Frankreichs Nummer 3 trumpft auf

Mit einer neuen Halle und neuen Messethemen stellt sich Bordeaux dem internationalen Wettbewerb und behauptet sich gegenüber den Konkurrenten Paris und Lyon.

Nicht nur in Deutschland herrscht rege Bautätigkeit auf den verschiedensten Messegeländen. Auch das Nachbarland Frankreich rüstet auf: Mehr als 100 000 m2 Hallenfläche bietet seit Juni die französische Messe- und Ausstellungsgesellschaft Congrès et expositions de Bordeaux (CEB) mit dem Bau der neuen Halle 3 des Bordeaux Lac Exhibition Centre seinen nationalen und internationalen Ausstellern. Mit dem neuen Gebäude, einer weiteren offenen Halle 4 mit 8500 m2 und dem vor zwei Jahren eröffneten Kongresszentrum in unmittelbarer Nähe der Messe mit einer Gesamtfläche von 10 500 m2 und 1360 Sitzen, sehen sich die Franzosen für die Zukunft gut positioniert. Vor allem die Halle 3 entspräche den neuesten Anforderungen an moderne und multifunktionale Veranstaltungsstätten. Dank ausgefeilter Akustik wird der Geräuschpegel angenehm gedämpft und der komplette Saal kann auf konstant 25 Grad gekühlt werden, auch wenn draußen 35 Grad herrschen sollten. Wichtig vor allem zur Vinexpo, denn die dort ausgestellten edlen Tropfen mögen es nicht zu warm. Dank des Neubaus können die Veranstalter in Bordeaux nun auch mit einer säulenfreien Ausstellungsfläche von 12 000 m2 punkten, was den potenziellen Ausstellern neue Perspektiven für ihren Auftritt eröffnet. Realisiert wurde das Projekt vom Architektenteam Christophe Gautié und Véronique Tastet, Flint Architectes, Bordeaux.

Im vergangenen Jahr fanden in Bordeaux insgesamt 309 Messen und Veranstaltungen mit fast 8000 Ausstellern statt. Diese lockten über 1 Mio. Besucher und Fachpublikum in die Stadt. Bordeaux ist nach Paris und Lyon der drittgrößte Messeplatz in Frankreich, obwohl die Stadt selber von ihrer Einwohnerzahl her erst auf Rang sechs kommt. Veranstalter und Stadt rechnen für das vergangene Jahr dank der Messe mit einem Gesamtumsatz von 150 Mio. EUR für die regionale Wirtschaft und 450 Mio. EUR für die Aussteller. Das soll sich steigern. Mit dem Ausbau sollen neue nationale und internationale Märkte erschlossen werden, wobei sich die internationale Strategie auf Branchen erstrecken wird, in denen die Region traditionell stark ist. Neben - natürlich - Wein seien dies unter anderem die Holz- und Papierindustrie, Kartonagen und Brennstoffe.

Feuertaufe für das 27-Mio.- EUR-Projekt war kurz nach Fertigstellung Ende Juni die Vinexpo, die weltgrößte Weinfachmesse, die im Zweijahresturnus in der aquitanischen Metropole stattfindet. Die 13. Ausgabe offenbarte, obwohl die Hallen gut gefüllt waren, einmal mehr die Krise, in der die große Weinbaunation Frankreich sich seit geraumer Zeit befindet. Trotz eines immensen Weltmarktes - 2004 betrug der globale Umsatz der Wein- und Spirituosenbranche 267,3 Mrd. US$, das entspricht dem Auftragsvolumen für 972 Airbus 380 - war man auf der Messe wenig optimistisch. Sinkende Absatzzahlen und Exporteinbrüche scheinen in Frankreich nicht zu stoppen zu sein. Schon 2004 war der Export um 9,2 % geschrumpft. So war der Trend auf der Vinexpo klar: Da der Verteilungskampf um die Absatzmärkte in vollem Gange ist, können Zuwächse in erster Linie nur über die Erschließung neuer Zielgruppen generiert werden. Und die sehen viele der rund 2400 Aussteller aus 43 Ländern in Frauen, jungen Konsumenten und den Wein-Einsteigern. Auf einer Netto-Standfläche von rund 41 000 m2 präsentierten die Anbieter den 45 000 Besuchern daher neben den klassischen und traditionellen Weinen neue fruchtig leichte Produkte, auch ohne Alkohol und zeigen sich offen für Innovationen im Verpackungs- und Flaschendesign. Spirituosen werden zerstäubt wie Parfüm, andere tragen phosphorezierende Etiketten oder bedienen sich der Jugendsprache.
Parallel zur Messe fand im angrenzenden Palais des Congrès die erste Univers & Co. als ein neuer Bereich der Vinexpo statt. Dort werden mit Wein und Spirituosen verbundene Accessoires aus den Bereichen des Konsums, der Verkostung und des Genusses gezeigt.

m+a report Nr.5 / 2005 vom 12.08.2005
m+a report vom 12. August 2005