Messe Report Nr.629

"Europa ist zu Gast in Leese"

Deutschland ist das Messeland Nr. 1 in der Welt. Es gibt ein reges - sehr hochspezialiertes - Leben außerhalb der bekannten Großmesseplätze.

Städte wie Bad Salzuflen, Rheda-Wiedenbrück, Bremen oder Husum dürften den meisten bekannt zumindest dem Namen nach bekannt sein. Aber Leese? Oder Bockerode? Auf diese Orte mag die Bezeichnung Provinz vielleicht sogar zutreffen. Nicht aber das Adjektiv provinziell. In Puncto Leese bestätigen das nicht nur Spargelbauer. Sie wissen genau, wo der Ort liegt. Denn dort findet seit mehrere Jahren die größte europäische Spargelmesse inmitten des größten Spargelanbaugebiet Deutschlands statt. Die 19. war vom 10. bis 12. Februar. Unter dem Motto "Anbau, Technik, Markt" konnten sich die Besucher auf der Leitmesse über die Bereiche Spargel, Erdbeeren, Heidelbeeren, Johannisbeeren und Himbeeren sowie über Direktvermarktung informieren. Über 250 Aussteller - von Bayern bis Schleswig-Holstein, von Griechenland über Frankreich, Italien, Großbritannien, Polen und den Niederlanden - präsentieren sich in fünf beheizten Messezelten auf einem 10 000 m2 großen Gelände.
"Europa ist zu Gast in Leese. Wir hatten in diesem Jahr mehr Aussteller aus den Nachbarländern", sagt Britta Ronnenberg, Geschäftsführerin der Raiffeisen Agil Leese. Gemeinsam mit der Vereinigung der Spargelbauer in Niedersachsen organisiert ein eingespieltes Team die Messe. Fachbesucher können sich dort informieren über Neuentwicklungen bei zum Beispiel Jungpflanzen, Anbautechnik, Aufbereitung, Erntetechnik, Logistik und Kühlung. Fachleute warten mit den neuesten Trends auf, mit Zahlen und Studien. Außerdem stehen Gesprächspartner aus den Landwirtschaftskammern zur Verfügung. Parallel zur Spargelmesse fand zum 6. Mal eine Gebrauchtmaschinenbörse statt, auf der jeder Spargelproduzent die Möglichkeit hatte, zu kaufen und zu verkaufen.
Eine große Rolle in Leese spielt die Vermarktung. Die Veranstalter setzen verstärkt auf den Bereich Direktvermarktung. "Norddeutschlands Direktvermarkter haben mit der Sonderschau "verkaufen direkt vom Hof" eine neue Plattform. Aufgrund des starken Zuspruchs aus ganz Deutschland wurde das Segment in diesem Jahr noch ausgeweitet", sagt Reinhard Rohlfing, der für die Koordination zuständig ist. Fachleute der Landwirtschaftskammern lieferten Hintergrundwissen für effizientes Marketing, Konzeptionen und Einrichtung eines Hofladens. Anregungen für Ladenbau und Beleuchtung sowie Produktlagerung und Logistik rundeten das Angebot ab. Die Sonderschau "Direkt ab Hof" wird aber von den Konsumenten stark nachgefragt, die am Messesonntag Zutritt haben. Kein Wunder, gibt es doch von Spargel-Schinken, Saucen, Käse und Wein bis zu Bickbeeren-Waffeln vieles zum Probieren. Zur Unterhaltung spielt eine Jazz-Band und für Interessierte Endverbraucher laufen weitere Sonderausstellungen.
Wenn es nach den Plänen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Eschborn, geht, ist auch Bockerode bald in jedermanns Munde. Dort finden am 6. und 7. September auf dem Rittergut die Europäischen Kartoffeltage statt. Die Veranstaltung wurde von der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (UNIKA) initiiert. Ziel der Veranstaltung ist es, alle an der Wertschöpfungskette der Kartoffel beteiligten Branchen wie Betriebsmittelhersteller, Landwirte, Berater, Händler, Abpacker, Verarbeiter, Verwerter und den Lebensmitteleinzelhandel auf dem Rittergut 30 Kilometer südwestlich von Hannover zusammenzubringen. Das Konzept sieht als Spezialveranstaltung für die Kartoffelprofis Maschinenvorführungen, Ausstellerstände, ein Versuchsfeld, ein Informationszentrum "Kartoffelgenuss 2015", Ein hoher Besucheranteil wird aus dem Ausland erwartet. Die DLG rechnet mit über 10 000 Fachbesuchern.
