Business is local

Im Gegensatz zu den deutschen Leitmessen im Marketing, die unter Einbußen leiden, haben es einige Messemacher geschafft, mit regionalen Veranstaltungen den Markt zu besetzen.

Marketing ist ein sperriges Messethema. Die Branche ist zu heterogen, um sie auf einer Messe zu vereinen. Diese Erfahrung mussten im vergangenen Jahr die Macher der Messeflaggschiffe der Marketingbranche, der DIMA in Düsseldorf und der Marketing Services, die im Wechsel in Frankfurt und Hamburg stattfindet, machen. Beide steuern durch unsichere Gewässer. Schon des Öfteren wurden sie von Medien und Besuchern totgesagt.
Weitgehend unspektakulär haben sich dagegen in den vergangenen Jahren Marketingmessen etabliert, die ihren Erfolg nicht zuletzt aus der stark regionalen Ausrichtung ihres Aussteller- und Besucherportfolios ziehen. Im Jahr 2000 wagte das IM Marketing-Forum aus Erlangen den Sprung ins Messegeschehen. Im Windschatten der damals noch unumstrittenen Nr. 1 der Direktmarketingwelt, der DIMA, feierten in Nürnberg die Mailingtage Premiere. "Unsere Idee war es, sich stark auf den ganzen Bereich Printmailing zu konzentrieren. Wir waren auch im Gegensatz zur DIMA eine eher produktionsorientierte Messe", schildert Nico Marcuz, Mitgeschäftsführer des IM-Marketingforums, die Anfänge der Mailingtage in der Nürnbergmesse. Dabei war die regionale Ausrichtung nicht nur Segen. Die ersten drei Jahre sei ein langer Atem gefragt gewesen, aber inzwischen habe sich die Messe etabliert. Nicht zuletzt die Kosten führten dazu, erst einmal klein anzufangen. "Wir selber haben uns damals nicht in einem größeren Rahmen gesehen. Das sind wir nicht, war unsere Überzeugung", so Marcuz. Signale von Besucherseite brachten die Veranstalter im Laufe der Zeit dennoch dazu, das Portfolio zu erweitern. Die Themen Kundenzeitschriften, Telefonmarketing und Call-Center, um nur einige zu nennen, haben sich neben dem klassischen Direktmarketing etabliert. Und die Messe wächst. "Obwohl wir uns noch als regionaler Anbieter verstehen, haben wir inzwischen Aussteller aus Russland, Polen, Belgien und Holland." Auch die Besucher zog es zu den 6. Mailingtagen im vergangenen Jahr aus ganz Deutschland ins Fränkische. Trotz allen Erfolges versteht sich Marcuz nicht als Konkurrenzveranstaltung zur DIMA: "Wir arbeiten am gleichen Thema und ich bin sicher, der Markt ist noch nicht ausgereizt." Ein Blick auf steigende Umsatzzahlen bestätigt seine Prognose. Insgesamt 32 Mrd. EUR investierten Unternehmen in Deutschland im Jahr 2004 in Direktmarketing, so das Ergebnis der Studie "Direktmarketing Deutschland 2005" der Deutschen Post.
So überlegt auch das IM Marketing-Forum, wie das erfolgreiche Konzept, das sein regionales Korsett längst abgestreift hat, weiter entwickelt werden kann. Auf den 7. Mailingtagen am 12. und 13. Juli im Congress Centrum Nürnberg hat daher neben der Sonderschau Kreation, die herausragende Mailings präsentiert, die Ausstellung Corporate Publishing Premiere.
Die Öffnung birgt aber auch Gefahren. So befriedigend für die Messemacher die wachsende Bedeutung der Mailingtage sein mag, sie laufen Gefahr, sich im Überangebot der Branche zu verzetteln. Schon jetzt haben die Nürnberger mit 3510 Besuchern 2005 den einstigen Branchenprimus DIMA mit 3340 Besuchern hinter sich gelassen.
