Wüste Landschaften und "Schönbildgucker"

Es gibt Messeeinladungen, die durch Idee, Text und Design aus der Masse herausstechen. Gegen diese phantasievollen Ideen haben Faxe und E-Mails keine Chance.

Sie kommen in Mengen, Messeeinladungen per Fax, E-Mail oder Post. Je größer und bedeutender die Messe, desto wahlloser werden anscheinend Redaktionen verschiedenster Fachrichtungen, potenzielle Kunden und andere "Zielgruppen" von Ausstellern zugeschüttet mit Einladungen auf den Messestand. Das neue Produkt muss einfach unter die Leute, und das mit möglichst viel und kostengünstiger PR. Der Messename wird schon ziehen als Argument, das ausstellende Unternehmen zu besuchen. Ob das Medium überhaupt das Richtige ist, darüber scheinen sich Presseverantwortliche oder PR-Agenturen wenig Gedanken zu machen. Hauptsache der Output an Einladungen ist beeindruckend - denn das beeindruckt die Führungsebene.

Von Personalisierung, zielgruppengerechter Ansprache oder gar mehrstufigen Einladungen halten aber anscheinend die wenigsten Absender etwas. Wen wundert es da, dass der Großteil solcher Standardeinladungen gerade zu großen Messen direkt in den Papierkorb wandert. Echtes Interesse wird mit einem müden Fax oder einer Mail schon lange nicht mehr geweckt. Das Ganze einfach als "persönliche Einladung" zu deklarieren, bei der die Ansprache "Sehr geehrte Damen und Herren..." lautet, ist auch kein wirkungsvoller Kunstgriff.

Aber es geht auch anders, und das sogar ohne allzu großen finanziellen Aufwand:
Viel Beachtung fand zum Beispiel eine Einladung nach Molwanien (nicht Moldawien). Die "junge Republik" stellte sich vor als das neueste Reiseland auf der ITB in Berlin. "Das Land des schadhaften Lächelns" lud zu einem "Presseempfang der besonderen Art in Anwesenheit des molwanischen Tourismusministers (oder einem seiner 13 Stellvertreter, falls der Herr Minister bis dahin nicht die geforderte Kaution stellen konnte)." Besonderes Highlight des Empfangs: "die Verlosung von Visa-Anträgen für eine Reise nach Molwanien". Wer's nicht glaubt: Unter www.molwanien.de kann man einen ersten Blick auf die "felsigen, größtenteils unfruchtbaren Berge bis zu den felsigen, größtenteils unfruchtbaren Ebenen" riskieren. Hinter dieser liebevollen Beschreibung des "einzigartigen küstenfreien Nationalstaates" steckte kein geringerer als der Cheflektor Tilo Eckardt des Heyne-Verlags. Aufmerksamkeit für den Messeauftritt von Heyne auf der ITB ist mit dem phantasievollen Flyer garantiert, nicht zuletzt Dank der cleveren Verlinkung mit dem Online-Auftritt "Molwaniens".

Ganz anders, aber ebenfalls ein Highlight, das aus der Masse der Messeeinladungen heraus sticht ist die Messeeinladung von Ueberholz, Wuppertal, zur EuroShop nach Düsseldorf. Der Claim: "Wir bauen Atmosphäre" wurde vom Büro für temporäre Bauten perfekt umgesetzt. Mit stilvollen hochwertigen Fotodrucken mit Blitz, Himmel und uraltem Olivenbaum schaffen die Wuppertaler es, schon mit der Einladung Atmosphäre zu schaffen. Und sie machen neugierig. Mit "Treffpunkt: Olivenbaum" macht Ueberholz Lust auf den Stand, dessen Besuch allein durch die Bildsprache der Einladung viel versprechend erscheint.

Mit einer mehrstufigen Einladung zum Messeauftritt sorgte LK Lichtdesign & Klangkonzept, Essen, dafür, dass geladene Gäste den Besuch auf der EuroShop fest in ihren Messerundgang einplanten. Eyecatcher und Anknüpfungspunkt für den Kontakt war ein Kaleidoskop, das der ersten Einladung beigelegt war. Aus dem griechischen übersetzt bedeutet Kaleidoskop "Schönbildgucker". Und damit kann sich auch LK gut identifizieren. Denn mit Licht, Klang und Medienwelten schaffen sie auf Messen und bei Events "schöne Bilder". Als Erinnerung an die Euroshop-Einladung gab es in einer zweiten Stufe einen Flyer, der Farben und auf dem Kaleidoskop aufgedruckte Claims wieder aufgriff und so sofort an das schöne "Spielzeug" erinnerte. LK hat es geschafft, mit ein Messekonzept zu präsentieren, das von der Einladung bis zum Stand aus einem Guss erschien. So war das Kaleidoskop wiederum übergroßer Blickfang auf dem Stand und selbst der obligatorische Zucker zum Kaffee war orange, grün und blau eingefärbt, Farben, die schon in den Einladungen dominierten.

m+a report Nr.2 / 2005 vom 23.03.2005
m+a report vom 23. März 2005