Billigkopien nutzen keinem

Displays und Leichtbausysteme sind gefragt. Konkurrenz aus Asien und wachsende Servicewünsche machen das Geschäft hierzulande nicht leicht.

Messeauftritte von Unternehmen werden aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung oft "abgespeckt". Auf kleinerer Fläche soll dennoch große Kompetenz bewiesen werden. Auswirkungen hat dieser Trend auch auf den Markt der Displays und Leichtbausysteme. Eine Entwicklung kann dabei den deutschen Anbietern wenig schmecken: "In den letzten Monaten versuchen asiatische Hersteller immer häufiger ihre Displaysysteme, oftmals auch nur Kopien bestehender Systeme, im europäischen Markt zu platzieren", weiß Michael Becker von Ingenti aus Idstein. Doch wer wirklich der Hersteller ist, wer die Qualität prüft und sichert, wie die Verfügbarkeit der Ware ist und wann und wie sie nach Europa gelangen, das steht auf einem anderen Blatt.
Es ist eine Zwickmühle. "Einerseits fördert der Trend den vermehrten Einsatz von Displays. Diese haben aber ihren Preis, die der Kunde aus Sparzwängen nicht investieren möchte oder kann. Dies führt dazu, dass verstärkt Kopien zu diesem Zweck eingesetzt werden. Der damit verbundene Qualitätsverlust schlägt sich negativ auf das Image der Branche nieder", ist auch Claudia Schmidt, von Mero-TSK International, Würzburg, überzeugt.

"Diese und andere Fragen beschäftigen derzeit einen ganzen Industriezweig", so Becker weiter, der aber in dieser Entwicklung auch Positives sieht. Die jahrzehntelange Erfahrung am Markt zeige eben auch, dass es Premiumkunden gebe, die Wert auf eine intensive Beratung, einwandfreies Know-how und Qualitätsprodukte legten. So begegnen die Idsteiner dieser Situation mit einer eigenen "Own-Label"-Produktreihe. "Auf kleiner Fläche eine hohe Ausstellungskompetenz zu beweisen ist nur mit Kreativität, Qualität und Design möglich." So schätzt Hans Bruder, Geschäftsführer von Octanorm aus Filderstadt die Marktsituation ein. Reduzierte Budgets führten dazu, dass immer mehr Aussteller bei Kleinstständen auf portable Selbstbausysteme setzten.
"Das ,Abspecken' großer Messeauftritte kommt den Ausstellern sowie den Anbietern von mobilen Präsentations-, Marketing- und Promotiondisplays zugute", ist auch Peter Mörmann, Expo Display Service, Friedrichsdorf, überzeugt. Die Kunden hätten den großen Vorteil trotz reduzierter Ausgaben noch flächendeckender aktiv zu sein. "Es gibt fast kein Unternehmen mehr, welches sich in diesem internationalen Wettbewerb erlauben kann keine Werbung am POS oder POI zu machen." Die persönliche Kundenansprache sowie das direkte Verkaufen habe Hochkonjunktur. Die Unternehmen haben erkannt, dass nur Sparkurs keine Aufmerksamkeit oder neue Kunden auf sich lenkt.
Bruno Meißner von Mice Meissner, Hamburg, sieht das Marktgeschehen dagegen etwas anders als seine Kollegen: "Ich glaube nicht unbedingt, dass der Rückgang an großen Auftritten auf Messen den Einsatz von Displaysystemen positiv beeinflusst. Allerdings werden sie von einer anderen Entwicklung profitieren: Nämlich vom Trend weg von klassischen Messeveranstaltungen hin zu Roadshows, Firmenveranstaltungen, Hausmessen, Kongressmessen und kleinen Ausstellungen."

Der Markt befindet sich im Umbruch und Anbieter müssen darauf reagieren. "Insbesondere im Messe- und Kongressbereich hat sich das Geschäft gewandelt. Hier kommen verstärkt mobile Leichtbausysteme zum Einsatz", beschreibt Thomas Garreis, Garreis Warenpräsentation, Eltville, die Situation. "Auch der Anspruch der Kunden an das Design ist deutlich gestiegen. Im Promotionbereich und auch im Handel sind aufgrund der immer knapper werdenden Budgets günstige Lösungen gefragt."
Was nicht immer zur Freude der Hersteller ist: "Den stärksten Wandel gibt es leider im Promotionbereich durch den verstärkten Einsatz der sogenannten Low-budget-Systeme", beklagt Bruder. Ob der Anwender unter dem Strich tatsächlich spare, sei bei mehrmaligen Einsätzen aufgrund möglicher Reklamationen fraglich. "Für die nächsten Jahre erwarten wir daher einen Trend in Richtung ,sichtbare Qualität' in allen Eventbereichen. Hierzu gehöre auch der Einsatz von individuell gestalteten Displays." Auch Schmidt hält nichts von der "Geiz-ist-Geil"-Mentalität, bei der der Preis in den Vordergrund gerückt ist. Service und Qualität seien bei einigen Kunden in der Entscheidungsphase zweitrangig geworden.