Die fish international Anfang Februar in Bremen lief nach den Worten von Hans Peter Schneider "ausgesprochen gut." Der Geschäftsführer der Messe- und Ausstellungsgesellschaft Hansa GmbH: "Alte Partnerschaften haben wir verstärkt, neue, gewichtige sind dazugekommen. Das brachte neue Inhalte - und auch neue Aussteller. Polen war erstmals vertreten sowie Russland. Auch neu an Bord die Vietnamesen, die den europäischen Markt zunehmend für sich entdeckt haben. Der Grund für die ausgesprochen positive Resonanz liegt nach Ansicht Schneiders nicht nur in dem verstärkten nationalen und internationalen Marketing - die fish international 2006 griff aktuelle Themen auf, die in der Szene diskutiert werden. Ein großer Themenblock widmete sich dem aufstrebenden Handel zwischen Ost und West.
Glück mit dem Wetter braucht die alle zwei Jahre veranstaltete demopark, die wohl größte Freilandausstellung mit Maschinenvorführungen für die Profi-Grünflächenpflege und für kommunale Pflegearbeiten im Freien in Europa. Für alle die im kommunalen Bereich und als Profi Grünflächenpflege und Landschaftsbau betreiben, Sportanlagen oder Wege bauen und pflegen, bietet die Messe Maschinen und Geräte an einem großen Platz: Über 25 ha ist das Gelände bei Eisenach groß, auf dem die Maschinen im Einsatz gezeigt werden. Die vierte demopark (12. bis 14. Juni 2005) war trotz der Standortverlagerung von Fulda nach Eisenach die erfolgreichste ihrer Geschichte: Die Besucherzahl wurde nach Angaben der Veranstalter um 16 % auf 25 746 gesteigert. Und mit 370 Ausstellern aus 15 Ländern war das Produktangebot größer als vor zwei Jahren in Fulda, so der VDMA Landtechnik und die Messe Fulda GmbH. Die nächste demopark wird vom 17. bis 19. Juni 2007 bei Eisenach stattfinden.
ZOW - drei Buchstaben, die untrennbar mit der Möbelzulieferindustrie verbunden sind. Seit ihrem Debut 1995 hat sich die Zuliefermesse Ost-Westfalen, veranstaltet von der Survey Marketing + Consulting GmbH & Co. KG in Bielefeld, zum dem regionalen Event dieses Industriezweiges entwickelt. Die Veranstaltung im modernisierten Messezentrum Bad Salzuflen gilt als Synonym für eine effiziente Art von Branchentreff und mit ihrem Workshop-Konzept als die kommunikative Innovationsplattform. Vom 20. bis 23. Februar treffen sich die Entscheider aus der Möbel- und Möbelzuliefer-Industrie wieder bei der Premiere von Produktneuheiten und Designlösungen. Das Flächenkonzept wurde aufgefrischt, das Rahmenprogramm aufgewertet. Beim "Innovations Scouting" werden überzeugende Produktentwicklungen der Branche vorgestellt. Die Sonderschau "E3S" präsentiert die Vielfalt der Zukunftsmaterialien Solid Surfaces (Mineralwerkstoffe) sowie Engineered Stone. Vier Wochen später ist in Bad Salzuflen KMO-Zeit. Sie zählt zu den bedeutendsten Veranstaltungen der Branche und lebt von der hohen Attraktivität der Spritzgießmaschinenbauer. Auf der Kunststoffverarbeitungsmesse (15. bis 18. März präsentieren Hersteller und Marktführer in den K-freien Jahren (die Düsseldorfer Leitmesse findet in dreijährigem Turnus statt) ihre technischen Neuheiten.
Um Gastlichkeit geht es in Erfurt. Die inoga, Fachmesse für Gastlichkeit (15. bis 17. Oktober), wird erstmals flankiert von der neu konzipierten euro.sweet, Fachmesse für Konditorei und Patisserie. Neueste Kreationen in Konditorei und Patisserie werden präsentiert und sind nicht nur für Experten eine Augenweide...
