Giganten unterwegs

Der Transport von großen und übergroßen Exponaten erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. Schwergut-Transportexperten bringen alles rechtzeitig ans Ziel.

Wie kommt der Welt größter Muldenkipper auf die bauma nach München? Wie schafft man riesengroße Druckmaschinen auf die drupa oder Luxusjachten auf die boot nach Düsseldorf? Maschinen, Anlagen, Bauteile - manche Exponate haben geradezu gigantische Ausmaße. Hier ist die Arbeit der Schwergut-Transportunternehmen gefragt.

Die größte internationale Messe für Kunststoff und Kautschuk K 2004 in Düsseldorf stellte die Messelogistiker der Schenker Deutschland AG, Kelsterbach, vor extreme Herausforderungen. Denn hier zeigten viele der knapp 3000 Aussteller aus 53 Ländern "Produktion live". So zeigte die Battenfeld Spritzgießtechnik eine komplette Fertigungsanlage für neuartige Kunststoffscheiben. Eine der Maschinen hatte ein Gesamtgewicht von 270 t. Schenker hat diese Spritzgießmaschine am Wochenende in einem nächtlichen Spezialtransport vom sauerländischen Meinerzhagen zum Düsseldorfer Messegelände überführt.
Dafür setzte das Unternehmen eine eigene Schwerlastzugmaschine sowie einen Tieflader mit zehn einzeln steuerbaren Spezialachsen ein. Hans-Peter Leiste, Leiter des Messewesens bei Battenfeld: "Wir schätzen besonders, dass wir für unsere Messeaktivitäten auf ein globales Leistungspaket aus einer Hand setzen können." Für die Messelogistik im Rahmen der K 2004 setzte Schenker 55 Gabelstapler, 13 Autokräne mit einer Tragkraft von bis zu 125 t, eigene Tieflader sowie Spezialtrailer für Schwerlastgüter ein. Die Internationale Bootsausstellung boot in Düsseldorf fordert die Messelogistiker und Spezialtransportexperten von Schenker jedes Jahr aufs Neue: Die Schiffe werden zum Teil auf insgesamt zwölf Schwerlastachsen mit 96 Rädern im Schritttempo von der NATO-Rampe in die Messehalle 6 bugsiert.

Mit dem Abholen und Abladen allein ist es jedoch noch lange nicht getan. Für manche Transporte müssen Autobahnen gesperrt, Verkehrsschilder entfernt, Oberleitungen angehoben werden. Regelrechte Drehbücher entstehen, um alle erforderlichen Maßnahmen für einen Transport einzuleiten. Sind die Brücken hoch genug beziehungsweise tragen sie das Gewicht des Transporters? Wie sieht es mit Baustellen aus? Passen die Transporter durch die Kurven? Brücken und Kaimauern müssen statisch berechnet, Windgeschwindigkeiten einkalkuliert werden. Für einige dieser Transporte sind besondere Fahrzeuge nötig wie Schwerlastzugmaschinen oder Tieflader. Es müssen so genannte Begleitfirmen eingeschaltet werden, die die Schwertransporte begleiten, zum Beispiel mit Fahrzeugen, mit denen auf den Schwertransport hingewiesen wird. Schwertransport bedeutet jedoch nicht nur den Transport auf der Straße, gleiches gilt für Schiene, Wasser und Luft. Und nicht immer kommen die Exponate gleich zu ihrem endgültigen Standort; manche müssen zwischengelagert werden, das heißt, es werden außerdem riesige Lagerflächen benötigt.

