design entwickelt, in dem alle sichtbaren Bereiche wie Farbe, Typografie und Verpackung systematisch erfasst sind. Da die Produkte des Herstellers von Farb-, Fassaden- und Beschichtungssystemen keine Artikel sind, die mit einem Markenlabel versehen werden können, geht die Zuordnung zum Hersteller bei der Verarbeitung verloren. Die Markenidentifikation wird hier durch zweidimensionale Elemente gewährleistet, die auch im räumlichen Erscheinungsbild angewendet werden. So findet sich das typische Gelb nicht nur in der Geschäftsausstattung, der Verpackung und allen Printmedien wieder, sondern kommt auch in der Architektur zur Anwendung.
Für den Messestand auf der Farbe 2005 in Köln wurden die charakteristischen Verpackungen zu leuchtenden Orientierungspunkten. Bei den Verkaufs-Centern dominiert das Prinzip der Einheitlichkeit, während die regionalen Niederlassungen durch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Architekten geprägt sind. Die Firmenzentrale in Stühlingen hat durch außergewöhnliche Architektur internationale Beachtung gefunden. Abbildungen dieser räumlichen Inszenierungen werden im Rahmen von Dokumentationen und Werbekampagnen wieder in das zweidimensionale Erscheinungsbild eingegliedert. Die räumlichen und die zweidimensionalen Komponenten stehen hier unmittelbar nebeneinander und bilden eine sichtbare Einheit.
Es hat sich gezeigt, dass der Transfer von 2-D-Elementen des Corporate Designs nicht zwangsläufig zu uniformer Architektur führen muss. Durch die geschickte Integration dieser Bausteine können individuelle Brandspaces erzielt werden, mit denen die Identität von Unternehmen auf vielfältige und individuelle Weise kommuniziert wird.
Jons Messedat

m+a report Nr.1 / 2006 vom 13.02.2006
m+a report vom 13. Februar 2006