AV-Medien LED-Wände so weit das Auge reicht

Was liegt näher als zu projizieren, wenn kleine Bilder groß gezeigt werden sollen. Auf Messen herrscht jedoch meist ein projektionsfeindliches Umfeld.

In den Anfangszeiten der Videoprojektion, als die Anzahl der Lumen noch im Hunderterbereich gemessen wurde, war es völlig aussichtslos, in heller Umgebung Videobilder zu projizieren. Daran hat sich im Prinzip bis heute nichts geändert, denn auch wenn die Lichtstärke der Projektoren inzwischen bis 18 000 ANSI-Lumen (Maßeinheit des Lichtstroms) reicht, fehlt in hellem Umfeld immer der Kontrast. Ganz gleich wie hoch der Lichtstrom auch ist, Schwarz wird bei hohem Umgebungslicht immer zu Grau. So sind Projektionen auf Messen entweder auf bauliche Sonderlösungen angewiesen (Kino) oder sie eignen sich nur für visuelle Effekte. Die Darstellung eines Produkts per Projektion in einwandfreier Bildqualität, ohne bauliche Vorkehrungen, bleibt ein Traum.
Auf der der diesjährigen IAA in Frankfurt wurde dieses Mittel zum Beispiel sinnvoll zur Übertragung von Reden während der Pressekonferenzen eingesetzt oder in einem "Erlebniskino", wo sich sogar die Sitze bewegten. Dort, wo aller physikalischen Gesetze zum Trotz doch Produkte auf offenen Standfassaden abgebildet werden sollten, wurde die Beleuchtung der vor den Projektionsflächen stehenden Autos gedimmt, damit die Bilder halbwegs ansehbar blieben. Ob es allerdings sinnvoll ist, den "Star", das Auto, zugunsten eines Films abzudunkeln, ist dabei sicherlich Geschmackssache.

Technische Alternativen

Schon in der Anfangszeit der Videotechnik galt es also Alternativen zur Projektion zu finden, die auch bei einem hellen Umfeld funktionierten. Nach der Erfindung digitaler Bildsplitter, die ein Bild aufteilen und auf verschiedene Bildwiedergabemedien verteilen können, wurden Monitore neben und übereinander gestapelt, die so die ersten Videowalls darstellten. Nachteil waren die relativ großen Bildabstände zwischen den einzelnen Monitoren, die durch die Bildröhren bedingt waren und jede Person wie "im Gefängnis" erscheinen ließen. Diesen Monitorwänden folgten so genannte Cubes, Einheiten mit kleinen Leinwänden und Projektoren, die nach dem gleichen Prinzip zusammengestellt wurden. Auch hier also viele Einzelbilder, die am Ende ein großes Gesamtbild ergeben sollten. Zwar verringerte sich der Abstand der Bilder zueinander, Probleme wie Farb- und Helligkeitsabgleich der einzelnen Elemente, Hotspotproblematik (das Bild ist in der Mitte der Projektion heller als außen), hoher Wartungsaufwand, relativ große Konstruktionstiefe und so weiter blieben aber gleich.

Die neue LED-Technologie

Den Durchbruch brachten erst die LED-Wände (light-emitting diode). Ursprünglich für den Outdoorbereich konzipiert und mit enormer Leuchtkraft, wurde mit je einem roten, blauen und grünen Pixel (den für Video erforderlichen Grundfarben) der Bildpunkt eines Videobildes dargestellt. Diese relativ grobe Auflösung spielte im Außenbereich keine Rolle, ist der Betrachtungsabstand bei Sportereignissen oder Popkonzerten ja relativ groß. Zur Verwendung im Indoorbereich konnte erst mit der Erfindung der SMD-Technologie, bei der die Grundfarben Rot, Grün und Blau in einem LED-Pixel dargestellt werden können, auch für die Nahbetrachtung die erforderliche Qualität erzielt werden. Pixelabstände von 10, 8 und 6 mm sind momentaner Standard, der Hersteller Barco kommt gerade mit einer LED-Wand mit nur 3 mm Pixelpitch auf den Markt. Endlich konnten Videobilder in jeder gewünschten Größe ohne Rücksicht auf die Umgebungshelligkeit in absolut brillanter Bildqualität dargestellt werden. Wermutstropfen sind allein die hohen Kosten, die für diese hochwertige Technologie anfallen.
Aber auch ein überdimensionales Fernsehbild bleibt letztlich immer nur ein Fernsehbild. Egal wie toll der Film produziert und in welcher Größe und Qualität er dargestellt wird, vom Betrachter wird immer der Vergleich zum heimischen Fernseher angestellt. Und so gilt es, vom gängigen 4:3- oder 16:9-Format wegzukommen, und die Kreativverantwortlichen ersinnen immer neue Konstellationen: LED-Wände, die fahrbar sind, auf Drehscheiben stehen und sich drehen oder in "unmöglichen" Formaten daherkommen.