Als hochkarätige Werbemesse für den Mittelstand sieht sich die Ideenbörse, Stuttgart, die am am 23. und 24. März neue Akzente im Marketingbereich setzen will. Begleitendes Highlight soll der 4. Direktmarketing-Kongress des Mitveranstalters Deutsche Post Geschäftsbereich Vertrieb Brief Gewerbekunden werden. Zur letzten Veranstaltung kamen im April 2005 rund 120 Aussteller und über 2100 Fachbesucher. Die Erfahrung der Messemacher ist auch in Stuttgart, dass viele kleine und mittlere Unternehmen erst langsam beginnen, sich für das Thema Direktwerbung zu interessieren und daher das Thema viel Potenzial birgt. Dieser neuen Klientel will die Ideenbörse einen umfassenden Überblick über die Möglichkeiten geben, die das Direktmarketing heute bietet. Die Messe wendet sich deshalb in erster Linie an die Marketing- und Vertriebs-Verantwortlichen aus Klein- und mittelständischen Unternehmen, aus Industrie, Handel, Dienstleistung und Handwerk sowie Marketing-Dienstleister wie Agenturleiter, Kundenberater oder Unternehmensberater. "Kontakte, die man nicht vergisst", lautet der neue Slogan, der zusammen mit einem überarbeiteten Logo frische und dynamische Eigenwerbung für die Veranstaltung auf dem Killesberg sein soll. Ein weiteres Highlight und Ideengeber für Besucher soll die "Bestseller Mail Lounge" sein. Aus dem Netzwerk der bundesweit 30 Direkt-Marketing-Center der Deutschen Post werden die erfolgreichsten Maillösungen gezeigt. Auch in Stuttgart versucht man, die unübersichtliche Branche für den Besucher übersichtlicher zu gestalten und gliedert die Ideenbörse: Im Bereich Direktmarketing finden sich Adressverlage, Direktwerbeunternehmen, Lettershops und Mailingspezialisten wieder. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den interaktiven Medien wie E-Mail-Marketing, Newsletter-Marketing und Suchmaschinen. Print & Services fasst die Druckereien, Druckweiterverarbeitung und Postverarbeitungssysteme zusammen. Im Ausstellungsbereich Kommunikation befinden sich Bildagenturen, Werbeagenturen und PR-Agenturen. Bei Messen/Kongress & Events sind Eventagenturen, Anbieter von Messebau sowie Tagungshotels, Tagungszentren und Kongressveranstalter vertreten. Daneben findet sich ein Angebot zu den Themen Kundenkarten, Kundenzeitschriften, Rabattsysteme, Bandenwerbung und Werbeartikel.
Noch weiter im Süden und noch früher im Jahr ging im Münchner M,O,C, Ende Januar zum dritten Mal die komma, Fachmesse für Kommunikation und Marketing, über die Bühne. Auch in der bayerischen Metropole zeigte sich, dass das lokale Geschäft nicht zu verachten ist. Die meisten Besucher kamen aus dem Süddeutschen, um sich über das Angebot an Produktdienstleistungen, Dialogmarketing, Messe- und Eventmarketing, E-Marketing und Werbemitteln beraten zu lassen. "Bei 146 Ausstellern und 4000 Besuchern bestätigte sich erneut, dass Marketingentscheider die komma zu schätzen wissen." Veranstalter Michael Hagemann ist überzeugt von dem Konzept, auf 6000 m2 ein überschaubares Angebot zu präsentieren. "Das ist für Besucher und Aussteller effizient. Es spart Zeit und vermittelt dennoch eine exklusive und vor allem schnelle Marktübersicht."
Trotzdem: Überwiegend regionale Ausrichtung ist kein Garant für dauerhaften Erfolg. Diese Erfahrung machen die Messeveranstalter von Mattfeld und Sänger, Kempten. Sie waren mit ihrem Konzept der marketingmesse in verschiedenen Orten in Deutschland präsent. "Was bei unserem unternehmerischen Schwerpunkt, den Umweltmessen hervorragend funktioniert, das hat im Marketing nicht gepasst", erklärt der Unternehmenssprecher der Kemptener, Günter Rauch. Das regionale Konzept einer Fachausstellung mit rund 100 Ausstellern habe nicht die gewünschte Besucherresonanz erbracht, obwohl die Kunden mit der Qualität zufrieden gewesen seien. Auch eine Erweiterung der Themen um Bereiche wie etwa Personalmarketing habe letzlich keine Änderung bewirkt.
Doch nicht nur das Konzept kann eine Messe kippen, auch der Veranstaltungsort entscheidet mit über das Gelingen: So werden zum Beispiel die Mainzer nicht mehr als Gastgeber für eine Marketingmesse von Mattfeld & Sänger fungieren. Die Phönixhalle, die erstmals 2004 angemietet worden war, sei ungeeignet und habe wieder zu Beschwerden der Aussteller geführt. Der Ausstattungsstandard, den Fachaussteller und Fachpublikum inzwischen erwarteten, sei in der Halle nicht zu erreichen, berichtete die Lokalpresse.

m+a report Nr.1 / 2006 vom 13.02.2006
m+a report vom 13. Februar 2006