Hoch hinaus will auch die interlift in Augsburg. Seit ihrem Start im Oktober 1991 mit gut 150 Ausstellern wächst sie kontinuierlich. Das vom Trägerverband VFA Interlift initiierte Meeting entwickelte zum weltweit führenden internationalen Branchenereignis. An der interlift 2005 beteiligten sich 455 Unternehmen aus 39 Ländern. Knapp zwei Drittel (64 %) von ihnen kamen aus dem Ausland. Rund 17 700 prüften das Angebot. Nahezu jeder zweite Besucher (49 %) kam aus dem Ausland.
In Sachen Fußbodenbau spielt sich alles in Feuchtwangen ab. Dort veranstaltet die Service- und Verlagsgesellschaft des Bayerischen Baugewerbes GmbH die EstrichParkettMesse mit durchaus internationalem Anstrich. Auf über 50 000 m2 gibt es dort fast alles. Aber eben nur fast alles. Das lässt die Veranstalter nicht ruhen: Sie denken über eine Erweiterung der Themenpalette der Messe nach, damit Fußbodenbau wirklich komplett abgedeckt wird. Die EstrichParkett wird - mit wahrscheinlich erweitertem Namen und Programm - vom 19. bis 20. Juni 2008 stattfinden.
Gegen den Strich wird in Freiburg nichts gebürstet. Im Gegenteil. Wenn die Weltmesse INTERbrossa-BRUSHexpo veranstaltet wird, kommt wer in der Branche Rang und Namen hat, in die Stadt. Die dreitägige Fachmesse ist das Mekka der internationalen Bürsten-, Pinsel-, Farbroller- und Mopindustrie. Ihre erneute Auflage erlebt die alle vier Jahre veranstaltete Messe im April 2008. An der letzten Veranstaltung nahmen 142 Aussteller und rund 8000 Besucher aus nahezu 90 Ländern teil. Auch in Sachen Solartechnik braucht Freiburg sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Die Intersolar 2006 wird im vom 22. bis 24. Juni wieder Solarexperten aus aller Welt dorthin führen. Die Fachmesse rund um die Themen Photovoltaik, Solarthermie und Solares Bauen wird von den wichtigsten Industrieverbänden getragen. Die Veranstalter, die Messe Freiburg und Solar Promotion, rechnen mit über 400 Ausstellern, rund 20 000 Fachbesuchern aus mehr als 60 Ländern.
Vor Energie strotzend präsentiert sich Husum. Als (Messehaupt-)Stadt für Windenergie hat der Ort im Norden Deutschlands weltweit einen Namen. Nun macht sich die Stadt auf, Messeplatz Nummer eins zu werden für andere erneuerbaren Energien wie Sonne und Biomasse. Vom 7. bis 10. Oktober läuft in der nordfriesischen Kreisstadt die zweite "New Energy Husum". Wenn auch die Erstveranstaltung vor zwei Jahren die Erwartungen der Messemacher nicht erfüllt hatte, hält Hanno Fecke, Geschäftsführer der Messe Husum, an der Vision fest, die "New Energy" langfristig als zweite internationale Leitmesse zu etablieren. Diese findet im zweijährigen Wechsel mit der "Husum Wind" statt, die allerdings eine reine Fachmesse ist. Unter dem Motto "Wissen, was heute machbar ist", will die "New Energy" Fachbesucher und Otto-Normal-Verbraucher gleichermaßen ansprechen.
Große Messeveranstalter wissen um diese Perlen, von denen hier aus Platzgründen nur einige genannt sind. Dabei kommen interessante Partnerschaften zustande. So geht die Steinexpo der Geoplan GmbH, Iffezheim, zusammen mit der Messe Frankfurt in die Türkei. Im September starten die Partner die Aggregates in Istanbul. Dort sollen Baumaschinen und Anlagen praxisnah in einem Steinbruch demonstriert werden. Zur Erstveranstaltung wird mit etwa 80 Ausstellern gerechnet. Die Aggregates wird nach dem Vorbild der in Homberg/Niederofleiden - das ist circa 90 Kilometer nordöstlich von Frankfurt - stattfindenden Steinexpo veranstaltet. Die Demonstrationsmesse der Baustoffindustrie zog im vergangenen Jahr rund 32 200 Besucher an und rund 200 Aussteller mit 325 Marken. Die aktive Leistungsschau der Maschinen, die etwa 15 000 t Gesteinsmaterial und Bodenaushub bewegten, stand in der Besuchergunst ganz oben.

m+a report Nr.1 / 2006 vom 13.02.2006
m+a report vom 13. Februar 2006