Klauen ohne Hemmungen

Plagiarius will die Öffentlichkeit über die Machenschaften der Nachahmer aufklären und sie für Ausmaß und Auswirkungen des Problems sensibilisieren.

Die Annahme, dass Plagiate und Fälschungen fast ausschließlich aus Fernost kommen, stimmt nur bedingt. "Amerikaner, Schweizer, Niederländer, Deutsche sind nicht besser und nicht schlechter als Chinesen, Australier oder Tschechen. Teils stammen Originalhersteller und Plagiator sogar aus der gleichen Stadt. "Ethische Bedenken und Fair Play werden auch in westlichen Ländern oftmals über Bord geworfen, wenn dicke Gewinne winken", sagte Rido Busse auf der 28. Plagiarius-Verleihung am Rande der Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt. Zu Annahme des Negativ-Preises, den Ex-Ministerpräsident und Jenoptik-Aufsichtsratschef Lothar Späth verlieh, erschien jedoch keiner der "Preisträger". Den 1. Preis und damit eine Kopie des schwarzen Gartenzwerges mit der goldenen Nase "verdiente" sich Funcenter Industrial Inc., Taipei, Taiwan, für die Kopie des Davoser Klappschlittens von rudisport Spiel- und Sportgeräte, Ulm. Insgesamt vergab die Jury drei Preise, sieben Auszeichnungen und drei Sonderpreise aus 35 Einsendungen.
Dass der Handel mit Plagiaten und Fälschungen so lukrativ ist und das Ausmaß trotz Bemühungen zahlreicher internationaler Institutionen so stark zunimmt, führt Busse auf eine Reihe von Faktoren zurück. Die Kriminellen kopierten ausschließlich erfolgreiche Produkte, sie profitierten von den Investitionen des Anderen in Idee und Vermarktung und bereicherten sich aufgrund hoher Absatzmengen und großer Gewinnspannen. Häufig verwendeten sie billigste Materialien. "Neue Techniken - grundsätzlich positiv für den Fortschritt unserer Wirtschaft - unterstützen deren Handeln: Mittels Digitalkamera, Scanner, eMail, Internet und Co können Produkte, Verpackungen und Werbemittel immer problemloser und vor allem schneller kopiert und weltweit vertrieben werden", sagte der Designer und bedauerte die meist geringen Strafen für Herstellung und Vertrieb von Plagiaten und Fälschungen.
Beide Begriffe würden häufig synonym benutzt, es gelte aber, sie deutlich voneinander abzugrenzen. "Gemeinsam haben beide, dass es sich um (nahezu) identische Nachahmungen von erfolgreichen Produkten handelt. Bei der Fälschung wird jedoch zusätzlich zum Design auch der Firmenname, die Marke und/oder das Logo des renommierten Originalherstellers kopiert", erklärte Rido Busse. Der Fälscher eigne sich nicht nur eine fremde Idee an, er gebe auch vor, ein anderer zu sein, täusche Kunden über seine Herkunft und gebe ein Versprechen für eine bestimmte Qualität - für die der Originalhersteller bekannt sei, die der Fälscher aber in der Regel nicht halte.
Busse und Späth warnten davor, Nachahmer und Plagiatoren zu verharmlosen. Das Problem habe sich zur ernst genommenen Kriminalität entwickelt mit gravierenden volkswirtschaftlichen Schäden. "Allein in Deutschland entsteht durch Plagiate jedes Jahr ein Schaden zwischen 35 und 37 Mrd. EUR", sagte Busse. Weltweit betrage die Schadensumme 300 bis 400 Mrd. EUR. "Zehn Prozent des Welthandels entfällt auf Plagiate."

m+a report Nr.2 / 2004 vom 18.03.2004
m+a report vom 18. März 2004