Stiefmütterlich behandelt

Journalisten sind als Multiplikatoren von Messeveranstaltern gern gesehen, aber Fachpressestände fristen oft ein Schattendasein. Die Messe München will das ändern.

Fachpressestände auf Messen sind Messestände, auf denen Fachzeitschriften kostenlos an Besucher abgegeben werden. Je nach Veranstaltung und Standort genießen sie unterschiedliche Bedeutung: Bei manchen findet man ansprechende, gut angekündigte Messeauftritte mit qualifizierter Betreuung vor. Meist jedoch bietet sich - nach langem Suchen nach dem Standort - ein eher trostloses Bild: Selbst den unvoreingenommenen Besucher lässt die einfachste Systemstand-Bauweise oder die unvorteilhafte Platzierung in der Messehalle auf den ersten Blick erahnen, dass für dieses Projekt keine großen Mühen aufgewendet wurden. Lässt er sich vom wenig einladenden Erscheinungsbild nicht abschrecken, so findet er auf dem Stand selber eine Ausstattung vor, die eher durch mangelnde Funktionalität als durch ansprechendes Design auffällt. Sucht er Beratung, trifft er häufig auf Personal, das auf eventuelle Fragen ahnungslos reagiert. Insgesamt Anzeichen dafür, dass sowohl Sinn als auch Nutzen dieser Einrichtung vom Veranstalter verkannt werden.

Dabei bergen Fachpressestände großes Nutzenpotenzial. Für die Verlage, welche ihre Magazine gegen eine Schutzgebühr auf den entsprechenden Messen auslegen, bietet der Stand im Hinblick auf die in der Regel hohe Besucherqualität einer (Fach-) Messe eine Werbe- und Präsentationsmöglichkeit mit geringen Streuverlusten und damit einer hervorragenden Kosten/Nutzen-Relation. Für die Messeveranstalter untermauert die starke Medienpräsenz den Besuchern und Ausstellern gegenüber zum einen die führende Stellung ihrer Messe und deren Bedeutung als Medienereignis. Zum anderen spielt die Kontaktpflege zu den wichtigen (Werbe-) Medien der Branche eine erhebliche Rolle: Sofern gewünscht, eröffnet der Fachpressestand Möglichkeiten für Gegengeschäfte im Rahmen von Medienpartnerschaften. Dass der Messeveranstalter durch die Auslagegebühr noch Einnahmen erwirtschaften kann, ist zweitrangig, da diese meist nur kostendeckend sind. Der Messebesucher schlussendlich profitiert natürlich von der ihm gebotenen Informationsvielfalt.

Da Messeveranstalter in der Regel sehr eng bei der Aussteller- und Besucherwerbung mit den Fachmedien zusammenarbeiten, gibt es eigentlich Grund genug, dem Fachpressestand erhöhte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Es gilt, die oft partnerschaftliche Kooperation von Messe und Presse zu honorieren und den Verlagen am Fachpressestand einen deutlichen Mehrwert zu bieten.
Die Messe München hat aufgrund dieser Ausgangslage ihre Präsentation der Fachpressestände grundlegend überdacht und eine umfassende Analyse in Auftrag gegeben. Herausgekommen ist eine ganzheitliche Neukonzeption des "Kommunikationsinstruments Fachpressestand", das sowohl den Anforderungen der direkten und indirekten Kunden (Verlage/ Messebesucher) als auch den Interessen der Messe bestmöglich gerecht wird, dabei aber trotzdem finanziell tragbar und - dabei kommt es schlussendlich bei jedem Wirtschaftsunternehmen an - effizient ist.

Zusammen mit dem hauseigenen Messebauer wurde ein individueller Messestand entwickelt, der nicht nur mit zeitgemäßem Design überzeugt und einen ansprechenden Ort zum Verweilen bietet, sondern auch die für einen Fachpressestand geforderte Funktionalität aufweist. Den Zeitschriften selbst wird in neuen Auslageregalen und auch im Internetauftritt mehr Werbefläche zuteil. Das eigens entwickelte CD mit Label, das sich unter anderem in der Besucherkommunikation auf den Messe-Homepages wiederfindet, gewährleistet ein gleich bleibendes Erscheinungsbild und damit einen hohen Wiedererkennungseffekt im Messegeschehen. Die Platzierung des Fachpressestandes an einem besonders kommunikativen Ort wird ebenso sorgsam im Vorfeld der Messe geplant wie die personelle Betreuung. Die Stand-Hostessen müssen sich nun bereits vorab in die später ausgelegten Zeitschriften einlesen und mit dem Messethema vertraut machen, um Besucher kompetent beraten zu können. Die erfolgreiche Premiere auf der Fachmesse IFAT im April 2005 in München ergab durchweg positives Feedback der Messebesucher und Verlags-Redakteure, die sich vor Ort von den Neuerungen überzeugen konnten. Bei der unter Messegesellschaften üblichen Wettbewerbsbeobachtung ist davon auszugehen, dass dies auch andernorts zu Verbesserungen bei der Zusammenarbeit "Messe & Presse" führt. Marie-Theres Wahle

m+a report Nr.4 / 2005 vom 14.06.2005
m+a report vom 14. Juni 2005