Gelungene Symbiose

Verlage, die gleichzeitig Messeveranstalter sind, haben ihre Branche im Griff und agieren zweigleisig erfolgreich. Das stößt auch bei Publikumsverlagen auf Interesse.

Expomedia Events Deutschland will in Kooperation mit den Wirtschaftstiteln von Gruner + Jahr (Financial Times Deutschland, Capital, Impulse und Börse Online) die NanoSolutions 2005 lancieren. Hauptzielgruppe ist der produzierende Mittelstand. Und der soll sich, so der Wunsch der Veranstalter, im November dieses Jahres im EXPO XXI Köln, das am 9. Juni eröffnet wurde, treffen. Jetzt haben auch die Publikumszeitschriften entdeckt, dass kleine aber feine Branchen Umsatz versprechen. Und zwar umso mehr, wenn man nicht nur über sie berichtet, sondern zusätzlich eine Plattform und Community für Experten schafft, die sich nicht zuletzt im Anzeigengeschäft niederschlagen soll.

Damit steigen weitere Player in einen Bereich ein, den die Fachzeitschriften schon lange und erfolgreich besetzt haben: Neben ihrer verlegerischen Kompetenz agieren sie unter gleichem Namen auch als Veranstalter von Fachmessen. Mit Fachzeitschriften erfolgreich ist zum Beispiel Vincentz Network, Hannover, erst nach längerer Zeit kam die eigene Messe Altenpflege+ProPflege dazu. "1990 lancierten wir die erste Fachmesse und Kongress Altenpflege in Hannover. Unser Anliegen war es, Leser und Anzeigenkunden zusammenbringen, einen neuen Branchentreffpunkt schaffen und das Branchenimage nachhaltig fördern", sagt Ina Füllkrug aus der Kongressredaktion des Vincentz Network.
Die "Zweigleisigkeit" habe sich im Laufe der Zeit durchweg positiv entwickelt, da beide Bereiche voneinander profitierten. Die vor 15 Jahren eingeleitete Weiterentwicklung der Geschäftsidee hat auch organisatorisch einiges im Vincentz Network verändert. Neben dem zusätzlichen (Anzeigen-)Umsatz durch die Messehefte wurden im Haus zwei neu geschaffene Abteilungen etabliert: die inzwischen eigenständig arbeitenden Veranstaltungsbereiche.
Die Gefahr, dass Vincentz in der Doppelfunktion als Veranstalter und Fachpresse "branchenblind" werden und auf Veränderungen des Marktes zu langsam reagieren könnte, sieht Füllkrug nicht. Im Gegenteil: "Durch die gestiegene Marktnähe gelingt es sehr gut, Markttrends und Marktchancen aufzunehmen." Denn die Zielgruppe sowohl für die Messen als auch für die Fachzeitschriften ist identisch. Vor allem, weil die vom Vincentz Network veranstalteten Messen und Kongresse sich wie die Zeitschriften ausschließlich an ein Fachpublikum wenden und nicht als Special-Interest-Titel auch als Publikumszeitschriften vertrieben werden.
Dabei sind die Hannoveraner in der Lage, in beiden Geschäftsfeldern von einem gesunden und stabilen Markt zu profitieren. Aussteller-, Besucher- und Anzeigenschwund sind kein Thema. "Wir haben seit 16 Jahren steigende Besucher- und Ausstellerzahlen. Bei der Altenpflege 1990 waren es noch 125 Aussteller und 15 000 Besucher. Bei der Altenpflege+ ProPflege 2005 schon 697 Aussteller und 40 700 Besucher. Dazu sorgen die marktführenden Fachzeitschriften für stabile Umsätze." Synergien zwischen Messe und Verlagsgeschäft zeigten sich auch in den vielfältigen Kontakten aus beiden Bereichen - mit Autoren und Referenten, Anzeigenkunden und Ausstellern. Sie sorgen für neue Angebote und Aufbereitung von Trends - je nachdem, ob es sich um Veranstaltungen oder Printangebote drehe.

Das erklärt dann auch, dass Altenpflege+ProPflege 2005 in Nürnberg in diesem Jahr eine neue Bestmarke erreichen konnten. 59 Aussteller mehr als im Vorjahr in Hannover informierten über Pflege, Therapie, Betreuung und professionelle Patientenversorgung. Die Messe sei ein voller Erfolg gewesen, so die Meinung der Aussteller und Fachbesucher aus Altenheimen, Pflegediensten sowie Krankenhäusern. Mit 2347 Teilnehmern (2004: 1885) legte auch der Kongressteil noch einmal ordentlich zu.
Andere Branchen fahren ein ähnliches Erfolgsrezept. So erblickten der Fachverlag und die Fachzeitschrift ,Kosmetik international' aus Gaggenau sogar schon 1951 das Licht der Welt. 1977 wurde dann die erste Kosmetik-Fachmesse "Treffpunkt Kosmetik international" in Baden-Baden veranstaltet.
"Kosmetikprodukte und neue Behandlungsmethoden können im aktiven Austausch am besten präsentiert und erlebt werden und genau das war der Grund für die erste Messe," erklärte Nathalie Bock, Geschäftsführerin der Kosmetik international Messe GmbH. Hinzu komme, dass es einen geschlossenen Kreislauf gibt, denn die Leser einer Fachzeitschrift seien auch zugleich die Besucher der Fachmesse. "Die Anzeigenkunden wiederum sind die Aussteller. Über den reinen Informationsaustausch im Printbereich hinaus, können so persönliche Beziehungen auf Messen aufgebaut, gepflegt und intensiviert werden."

Wie woanders auch setzte ein Entwicklungsprozess ein, an dessen Ende aus einer Messeabteilung innerhalb des Verlages ein eigenständiges Unternehmen wurde.
"Durch Wachstum, sprich durch das Organisieren und Betreuen von mehreren Messen (in der Zwischenzeit sind es sechs Messen im Jahr) kam im Jahr 2000 der Entschluss eine eigenständige Messefirma zu gründen, die Kosmetik international Messe GmbH", beschreibt Bock die Entwicklung.
Synergien gibt es dennoch viele: "Der Informationsaustausch klappt perfekt, sowohl intern als auch extern. Denn die potenziellen Besucher erfahren alles Wissenswerte über die Fachmessen in den Fachmagazinen, die der Verlag herausgibt. Umgekehrt ist der Verlag auf allen Messen präsent und somit ,greifbar' für seine Leser." Das spezielle Fachwissen der Redakteure fließe außerdem in das Kongressprogramm ein. Auch die Messegeschäftsführerin sieht genau wie Füllkrug wenig Gefahr, dass durch die Nähe von Verlag und Messen Trends vielleicht nicht direkt erkannt und umgesetzt werden. "Dadurch, dass wir zwei eigenständige Unternehmen sind, verfolgt schon jede ihre eigenen Intentionen und das bietet genug Möglichkeiten für konstruktiven Austausch. Außerdem haben wir den Vorteil, dass wir durch persönliche Kommunikation zwischen Kunden und Mitarbeiter zeitnah reagieren können."
Und mit der Schönheit ist immer noch ein gutes Geschäft zu machen. Auch in der Kosmetikbranche sei kein Besucherrückgang zu registrieren versichert auch Bock: "Alle unsere Messen konnten 2005 ein Besucherplus verzeichnen, eine Messe sogar im zweistelligen Prozentbereich. Die leider immer noch gültige Geiz-ist-geil-Mentalität ist allerdings für die Branche nicht förderlich."

m+a report Nr.4 / 2005 vom 14.06.2005
m+a report vom 14. Juni 2005