Neben dem reinen Produkt Display spielt die Dienstleistung der Anbieter eine gewichtige Rolle bei der Kaufentscheidung. Schon seit mehr als 26 Jahren bietet zum Beispiel Expo Display Service Beratung, Entwürfe mittels CADs, Layouts, Grafikproduktion, Einlagerung, Wartung sowie den Auf- und Abbau. "Starkes Wachstum haben wir in der Grafikproduktion sowie im Promotionservice", sagt Mörmann.
Leistungen, die mehr und mehr Standard werden. "Kunden wollen zunehmend mit dem Displaysystem auch den kompletten Einsatz der Systeme outsourcen, die Lagerung, Transportabwicklung, Wartung und manchmal eben auch den Auf- und Abbau", so Bruno Meißner, der über das internationale Netzwerk der Mice Group den Service weltweit anbietet. Diesen Trend kann Garreis nur bestätigen: "Die Personalsituation in den Marketingabteilungen ist angespannt. Daher kommt das Thema ,Outsourcing' immer mehr zum Tragen. Die Einlagerung, Wartung und die Logistikorganisation werden deshalb immer wichtiger." Der Endkunde erwarte von Messebauunternehmen und Display-Händlern neben der hohen Fachkompetenz einen Fullservice hinsichtlich Planung, Gestaltung und Print. System und Grafik müssten perfekt aufeinander abgestimmt sein. Octanorm reagiere auf diese Anforderungen mit Vertriebspartnern, die auch in der Lage seien, Aufbau- und Tansportleistungen maßgerecht zu übernehmen, so Bruder.

Mit den gestiegenen Anforderungen an die Systeme und den Service ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Da sind sich die Anbieter einig. "Es wird Kunden geben, die sich mit Billigkopien ohne Service zufrieden geben und diejenigen, die auf den Service, Qualität und Arbeitsplätze mit den fachkundigen Ansprechpartnern in Deutschland Wert legen. Service spürt man erst, wenn man ihn benötigt, dann ist er aber sehr wichtig." So sieht Mörmann die Zukunft. In Deutschland werden sich seiner Einschätzung nach mehrere Importeure mit den eingeführten und kompetenten Herstellern den wachsenden Markt teilen. Die Kunden profitierten von dieser Entwicklung. "Auf der Seite der Preisentwicklung haben sie jedoch mittlerweile einen sehr unübersichtlichen Anbietermarkt vor sich, der zu dem ein oder anderen Falschkauf bei Billigstkopien führen kann", warnt er als Hersteller, nur auf den Preis zu schauen.
Ähnliches vertritt Thomas Garreis: "Deutsche und europäische Hersteller werden verstärkt mit Herstellern aus Fernost im Wettbewerb stehen." Die Nachfrage nach besonders kostengünstigen Systemtechniken für den Promotionbereich werde weiter steigen und im Messe- und Kongressbereich seien individuelle und besonders hochwertige Lösungen gefragt, die ohne großen Personaleinsatz sehr schnell auf- und abgebaut werden können.
Optimistischer, was die Preisentwicklung betrifft, zeigt sich allerdings sein Kollege von Octanorm: "Die Nachfrage nach Low-budget-Systemen wird aufgrund des steigenden Qualitätsbewusstseins zurückgehen", ist Bruder sicher. Diese Systeme werden weiterhin dringend gebraucht, auch und gerade im Zusammenhang mit markenbildenden Maßnahmen im Marketing, sagt Bruno Meißner. "Brand-experience" heiße eben nicht nur aufwändige Events und Messeauftritte zu gestalten, sondern im Rahmen von integrierten Marketingmaßnahmen auch die kleinen, häufigen Veranstaltungen markengerecht zu nutzen. "Die fortschreitende Liberalisierung der internationalen Märkte hat viele Gewinner, aber auch Verlierer. Die Konkurrenz aus den Niedriglohnländern und der anhaltende Preisverfall machen allen Druckdienstleistern derzeit zu schaffen", sieht Becker von Ingenti die derzeitige Marktsituation. "Wenn wir also im Endeffekt alle auf Osteuropa- und Asienniveau produzieren und in unserem Land die Kaufkraft vernichten, hat keiner etwas gewonnen."

m+a report Nr.5 / 2005 vom 12.08.2005
m+a report vom 12. August 2005