Kölsche Klüngel

Zahlreiche Ungereimtheiten beim Bau der Nordhallen. Das Messeunternehmen sieht sich in falsches Licht gerückt.

Die entscheidenden Worte fielen quasi in einem Nebensatz. Ganz beiläufig hatte Friedel Abel, Vorstandschef der Baufirma Hochtief Construction AG, bei der Grundsteinlegung zu den neuen Nordhallen der Kölnmesse erwähnt, dass sein Unternehmen an dieser Stelle nun jeden Monat 10 Mio. EUR verbauen werde. 14 Monate lang. Nach Adam Riese ergibt sich daraus ein Bauvolumen von 140 Mio. EUR. Die offiziellen Stellen hatten aber immer von Baukosten in Höhe von 260 Mio. EUR gesprochen, den Grundstückspreis von 70 Mio. EUR nicht eingerechnet. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der Behörde zufolge besteht gegen Oberbürgermeister und Messe-Aufsichtsratschef Fritz Schramma der Verdacht der Untreue, Bestechlichkeit und Vorteilsnahme.
Ende 2003 hatte der Rat der Stadt Köln den Auftrag zum Bau der neuen Nordhallen an einen geschlossenen Immobilienfonds der bundesweit tätigen Kölner Oppenheim-Esch-Holding vergeben. Die Vereinigung ist ein Zusammenschluss von Europas größter Privatbank, der Kölner Sal. Oppenheim, und dem Immobilienentwickler Josef Esch aus dem benachbarten Troisdorf. Der Investor, der unter anderem auch den Bau der Kölnarena samt Technischem Rathaus abgewickelt hat, finanziert den im vergangenen September begonnen Geländeneubau und vermietet das Objekt anschließend an die Stadt Köln. Die wiederum kassiert ab 2007 30 Jahre lang von der Koelnmesse einen jährlichen Mietzins in Höhe von 20 Mio. EUR. Rechtsexperten bezweifeln nun die Rechtmäßigkeit der Auftragsvergabe, vor der es offenbar keine Ausschreibung gegeben hat. "In dem vorliegenden Fall handelt es sich um den misslungenen Versuch, die Ausschreibungspflicht zu umgehen, indem der Auftrag als Mietgeschäft betitelt wird", sagt beispielsweise der Kommunalrechtsexperte Jan Byok.
Der Sachverständige spricht in diesem Zusammenhang von einem rechtswidrigen Umgehungstatbestand und hält sogar Strafgelder von der Europäischen Union wegen des Verstoßes gegen Wettbewerbsbestimmungen für möglich. Die Stadt Köln sieht das anders und weist alle Klüngel-Vorwürfe zurück. "Wir haben das geprüft. Europarechtlich, vergaberechtlich und wettbewerbsrechtlich ist alles einwandfrei", sagt Stadtkämmerer Peter Soénius, der zudem betont, das Angebot von Oppenheim-Esch sei der Stadt als "das vorzugswürdigste" empfohlen worden.
Ein Bericht des "Manager-Magazins" lässt andere Schlüsse zu. Der Beitrag mit dem Titel "Die Abgreifer von Köln" berichtet von "grotesk aufgeblähten Kosten". Das Bauvorhaben erweise sich als gigantische Abkassiermaschine. Alleine für die Projektentwicklung berechne der Oppenheim-Esch-Fonds 56 Mio. EUR. Darüber hinaus seien 19,8 Mio. EUR für die Eigenkapitalbeschaffung, weitere 6,6 Mio. EUR für die Projektsteuerung und Bauüberwachung sowie sieben Millionen Euro für die Mieterbeschaffung fällig - obwohl die Koelnmesse von Anfang an als Mieter feststand.
Die Koelnmesse selbst ärgert sich nun, dass ständig vom so genannten Messe-Skandal die Rede ist. Firmenchef Jochen Witt zufolge wird das Unternehmen dadurch im Zusammenhang mit möglichen Ungereimtheiten "in ein falsches Licht gerückt". Die Entscheidung für die Oppenheim-Esch-Holding als Investor habe allein die Stadt getroffen, nicht die Messe. Die sei in diesem Fall nur Objekt, nicht Subjekt. Vertragspartner seien Oppenheim und die Stadt. Witt soll im Vorfeld gegen den Fonds gewesen sein und vor den genauen Vertragsbedingungen gewarnt haben. Carsten Dierig

m+a report Nr.8 / 2005 vom 08.12.2005
m+a report vom 8. Dezember 2005