All dies erfordert eine langfristige Planung - Vorlaufzeiten von vielen Monaten sind keine Seltenheit. Christoph Rauch, BTG Messe-Spedition GmbH, Langweid: "Der Transport von schweren und übergroßen Exponaten bedarf immer einer sorgfältigen und professionellen Vorbereitung. So sollten bei der Messevorbereitung die Termine und Richtlinien des Messespediteurs auch tunlichst eingehalten werden, da gewisse Vorlaufzeiten benötigt werden und die entsprechenden Buchungen und Genehmigungen früher erledigt werden müssen als bei einer ,normalen' Sendung." Beispielsweise sollte das benötigte Equipment bei Seefrachtverladungen (zum Beispiel Flat Rack Container) frühzeitig bei der Reederei gebucht werden, da Spezialequipments nicht immer sofort verfügbar sind.
Auch der Frachtraum muss zeitig gebucht werden, da es in Hoch-Zeiten zu Engpässen kommen kann und speziell bei Überbreite oder Überhöhe mehrere Stellplätze erforderlich sind. Auch die Wahl der Reederei ist ein nicht unerheblicher Faktor, können doch manche Empfangsterminals nur durch Tunneldurchfahrten verlassen werden - durch die ein übergroßes Exponat jedoch nicht passt. Bei Luftfrachtverladungen gilt: Auch hier muss die Frachtraumbuchung zeitig erfolgen. Wichtiger Faktor sind die Abmessungen. So darf bei einer Lower-Deck-Verladung in einer Passagiermaschine die Packstückhöhe maximal 160 cm betragen, bei Main-Deck-Verladungen maximal 300 cm.
Bei Projektverladungen werden, so Christoph Rauch, auch häufig Flugzeuge vom Typ Antonov gechartert, da sie einen größeren Laderaum haben. Für LKW-Verladungen sind eine Reihe von Genehmigungen erforderlich. Dauergenehmigungen gelten nur bis 3 m Breite, darüber hinaus werden nur Einzelgenehmigungen ausgestellt; das bedeutet eine Beantragungsdauer von zehn Tagen. Letztlich entscheiden die Behörden, wo und wann gefahren werden darf. So werden in den meisten Fällen bestimmte Routen vorgegeben, an die sich das Unternehmen zu halten hat - auch wenn das Umwege bedeuten kann. In Deutschland gilt die Genehmigung nachts und tagsüber, in Österreich oder Frankreich hingegen darf nur bei Tageslicht gefahren werden.
Christoph Rauch: "Vom Fahrzeugtyp her geht der Trend immer häufiger weg vom Tieflader mit Überwurfplane - hin zu einem flexiblen Planenaufbau, einem Aufbau, der verbreitert und nach oben ausgefahren werden kann. Die Planentieflader der Rüdinger Spedition aus Krautheim beispielsweise können Maschinen und Anlagen bis 4,2 m Höhe, 5 m Breite oder 15 m Länge unter dem flexiblen Planenaufbau transportieren.

Vor der Auswahl der Exponate sollte sich ein Aussteller auch darüber im Klaren sein, welches Equipment auf dem Messegelände zur Verfügung steht. Befindet sich sein Stand zum Beispiel im ersten Stock und es stehen nur Lastenaufzüge mit einer gewissen Kapazität und Größe zur Verfügung, könnte es problematisch werden. Ist das Arbeiten in der Halle mit einem Kran nicht möglich, sollte es Alternativen wie Gabelstapler, Panzerrollen oder Luftkissen geben.

Eine Reihe von Unternehmen haben sich auf diese Schwertransporte spezialisiert und Zugmaschinen in ihrem Fuhrpark, die beispielsweise 70 t schwere, 16 m lange und bis zu 4 m hohe Exponate locker schaffen. Manche Sattelanhänger bringen es sogar - je nach Länderzulassung - auf Nutzlasten bis zu 150 t. Um diese Exponate aber überhaupt auf die Fahrzeuge zu bekommen, bedarf es spezieller Kräne - Kräne bis 800 t Traglast ermöglichen Leistungen bis an die Grenze des Machbaren.
Kräne waren auch notwendig, um die "Gondel" einer Windkraftanlage - das Herzstück der Anlage - auf der diesjährigen Industriemesse in Hannover aufzubauen. Es galt, mithilfe eines auf eine Tragkapazität von 180 t aufgelasteten Kranes die 65 t schwere Gondel vom Schwerlasttransporter zu heben und auf engstem Raum auf dem Messestand zu platzieren. Danach musste die 25 t schwere Nabe, an der die Rotorblätter befestigt werden, mit zwei Kränen an die Gondel heranmanövriert und verschraubt werden. Wegen der begrenzten Höhe der Messehalle - sie ist nur acht Meter hoch - war eine millimetergenaue Koordination der beiden Kräne notwendig, um die Nabe passgenau an der Gondel anbringen zu können. Dem Messeteam von Kühne + Nagel in Hannover ist es gelungen, die Anlage komplett in nur wenigen Stunden aufzubauen.

Im März letzten Jahres hat sich eine Gruppe aus zwölf deutschen und österreichischen mittelständischen Transporteuren zusammengeschlossen und die BigMove AG gegründet (www.0800bigmove.net) - eine Kooperationsgesellschaft, die europaweit Schwertransporte durchführt.
Die Dachorganisation hat sowohl für die Logistiker als auch für die Kunden eine Reihe von Vorteilen: Logistiker können ihre Fahrzeuge besser auslasten, Leerfahrten reduzieren und schneller ihre Genehmigung bekommen. Die Kunden wiederum sparen Zeit und Geld, weil durch die Kooperation die Preise stabil bleiben. Eine Kooperation wie diese gab es in der Branche bisher noch nie. Angela Wiegmann

m+a report Nr.3 / 2005 vom 27.04.2005
m+a report vom 27. April 2005