Der Preis ist heiß

Mit der Verleihung von Awards stärken Messen ihr Profil und geben Ausstellern die Möglichkeit, sich besser in der Branche zu vermarkten.

Auszeichnungen und Preise sind wie Hämorrhoiden. Früher oder später bekommt sie jeder", sagte der amerikanische Regisseur Billy Wilder einst auf einer Oscar-Verleihung. In der Tat sind Preise auch im deutschen Messewesen mittlerweile so zahlreich, dass man das Gefühl haben könnte, kein Aussteller verlässt seine Veranstaltung ohne eine Trophäe. Allein die Messe Düsseldorf hat rund 25 Preisverleihungen im Programm und der rheinischen Nachbar in Köln dürften auf kaum weniger kommen. Im Süden werden auf der NürnbergMesse auf zwölf Messen 16 Preise verliehen und allein auf der gerade zuende gegangenen ispo im München werden dieses Jahr 13 Preisträger in die Kameras lächeln.
Preise und Messen - das scheint festzustehen wie betoniert - gehören zusammen. "Die Industrie präsentiert sich komplett bei den internationalen Leitmessen und will bei ihrem Branchenevent auch die Neuheiten des Innovationszyklus herausstellen - ein hervorragender Weg das zu tun, ist die Verleihung eines Preises", erklärt Werner Matthias Dornscheidt das Phänomen. Der Chef der Messe Düsseldorf sieht vor allem das Interesse der Aussteller: "Die Industrie hat vor allem gegenüber der eigenen Kundschaft ein starkes Informationsbedürfnis, das sie über Multiplikatoren befriedigen möchte. Eine Preisverleihung bietet sich hier an, Sie können schließlich nicht für jede Innovation eine eigene Pressekonferenz veranstalten."
Doch nicht nur die Aussteller profitieren, auch die Messen selbst können Punkten: "Der Markenwert einer Messe steigt, wenn auf ihr wichtige Preise verliehen werden", sagt Dornscheidt. Einzelne Messen werden heute mehr denn je als Marken ihn ihrem Segment verstanden - und um eine Marke zu positionieren, ihre Werte darzustellen und der Branche zu kommunizieren, rücken Preise verstärkt in den Fokus der Marketingstrategen. Michael Peters, Geschäftsführer der Messe Frankfurt, nutzt dieses Instrument für sein Konsumgüter-Flaggschiff Ambiente. Jetzt hat Peters es geschafft, den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland langfristig an die Ambiente zu binden. Dieser gilt als eine der wichtigsten Design-Auszeichnungen Deutschlands.
Auf diese Weise kann der Messechef seiner Veranstaltung einen deutlichen Anstrich als Designshow verpassen. In drei Punkten fasst Peters seine Strategie für Design Plus zusammen:
- "Erstens generieren wir Aufmerksamkeit. Das Interesse an dem Wettbewerb ist international sehr hoch - und zwar auf Designer-, Hersteller-, Händler- wie auch Medienseite.
- Zweitens schaffen wir Vertrauen durch Kontinuität und profilieren uns als kompetenter Designstandort. Durch die gleich bleibend hohe Qualität der Gewinnerprodukte und Unabhängigkeit der Jury ist Design Plus ein Garant für gute Gestaltung.
- Drittens bauen wir die Community mit unseren weltweiten Partnern weiter aus und festigen wertvolle Verbindungen."
Ähnlich gehen auch die Strategen der Koelnmesse bei der gerade zuende gegangenen Möbelmesse imm Cologne vor. Wie die Ambiente setzen auch die Kölner klar auf das Thema Design - vor allem der Interior Innovation Award und der Nachwuchswettbewerb Inspired by Cologne sollen diese Messeprofil herausstreichen. Und wie den Frankfurtern geht es auch den Kölnern um "nachhaltige Bindungseffekte", wie es Udo Traeger, Geschäftsbereichsleiter der imm Cologne, beschreibt.
Zwei Dinge hätten sich vor allem durch den Nachwuchswettbewerb ergeben, meint Traeger: "Einige der in der Vergangenheit prämierten Designer haben sich weltweit durchgesetzt. Wir hatten also den richtigen Riecher, das stärkt die Bedeutung des Preises." Zudem kämen die Designer, die hier ausgezeichnet wurden, immer wieder dorthin zurück, "wo sie die ersten Lorbeeren" erhalten hätten. "So ist mit den Jahren ein Netzwerk entstanden. Wir haben eine Community geschaffen und die Veranstaltung ist Teil der Gemeinschaft."
Der Stellenwert des Interior Innovation Award wird derweil schon durch die enorme Anzahl von 300 Bewerbern deutlich. Mit der öffentlichen Wahrnehmung steigt die Bedeutung des Preises und er wird dann auch für den Einsatz am Point of Sale attraktiv. Wolfgang Kranz, verantwortlicher Geschäftsführer der Koelnmesse: "Besonders hat es mich gefreut, als ich neulich in einem Möbelhaus ein Stück aus dem Jahr 2004 gesehen habe und auf dem Hinweisschild zu lesen stand ,Winner of Interior Innovation Award imm Cologne 2004'".
Dieses Gefühl dürfte auch Claus Rättich, Mitglied der Geschäftsleitung und Bereichsleiter Eigenveranstaltungen II der NürnbergMesse, vertraut sein. Rättich hat bei seiner Messe BioFach über Jahre hinweg das "Produkt des Jahres" in Nürnberg ausgelobt. Um die Auszeichnung und mit ihr die Messe verstärkt in den Handel zu tragen, hat er ein Logo kreieren lassen, das dem BioFach-Signet verblüffend ähnlich sieht. "Wir wollten eine höhere Visibility für die Innovationen auf unserer Veranstaltung und der Öffentlichkeit demonstrieren, dass Bioprodukte mehr sind als Dinkelkeks und Müsliriegel." Entsprechend bekamen die Preisträger neben dem Logo, mit dem sie werben durften, auch noch ein kleines Marketingpaket in die Hand, darunter eine virtuelle Pressemappe.Gleichzeitig reservierte Rättich der Auszeichnung den prominentesten Platz, den eine Messe in Sachen Öffentlichkeit zu bieten hat: Die Preisverleihung fand im Rahmen der Eröffnung statt, vor bis zu 1000 geladenen Gästen - und natürlich einer Vielzahl von Medienvertretern. Zudem überreichte Landwirtschaftsministerin Renate Künast regelmäßig die Auszeichnung.
Trotz des hohen Stellenwertes, den das "Produkt des Jahres" in der Branche erfuhr, hat es Rättich allerdings zur BioFach 2005 durch den "Renner des Jahres" ersetzt. Die Idee, ein Bioprodukt zu prämieren, weil es aussieht und schmeckt wie ein herkömmlicher Artikel sei obsolet geworden: Es gibt für so gut wie jedes im Handel befindliche Produkt ein Biopendant. "Je nachdem wie ein Preis angelegt ist, hat er einen gewissen Lebenszyklus. Wenn er seine Relevanz verliert, muss man ihn vom Markt nehmen", erklärt Rättich. Der "Renner des Jahres" soll jetzt diejenigen Bioprodukte auszeichnen, die sich besonders gut verkauft haben. . Markus Ridder

m+a report Nr.1 / 2006 vom 13.02.2006
m+a report vom 13. Februar 2006