Visuelle Messekommunikation

Audi zum Beispiel setzt, wie nahezu alle Premium-Automobilhersteller, LED-Technik schon relativ lange ein und bei der Planung für die IAA im September in Frankfurt war klar, dass eine rechteckige LED-Wand keinen visuellen Anreiz mehr bieten kann. Wesentlicher Bestandteil des von Schmidhuber + Kaindl, München, entwickelten architektonischen Konzepts waren die so genannten "Lichtsplits". Das sind 5 m lange, 60 cm hohe und 30 cm tiefe Kunststoffelemente, die in großer Anzahl dreidimensional wie ein Pfeil angeordnet an der Decke hingen. Sie sind aufwändig mit Neonröhren ausgestattet und wurden analog zu der im Boden befindlichen Podestbeleuchtung wellenförmig animiert.
Dieser kubischen Form sollte sich auch die Videotechnik anpassen. Die Architekten schlugen "Videosplits" vor, die aus elf einzelnen Barco I-Lite 6 Elementen bestanden und als Streifen nebeneinander gesetzt und mit einer entsprechenden Kunststoffverkleidung versehen etwa die gleichen Maße ergaben. 21 solcher Streifen wurden nebeneinander und zum Teil übereinander versetzt angeordnet. Dafür wurde eine Software produziert, die alle Streifen wie eine Einheit bespielte. Miteinander synchronisierte Player, LED-Kontroller mit entsprechend vielen Einschüben und die timecodegenaue Mediensteuerung war auf Seiten der Hardware notwendig, diese komplizierte Konfiguration "zum Spielen" zu bringen. Durch die Höhenüberlappung der Streifen war so bei einigen Teilen durchaus die Darstellung von 4:3-Formaten möglich. Dies hatte Audi gefordert, um seine Produkte in den richtigen Proportionen darstellen zu können.
Bereits an den Pressetagen herrschte rege Nachfrage danach, wer denn der Lieferant dieser Videoinstallation sei. Es war für die Beteiligten schwer zu vermitteln, dass nur durch den Einsatz vieler Beteiligter wie Ideengeber, Agentur, Softwareproduktion, Hardwarekonzept, der technischen Koordination und letztlich ja auch dem Kunden, der an all diese innovativen Konzepte "glauben" muss, die Umsetzung einer solch aufwändigen technischen Installation überhaupt möglich ist.

Grundsätzlich stellen LED-Wände das momentane Nonplusultra der visuellen Kommunikation auf Messen dar und sie werden noch lange Zeit deren Bild bestimmen, wenn es um die große Darstellung von Bewegtbildern in brillanter Qualität in einem sehr hellen Umfeld geht. Dabei dürfen wir aber gespannt sein, welche Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie sich die Kreativen für die Zukunft noch ausdenken werden. Michael Nicht

Michael Nicht beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren in unterschiedlichen Funktionen mit Messe- und Veranstaltungstechnik und ist heute als Fachplaner für audiovisuelle Medientechnik im Auftrag namhafter Agenturen und Unternehmen tätig. Bei der IAA 2003 übernahm er die technische Betreuung der Audi AG.

m+a report Nr.8 / 2003 vom 10.12.2003
m+a report vom 10. Dezember 2003